Mit dem BUND Lemgo auf Tour: Zwischen Zilpzalp, Bussard und Königskerze

Lemgo-Kirchheide/Kalletal-Bavenhausen. Die Natur erwacht. An mancher Stelle schiebt sich eine Blüte nach oben, hier und da zirpt es. Besonders gut hören und sehen das Eckhard Buschmeier und Wolfgang Caspersmeier. Der Lemgoer BUND-Vorsitzende und sein Mitstreiter haben ein besonderes Ohr und ein gutes Auge für Tiere und Pflanzen, insbesondere für seltene. Viele davon finden sich auf Naturschutzflächen, um die sich die Lemgoer Gruppe des Bunds für Umwelt und Naturschutz kümmert. Eine kleine Rundreise mit zwei Natur- und Umweltschützern.

An der Ilse in Kirchheide &bdquo;Rechts, das ist der Zilpzalp, einer der ersten Laubsänger“, sagt Eckhard Buschmeier, kaum, dass er die Feuchtwiese in Kirchheide betreten hat. Vogelstimmen. &bdquo;Und links ist die Heckenbraunelle zu hören.“ Auch wer solche Kenntnisse nicht hat, erkennt, dass diese Wiese an der Ilse in Kirchheide etwas Besonderes ist. Zwischen der Straße &bdquo;Zur Langen Grund“ und der Salzufler Straße gelegen, gibt der Boden schon beim ersten Schritt nach, es ist feucht. &bdquo;Solche Sumpfbereiche gibt es nicht mehr häufig.“

Deshalb ist das 5800 Quadratmeter große Areal, das der BUND in den 90er-Jahren gekauft hat, auch ein Refugium für feuchtigkeitsliebende Pflanzen wie die selten gewordene Sumpfdotterblume. Besonderheit: &bdquo;Sie blüht hier flächig, das habe ich noch an keiner anderen Stelle so gesehen.“ Früh ist sie dran, die gelb blühende Sumpfdotterblume. An einer Stelle, direkt neben einem Tümpel, ist eine richtige kleine Wiese mit diesen seltenen Pflanzen zu sehen. &bdquo;Das gibt es allenfalls noch im Kreis Gütersloh“, sagt Caspersmeier.

Buschmeier, das Fernglas um den Hals, erklärt: Hier in die Senke drückt das Wasser von oberhalb. Deshalb ist das Biotop so morastig. Zusätzlich hat der BUND fünf kleine Tümpel, sogenannte Blänken, als Lebensraum für Libellen, Molche und Frösche angelegt. &bdquo;Vor längerer Zeit war hier jedes Jahr die Nachtigall zu hören. Wir hoffen, dass sie sich wieder ansiedelt“, sagt Buschmeier. Einen anderen Vogel hat er hier vor drei Jahren gehört, als er mit einer elektrischen Heckenschere arbeitete: &bdquo;Auf einmal war das Krr-krr eines Wachtelkönigs zu hören.“ Der sei in Lippe eine echte Rarität – und fühlte sich in Kirchheide wohl durch die Geräusche der Heckenschere zur Antwort animiert.

Der BUND versucht nach Caspersmeiers Worten, den Lebensraum Feuchtwiese zu erhalten, damit die Sumpfdotterblume bleibt. Die BUND-Mitglieder halten den Bewuchs möglichst kurz, schneiden die von ihnen angepflanzten Kopfweiden regelmäßig, aber nicht in jedem Jahr alle auf einmal. So können etwa Vögel darin ihre Nester bauen. Und: Durchs Schneiden bilden sich Höhlen, in denen beispielsweise der fast ausgestorbene Steinkauz brüten kann.

Schnittmaterial der Kopfweiden bleibt haufenweise liegen und dient Igel & Co. als Unterschlupf. Es wächst das Raublättrige Weidenröschen, der Blutweiderich, und, noch so ein schöner Name, es wächst der Mädesüß. &bdquo;Der blüht weiß – ganz toll.“

Die Streuobstwiese am Sportplatz Weiter geht es an den Wilhelm-Stölting-Weg. Nicht weit entfernt vom Kirchheider Sportplatz erstreckt sich am Hang eine Streuobstwiese, bei der Vielfalt Trumpf ist: Mehr als 200 Obstbäume stehen dort, 92 verschiedene Sorten. &bdquo;Es sind allein 60 Apfelsorten, hinzu kommen 16 Birnen-, acht Pflaumen- und sieben Süßkirschensorten“, sagt Buschmeier. Da wundert es nicht, dass jeder der vielen Bäume eine Nummer und eine Plakette hat, aus der hervorgeht, wann er gepflanzt wurde und um welche Sorte es sich handelt. Viele Bäume blühen – ein wunderbarer Anblick.

