Darum ist die Schur für Lemgoer Schäferin ein Zuschussgeschäft

Lemgo. &bdquo;Man muss schon einen kleinen Tier-Tick haben“, sagt Karla Ebert schmunzelnd, während die Schafe sie blökend umringen. Aber im Ernst: &bdquo;Schafe sind tolle Tiere“, sagt die Lemgoer Bio-Schäferin. &bdquo;Sie sind kommunikativ und intelligent.“ Und jedes Tier habe seine eigene Persönlichkeit. Manche seien eher schüchtern und schreckhaft, andere neugierig und forsch. Und doch hat die Aussage mit dem Tick ihren Hintergrund. Denn immer mehr Sorgen drücken die Schafhalter. Dabei geht es nicht nur um den Wolf, sondern auch um die Finanzen, wie Karla Ebert sagt.

Ebert hat mit ihrem Biolandhof 22 Hektar Land gepachtet. Unterm Strich pflegen ihre Schafe 35 Hektar Grünland. Und &bdquo;Pflege“ ist das richtige Wort: &bdquo;Wir sind happy ohne Ende, dass die Schafe auf unseren Streuobstwiesen grasen“, sagt Willi Hennebrüder vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Lemgo. Auf der Streuobstwiese des BUND am Lindenhaus halten die Tiere dieser Tage das Gras kurz und sorgen so dafür, dass die Wiese intakt bleibt. Nicht auszudenken, was solch eine extensive Pflege kosten würde, wenn sie von Mensch und Maschine vorgenommen werden müsste, sagt Hennebrüder.

Schafe vertreiben Wühlmäuse Hinzu kommt: Karla Eberts Schafe, die unter Apfel-, Birn- und Kirschbaum grasen, sorgen mit ihren Hinterlassenschaften nicht nur für willkommene Düngung, sie sind nach Hennebrüders Worten auch ein wirksamer Schutz gegen Wühlmäuse. &bdquo;Die Wühlmäuse fressen gern das ganze Wurzelwerk ab, so dass der Baum irgendwann umkippt. Die Schafe treten aber die Gänge der Mäuse nieder, und das mögen die Mäuse nicht.“ Dünne Drahthosen schützen die Rinde der jungen Bäumchen vor allzu gierigen Schafen.

Im Betrieb von Karla Ebert geht es fast nur um die extensive Pflege von Grünland, das nicht gedüngt wird. Der Artenreichtum und die ökologische Vielfalt auf diesen Flächen sei beeindruckend, sagt sie, und Willi Hennebrüder nickt. Hinzu komme der Beitrag für den Klimaschutz. &bdquo;Die Pflege von Streuobstwiesen geht eigentlich nur mit Schafen, nicht mit Rindern oder Pferden.“

Am Lindenhaus grasen Ostfriesische Milchschafe, ein Stück weiter am Bierweg sind es Bentheimer Landschafe. Ebert pflegt mit ihren gut 250 Bio-Schafen auch andere Streuobstwiesen, etwa die des BUND in Kirchheide, sowie weitere Flächen in und um Lemgo – insgesamt zehn. Im Winter sind die Tiere in der Regel im Stall ihres Biolandbetriebs &bdquo;Hasenbrede“ am Weißen Weg. Auch die Schafe haben übrigens etwas davon, dass sie unter Obstbäumen grasen: &bdquo;Sie freuen sich über die heruntergefallenen Äpfel“, sagt Karla Ebert.

Friede, Freude, Eierkuchen also bei den Schafzüchtern? Keineswegs. &bdquo;In wirtschaftlicher Hinsicht ist es eine relativ undankbare Geschichte“, sagt sie. Da ist zum einen die Schafschur: Es rechne sich nicht, Wolle, also das klassische Produkt vom Schaf, zu produzieren. &bdquo;Die Schur ist ein Zuschussgeschäft. Sie bringt nicht mal das ein, was sie kostet.“ Wobei es ohne auch nicht ginge. Aus der Wolle von Eberts Schafen werden in Lippe Bettdecken gemacht, was den Ertrag für Wolle etwas aufbessere.

Und das Fleisch? &bdquo;Es wird in Deutschland nicht besonders viel Lammfleisch gegessen“, winkt Ebert ab. Und dann werde nur die Hälfte des Fleischs auch in Deutschland erzeugt. Bleibt das Grünland, das sie bewirtschaftet. Dafür gibt es Subventionen, und die seien ein wesentlicher Faktor für Schafzüchter, sagt Ebert. Als Vorstandsmitglied des Schafzuchtverbands NRW, in dem sowohl Bio-Schäfer als auch konventionell arbeitende Schäfer Mitglieder sind, weiß sie um die Bedeutung der Grünlandsubventionen auch für die Kollegen.

Subventionen machen Sorgen Hier drücken die Schafzüchter aktuell besondere Sorgen, denn das System der EU-Subventionen soll umgestellt werden. &bdquo;Vor allem fürs Grünland sieht es bei den Verhandlungen bis jetzt noch nicht besonders gut aus“, sagt Ebert. Dabei seien die Prämien für die Flächen, die sie bewirtschaften, für die Landwirte &bdquo;existenziell wichtig“. Je ökologischer das Land bewirtschaftet werde, desto höher sei die Prämie. Deshalb sind die Grünland-Prämien besonders für Karla Eberts Betrieb ein wesentlicher Faktor.

Zu all dem kommt noch der Wolf. &bdquo;Dass der Wolf zurückkehrt und auch durch Lippe läuft, macht die Schafhaltung nicht einfacher“, sagt Ebert. Ebert ist froh, dass es eine Förderung für höhere Netze gibt. Trotzdem werde es notwendig sein, in Zukunft auch den Wolf zu bejagen.

Unterm Strich sei es so: &bdquo;Es macht eigentlich zu viel Arbeit für das, was dabei rumkommt“, gibt sich Ebert keinen Illusionen hin. Es gebe Berechnungen, wonach der Durchschnitts-Schäfer auf einen Stundenlohn von sechs Euro komme. &bdquo;Das geht nur, wenn man den Beruf mit Leidenschaft macht.“

Darum ist die Schur für Lemgoer Schäferin ein Zuschussgeschäft

Warum auf der Streuobstwiese am Lemgoer Lindenhaus jetzt allerhand los ist

Mit dem BUND Lemgo auf Tour: Zwischen Zilpzalp, Bussard und Königskerze

Auf Du und Du mit Käfer und Obstbaum: Es soll mehr „Grüne Klassenzimmer“ in Lippe geben

Biotoppflege in Kalletal: Streuobstwiese erhält fachkundigen Schnitt

Abschüsse von Wölfen sollen leichter werden

Teil des Bösingfelder Friedhofs geht zurück an die Natur