Hera Lind beginnt ihre Tournee am 15. September in Leopoldshöhe

Leopoldshöhe. Hera Lind erzählt Geschichten, die das Kopfkino in Gang setzen. In Leopoldshöhe ist sie des öfteren zu Gast, diesmal beginnt sie hier ihre Lesereise. Nach dem Corona-Lockdown stellt sie zwei neue Bücher vor.

Frau Lind, Sie sind in Sennestadt aufgewachsen, aber Leopoldshöhe haben Sie damals vermutlich nicht wahrgenommen, oder?

Hera Lind : Tatsächlich nicht; hier in Salzburg gibt es den Leopoldskroner Weiher, um den ich täglich jogge, und nun hoffe ich, dass es auch in Leopoldshöhe eine schöne Laufstrecke gibt.

Ja, vielleicht laufen Sie zum Krähenholz in Asemissen, da gibt es auch einen Weiher. Ist die Lesung in Leopoldshöhe ein bisschen ein Heimspiel?

Lind : Natürlich kommen wieder Heimatgefühle auf, schon wenn ich in Bielefeld aus dem Zug steige und liebe Freunde mich abholen.

Hier ist die erste Lesung nach dem Corona-Lockdown. Haben Sie die Auszeit genutzt, um besonders viel am Schreibtisch zu arbeiten?

Lind : Tatsächlich habe ich in dieser Zeit gleich zwei neue Tatsachenromane geschrieben. Sie handeln beide von einem sehr eingeschränkten Leben in der DDR, verbunden mit Haftstrafen nach Fluchtversuchen. Das war sehr heilsam und lehrreich: in der vermeintlichen Einschränkung durch Corona sich hinein zu versetzen in die wirkliche Gefangenschaft von Menschen, die durch das politische System all ihrer Freiheit beraubt waren, und dabei noch jung waren! Der Abendspaziergang nach dem Schreiben war immer wie eine Erlösung.

Seit einem Dutzend Jahren schreiben Sie &bdquo;nach wahren Geschichten". Wie schaffen Sie es, sich so in die Hauptpersonen hineinzuversetzen, dass diese sagen: &bdquo;So ist es gewesen?"

Lind : Abgesehen davon, dass ich von den Protagonistinnen schon sehr gute Vorlagen bekomme und mich bereits beim Lesen in diese hineinversetzen kann, verfüge ich über eine blühende Fantasie, die mir hilft, die Szenen und Dialoge so lebendig zu schildern. Meine Mutter sagte damals immer: &bdquo;Von dem Kind können Sie zwei Drittel abstreichen." – So ist es nun wirklich nicht; die Geschichten sind im Kern wahr, aber ich füge dann die Farbe und die Lebendigkeit für das &bdquo;Kino im Kopf" dazu.

In Leopoldshöhe stellen Sie Ihre beiden aktuellen Bücher &bdquo;Vergib uns unsere Schuld" und &bdquo;Die Hölle war der Preis" vor. Beide spielen in der ehemaligen DDR.

Lind : In &bdquo;Vergib uns unsere Schuld" verliebt sich eine dreifache Mutter und Witwe in der DDR in einen katholischen Priester, den die Kirche versteckt. &bdquo;Die Hölle war der Preis" handelt von einem missglückten Fluchtversuch einer Solo-Tänzerin im Kofferraum, der zu drei Jahren Frauenzuchthaus führt. Diesen Roman zu lesen, führt einem in Corona-Zeiten vor Augen, wie glücklich und frei wir trotz Maskenpflicht und Abstandsregeln sind.

Wer Ihre Abende kennt, weiß, dass Sie nicht vorlesen. Warum weichen Sie von dem Schema vieler Lesungen ab?

Lind : Ich denke, dass ich meinem Publikum etwas mehr Unterhaltung schulde, als ihm vorzulesen. Das können die Leute ja bei Bedarf selbst zuhause. Nein, ich erzähle frei aus meinem Leben, von Elternabenden und Lesereisen, von Hollywood und auch von meinen Tatsachenromanen, die ich aber erst selbst schreiben konnte, nachdem ich eigene Schicksalsschläge überwunden habe. Es wird viel gelacht und vielleicht auch ein bisschen geweint.

Was erwartet unsere Leser noch?

Lind : Mit viel Glück werde ich zum ersten Mal meine neue Power-Point-Präsentation vorführen. Sie sind also meine Versuchs-Kaninchen. Falls ich das mit der Technik nicht schaffe, werde ich tapfer weiter improvisieren. Zur Not singe ich auch. Dazu brauche ich ein kaltes Bier.

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