Der BUND kümmert sich seit 1996 um das Areal, das der Stadt Lemgo gehört und vorher ein Acker war. Die Wiese in Schuss zu halten, sei eine Kraftanstrengung. &bdquo;Die Baumpflege ist das Arbeitsintensivste“, weiß Buschmeier. Man muss über Jahre am Ball bleiben. &bdquo;Es ist eine Herausforderung, die Wiese in diesem Zustand zu halten“, bestätigt Caspersmeier. Dieses Jahr hat der BUND in Kirchheide und auf der anderen Streuobstwiese am Lindenhaus mehr als 100 Bäume beschnitten. Dafür braucht es Fachkenntnisse, die immer mal wieder in Kursen vermittelt werden.

Auf der Wiese fällt der Stammschutz um jeden Baum auf, obwohl das Areal eingezäunt ist. Warum? Weil es bei der Obstbaumpflege tierische Hilfe gibt: Karla Ebert ist regelmäßig mit ihren Schafen vor Ort, um das Gras kurz zu halten. &bdquo;Die Schafe fressen aber auch gerne dickere Baumstämme an“, sagt Buschmeier schmunzelnd.

Die Belohnung für die Mühe ist die Obsternte im Herbst. BUND-Mitglieder dürfen an einem Tag ernten. Der Rest des Obsts wird von den Bäumen geschüttelt, um Saft daraus zu machen.

Und: Die anderthalb Hektar große Wiese ist auch ein Refugium für Blaumeise, Kohlmeise und den putzigen Grauschnäpper. Mehr als 20 Nistkästen hängen auf dem Areal. Der Feldsperling mache sich in diesem Jahr leider rar, sagt Buschmeier: &bdquo;2016 hatten wir zehn Bruten in den Kästen, in diesem Jahr gar keine.“ Nach Caspermeiers Worten dürfte das am Verlust von Hecken und Randstrukturen von Feldern liegen, was – neben dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – dazu führt, dass es weniger Insekten gibt, die die Vögel als Nahrung brauchen.

Herzensangelegenheit: eine Fläche bei Bavenhausen Ein paar Kilometer weiter. Der Schwarzdorn steht in voller Blüte. Das Grün der Wiesen und Sträucher wird immer saftiger. Der Straßenlärm ist nur noch aus der Ferne zu hören. Was ist das? Die beiden Naturschützer drehen sich um, wenden die Hälse. Buschmeier greift zum Fernglas. Ein Raubvogel kreist über dem Gelände. Einer? Nein, zwei. &bdquo;Bussarde“, sind sich die beiden Männer nach kurzer Beratung einig. &bdquo;Ein Paradies für die Vogel- und die Tierwelt“, beschreibt Buschmeier die dritte Station der Rundfahrt: ein Hangareal, viereinhalb Hektar groß, bei Bavenhausen.

Eine Blühwiese haben sie dort angelegt, Kinder der Grundschule Bavenhausen halfen 2022 beim Aussäen des regionaltypischen Saatguts. Diese Fläche wird jetzt &bdquo;unordentlich“ gemäht: Es bleibt immer ein Streifen stehen. Die Streifenmahd soll dafür sorgen, dass Insekten genug Nahrung finden und zugleich die Blütenvielfalt erhalten bleibt. &bdquo;Wir beobachten, wie es sich entwickelt“, sagt Buschmeier. Es wachsen der Huflattich, die Königskerze, die Wilde Karde. Hummeln sind unterwegs. &bdquo;Dieser Rohboden ist auch wichtig für Wildbienen, die im Boden nisten.“

Weiter oben haben sie Obstbäume gepflanzt, alte Sorten. Es blüht. &bdquo;Eine herrliche Blütenpracht“, finden Buschmeier und Caspersmeier. Der BUND hat die Fläche 2022 gekauft. Sie umfasst Gehölze, Ödflächen, alte Bäume, eine Wiese. &bdquo;Wir haben uns in das Areal verliebt“, sagt Buschmeier und horcht: Mit geschultem Ohr identifiziert er Grünspecht und Mönchsgrasmücke, erklärt, dass der BUND diese Fläche sichern wollte, dass sie für den Neuntöter und die Wachtel der optimale Lebensraum sei.

Und davon gibt es nicht mehr allzu viel.

Der BUND Lemgo Der BUND Lemgo (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) hat nach Angaben seines Vorsitzenden Eckhard Buschmeier mehr als 700 Mitglieder. 40 bis 50 von ihnen gehören zu den Aktiven. Zu tun gibt es für sie genug: Der BUND pflegt insgesamt sechs Naturschutzflächen. Die Lemgoer Gruppe ist stark im praktischen Naturschutz engagiert: 250 Nistkästen wollen gepflegt und einmal pro Jahr kontrolliert werden. Darüber hinaus kümmern sich die Aktiven um den Amphibienschutz und betreuen Krötenzäune oder kümmern sich um den erwähnten Obstbaumschnitt. Außerdem gibt es eine Naturfoto-AG. Weitere Informationen gibt es im Internet auf der Seite www.bund-lemgo.de oder unter Tel. (05266) 679. Eckhard Buschmeier ist auch per E-Mail an buschmeier@bund-lemgo.de erreichbar.

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