Warum das „Grüne Gesicht“ Lemgos in die zweite Reihe tritt

Lemgo. Ein wenig ruhiger darf es werden, wenn es nach Dr. Burkhard Pohl geht und ja, irgendwann sei auch Zeit, anderen die Verantwortung zu übergeben. Nach 16 Jahren gibt der Lemgoer den Fraktionsvorsitz der Grünen ab. Ein Duo wird übernehmen. Für den 57-Jährigen Zeit für den Blick zurück.

Es waren turbulente Zeiten. Als Bürgermeisterkandidat trat der grüne Spitzenpolitiker an und erntete ein respektables Ergebnis. Auch in seinen Wahlkreisen konnte er in Lemgo und für den Kreistag gut abschneiden. Ergebnisse, die ihn zufrieden stimmen, zeigen, &bdquo;dass die grüne Botschaft angekommen ist“. Und das ist wohl auch seinem Einsatz zu verdanken: als Fraktionsvorsitzender der Grünen in Lemgo, als Spitzenkandidat für das Bürgermeisteramt, als Kreistagsabgeordneter, als Mitglied im Regionalrat und nicht zuletzt als Vorsitzender des TBV Lemgo - alles im Ehrenamt.

Wochenende auf der Couch? Eher nicht Im Hauptberuf arbeitet Burkhard Pohl als Spanischlehrer an einem Rintelner Gymnasium, ist für die Ausbildung der Referendare zuständig und im Bundesvorstand der Spanischlehrer aktiv. Viel los im Leben des Lemgoers, der nur verhalten lächelt: &bdquo;Ein Wochenende auf der Couch, wohl eher nicht - aber ich lerne noch.“

Der Entschluss, in der Partei kürzer zu treten, sei über die Jahre gereift. Zum einen, um für den seiner Ansicht nach nötigen Wechsel zu sorgen, zum anderen aber auch, weil es doch etwas viel geworden sei. Vor allem nach dem erfolgreichen Abschneiden der Grünen bei den Kommunalwahlen 2020 hätten sich die Aufgaben gehäuft. Mehr Verantwortung, mehr Entscheidungen - &bdquo;da war dann für mich auch relativ schnell klar, dass das in dieser Intensität nicht auf Dauer funktionieren kann“.

Nach der Arbeit direkt zu der Sitzung, manchmal hätten auch zwei an den Abenden angestanden. &bdquo;Das war schon viel“, auch für einen wie Pohl, &bdquo;einen durch und durch politischen Menschen“, wie er sagt, für den die Politik schlichtweg Leidenschaft sei.

Elternhaus hat geprägt Und das hat er wohl auch aus seinem Elternhaus mitbekommen: Vater Hans Pohl, Mitglied in der SPD, war von 1991 bis 1999 der letzte ehrenamtliche Landrat des Kreises, ebenfalls Lehrer, später Schulleiter und ehemaliger Vorsitzender des TBV. &bdquo;Von der Arbeit ging es für ihn meist direkt weiter, das kannte ich als Junge nicht anders. Und ein wenig so läuft es wohl auch bei mir“, sagt der 57-Jährige, der nach 19 Jahren bei den Lemgoer Grünen und 16 Jahren als Fraktionschef jetzt doch etwas kürzertreten will. Dafür hat er sich ein Sabbatical genommen und will zwei Monate mit Ehefrau Ute Koczy im Januar und Februar Chile bereisen.

Doch so richtig klappt es wohl nicht mit dem Kürzertreten: Plan sei, sich nach der Reise stärker auf die Kreispolitik zu konzentrieren. Dort wird er ab April ebenso wie in Lemgo den Vorsitz des Umwelt- und Klimaausschusses übernehmen, ein &bdquo;Herzensprojekt“. Etwas weniger darf es dafür in der alten Hansestadt sein: Nicht mehr vertreten etwa ist Dr. Burkhard Pohl im Stadtentwicklungs- oder auch im Haupt-und Finanzausschuss - die in Lemgo die entscheidenden Weichen stellen.

&bdquo;Auch übers Ziel hinausgeschossen“ Wenn der Vater eines erwachsenen Adoptivsohnes zurückblickt, dann ist er zufrieden mit dem, was die Grünen in Lemgo bislang erreicht haben: Die feste Klimaschutzstelle gehe auf ihre Initiative zurück, Photovoltaik in der Innenstadt, Mobilitätskonzept, Artenschutz, Inklusion, Ganztagsausbau - zählt er nur einige der Bausteine auf, die sie erfolgreich vorangetrieben hätten. Auch die Erinnerungskultur, die Stolpersteine seien eng mit den Grünen verbunden.

Wenngleich er manche Entscheidung der Vergangenheit heute anders sieht: 2012 etwa, als die Stadt unter enormen Druck stand, um die Haushaltssicherung zu vermeiden - damals hätte der Sparzwang vor allem auch Spiel- und Sportplätze getroffen. &bdquo;Da sind wir übers Ziel hinausgeschossen. Einige Sparmaßnahmen haben später durchaus neue Kosten verursacht.“ Und dann das Lemgoer Klinikum: &bdquo;Da hätten wir uns alle viel früher einbringen müssen.“

Duo übernimmt den Vorsitz Den Fraktionsvorsitz der Grünen hat jetzt ein Duo übernommen. Katharina Kleine Vennekate und Detlef Höltke teilen sich das Amt. Andere werden in der Stadt jetzt das &bdquo;Gesicht der Grünen“ prägen, das für viele Lemgoer bislang wohl vor allem das von Burkhard Pohl gewesen ist. Anstrengend? &bdquo;Nö“, eher als Wertschätzung habe er das empfunden, &bdquo;nur wenn ich für die Entscheidungen anderer in Bund oder Land verantwortlich gemacht wurde, dann ist es anstrengend geworden.“

Und bei aller Zuwendung - jetzt soll es etwas weniger werden mit der Lemgoer Politik. Und die gewonnene Zeit will Burkhard Pohl dann gerne für Hobbys nutzen: Musizieren etwa, &bdquo;ich habe mal ein bisschen Posaune gelernt“, singen würde er gern wieder und noch öfter mit der Partnerin beim TBV über das Tanzparkett gleiten. Ob die Zeit dafür reichen wird? Burkhard Pohl muss lachen: &bdquo;Ich weiß es nicht.“

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