Wanderer stören Schwarzwild in den Jagdgebieten der Bergstadt

Oerlinghausen . In den Jagdgebieten rund um Oerlinghausen gibt es in diesem Frühjahr wenig Wildschweine. Das ist einerseits gut, andererseits fehlen sie natürlich. Wer sich jetzt mit Jägern unterhält, kommt in kürzester Zeit auf das Thema Afrikanische Schweinepest. Während diese Tierseuche für den Menschen ungefährlich ist, liegt die Sterblichkeitsrate bei infizierten Wildschweinen bei nahezu 100 Prozent.

In Deutschland wurde die Krankheit zum ersten Mal im September 2020 bei Wildschweinen festgestellt. Epidemiologische Untersuchungen ergaben jedoch im Nachhinein den Juli 2020 als Zeitraum für den Beginn westlich der deutsch-polnischen Grenze. &bdquo;Der Erreger kann über Kleidung, Autoreifen oder Nahrungsmittel übertragen werden. In nicht erhitzten Fleisch- und Wurstwaren kann der Erreger für Tiere monatelang infektiös bleiben. Ein achtlos entsorgtes Wurstbrot kann für Tiere zum Problem werden", sagt NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser. Und gerade in den Bereich Oerlinghausen kann der Erreger leicht eingeschleppt werden, weil die Autobahn 2 die Transitstrecke nach Osten ist. Bislang ist es in keinem der betroffenen Länder gelungen, das Virus wieder auszurotten. Bekämpft wird der Erreger durch eine weitgehend offene Jagd auf Wildschweine, Schwarzwild, wie es Jäger nennen.

Also werden derzeit in den Oerlinghauser Jagdgebieten verstärkt Wildschweine geschossen? Friedhelm Möller sagt, dass &bdquo;wir Jäger das gern tun würden, wenn denn Wildschweine da wären". Er ist Vorsitzender der Oerlinghauser Jagdgenossenschaft. Das ist ein Verbund von Menschen, die Gebiete ihr Eigen nennen, in denen laut Gesetz gejagt werden muss. &bdquo;Wir haben in diesem Kalenderjahr erst ein Wildschwein geschossen", erzählt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Und in dieser Zeit darf außer Schwarzwild nichts anderes geschossen werden, denn die Tiere bringen jetzt ihre Jungen zur Welt. &bdquo;Beim Schwarzwild sei es sogar erlaubt, Sauen, Bachen, wie die Jäger sie nennen, zu schießen, wenn sie Nachwuchs – Frischlinge – dabei haben, die schwerer als 25 Kilogramm sind", sagt Möller. Vom Aussehen des Tieres auf das Alter zu schließen sei Erfahrungssache, erklärt er. Möller ist seit 40 Jahren als Jäger aktiv.

Orkan Friederike lichtete den Wald Und weil die Afrikanische Schweinepest für die Tiere so gefährlich sei, ist in Nordrhein-Westfalen seit Ende Januar die Jagd auf Schwarzwild auch mit künstlichen Lichtquellen und Nachtsichtgeräten erlaubt. Doch während im vergangenen Jahr annähernd 65.000 Wildschweine erlegt wurden, macht sich das Schwarzwild im Bereich der Bergstadt rar.

Friedhelm Möller sieht dafür mehrere Gründe: Einer fällt jedem Spaziergänger und Wanderer auf. Durch den Orkan Friederike, der am 18. Januar 2018 durch OWL fegte, litt der Wald erheblich. Anschließend kam es zu einer massenhaften Verbreitung des Borkenkäfers, dem die Fichtenbestände zum Opfer fielen – auch im Bereich der Bergstadt. Die Folge waren großflächige Abholzungen. In den Wäldern entstanden freie Flächen. Und die bieten dem Wild keinen Schutz mehr. &bdquo;Während sich Rehwild schnell an Spaziergänger und Wanderer gewöhnt und einfach weiterfrisst, ist Schwarzwild schon beim geringsten ungewohnten Geräusch auf und davon", erklärt Möller. &bdquo;Und jeder, der sich im Wald bewegt, sei er auch noch so vorsichtig, macht in den Ohren von Wildschweinen einen Höllenlärm." Der Wald ist in Coronazeiten von vielen Menschen wiederentdeckt worden. Sie bringen aber auch Unruhe für das Wild in die Wälder – und zwar zu Tages- wie auch zu Nachtzeiten.

Der zweite Grund ist, dass das Schwarzwild gar nicht so einfach in die Wälder am Tönsberg gelangen kann. &bdquo;Aus der Senne kommt nur noch wenig Schwarzwild hoch, weil so viel eingezäunt ist", sagt Möller. Das beginne östlich des Flugplatzes. Auch das Naturschutzgroßprojekt habe viel Fläche für die Rinder und Pferde eingezäunt. Der Flugplatz selbst ist mit einem Zaun vor unberechtigtem Betreten geschützt. Westlich davon, neben der Bremer Siedlung, ist zur Aufforstung berechtigterweise ein Areal eingezäunt worden, damit die jungen Laubbäume nicht verbissen werden. &bdquo;Wenn noch Schwarzwild kommt, dann nimmt es den Weg über die Wistinghauser Senne in die Felder um Währentrup."

Um doch noch Wild bejagen zu können, haben die Jäger Kirrplätze angelegt, auf denen Schwarzwild regelmäßig Mais findet. Doch selbst dorthin zieht es eher Reh- als Schwarzwild – und Dachse und Waschbären, die dem Wild oft das Futter wegfressen.

Ein großes Problem sieht Möller, weil es im Wald auf dem Tönsberg für Hundebesitzer nach dem Landschaftsplan Teutoburger Wald zwar eine Wegepflicht gibt, aber keine Pflicht, die Hunde anzuleinen. &bdquo;Und die Hunde toben dann durch den Wald, was das Wild aus den wenigen noch vorhandenen Deckungen treibt", sagt Möller.

Eine Folge der trockenen Sommer der vergangenen Jahre im Zusammenspiel mit den vielen gerodeten Flächen ist die Wasserknappheit. &bdquo;Am Tönsberg haben wir eigentlich nur noch den Schnakenbach", sagt er. Große Pfützen, die es nach Regenfällen gibt, trocknen schnell aus. &bdquo;Wir Jäger sind im vergangenen Sommer oft hochgefahren und haben kanisterweise Wasser in die Pfützen geschüttet."

Das Problem der Oerlinghauser Jäger, denen eine Jagdfläche von insgesamt mehr als 300 Hektar – allerdings sehr zerstückelt – zur Verfügung steht, ist es also, das Wild zu halten. Die Afrikanische Schweinepest sieht Möller zur Zeit nicht als vordringliches Problem.

Wanderer stören Schwarzwild in den Jagdgebieten der Bergstadt

Waldbesucher aufgepasst: Die Drückjagdsaison in Lippe hat begonnen

Wegen der Schweinepest: Kreis Höxter bläst zur Jagd auf Wildschweine

Afrikanische Schweinepest: Die Tierhalter in Lippe sind gewappnet

Wildschwein-Population in Lemgo „extrem hoch“: Wiesen und Wege zerwühlt

Qual oder Nutzen? Kontroverse um Drückjagden in Lippe

Plötzlicher Besuch vor Gütersloher Luxus-Hotel: Wildschwein in Innenstadt aufgetaucht

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €