Durchatmen mit Frieda Braun

Leopoldshöhe . Die Haare zu wilden kleinen Knoten gedrömmelt, die viel zu große türkis umrandete Brille passend zum Halstuch gewählt. Unter dem Kostüm aus gelb-gemustertem Gardinenstoff die braun-biedere Bluse. Frieda Braun ist schon rein optisch ein Original. Ihr 9. Soloprogramm, in dem sie sich und das Publikum &bdquo;Erst mal durchatmen“ lässt und ihm dann doch kaum eine Lachpause lässt, ist es ohnehin.

Frieda, die im wahren Leben Karin Berkenkopf (59) heißt, durchwandert in der ausverkauften Aula des Schulzentrums den Dschungel menschlicher Gefühle und zwischenmenschlicher Beziehungen. Wenn das Leben chaotisch ist, man nur noch streitet und kaum Schlaf bekommt, dann naht Hilfe in Gestalt der wieselflinken Sauerländerin mit den vielen Gesichtern, deren Geschichten von knarzigen Charakteren nur so wimmeln. Allen voran die penible Mia, die robuste Brunhild und die weltfremde Thekla von der elfköpfigen &bdquo;Splittergruppe“, die in keinem Bühnenprogramm fehlen darf.

Viel Lokalkolorit Ganz alltägliche Geschichten sind es, in denen sich jeder wiederfinden kann, die Frieda Braun so herrlich überspitzt weiterspinnt. Und immer mixt sie diese Geschichten mit einer ordentlichen Prise Lokalkolorit. Wenn sich beispielsweise &bdquo;es Brunhild“ zum Buddhismus hingezogen fühlt, vor lauter Seligkeit bei Edeka Brinkmann Batterien hat mitgehen lassen &bdquo;und zur Strafe in Asemissen wiedergeboren wird“, dann bleibt kein Auge trocken. Auch dann, wenn sie sich fragt, was Melania Trump eigentlich im Leben davor verbrochen hat, &bdquo;dass sie diesen Mann küssen muss“ und folgert: &bdquo;Was meinst du, was das Melania gerne in Asemissen wohnen würde.“ Aber in welchem Haus bloß?

Leopoldshöher bezieht sie mit ein, wenn sie von Jäger Rudi erzählt, der für &bdquo;Wolf ohne gang, weil ihm Galopp lieber gewesen wäre“ als Martinsreiter einspringen muss. Klorollen-Barbie, Hausverkauf von Gertrud, die einfach mal losgelassen hat, offensichtlich unter einer schweren &bdquo;Tupper-kulose“ gelitten und jahrzehntelang den Sperrmüll verpasst hat, und nicht zuletzt der spannend-feurige Laternengang mit Sohn Heinzbert und der Oma mit Bütterchen in der Tasche – das Publikum lacht Tränen. Eine Besucherin in der ersten Reihe will sich gar nicht mehr einkriegen. Das bringt selbst Frieda Braun aus dem Konzept. &bdquo;Einfach wunderbar“, so fasst Claudia Ziplies, die in der OGS Asemissen arbeitet, ihren Eindruck zusammen. Im Fernsehen hat sie Frieda Braun erlebt, &bdquo;aber live kommt das noch viel besser rüber“. Was die Kabarettistin auf der Bühne biete, das sei einfach &bdquo;zauberhaft mit ihrer Mimik und den Bewegungen“.

Häusliche Szenen Thomas Karnagel, Hausmeister der Asemisser Grundschule, der kurzfristig für die Schwiegermutter eingesprungen ist, kann ihr da nur zustimmen und wie alle anderen Männer im Publikum auch dann herzlich lachen, wenn Frieda Braun lebensnah beschreibt, dass ihr Erwin zwar das Marmeladenglas vom Tisch räumt, sich aber ansonsten nicht zuständig fühlt.

Wie gut, dass Frieda mit ihrer &bdquo;Splittergruppe“ die Entspannungskunst des Yoga entdeckt hat und die Erkenntnis: &bdquo;Ich akzeptiere Grenzen. Ich erwarte nichts.“ Von der Yoga-Energie geht es in das Pediküre-Studio von &bdquo;es Brunhild“ und zu kleinen Hornhaut abknabbernden Fischen. Mit rollendem &bdquo;R“, hinreißend-einmaliger Mimik, die schon allein für viele Lacher sorgt, seziert sie die Eigenarten ihrer Mitmenschen – und Fische. Hinzu kommt ihre waghalsige Wortakrobatik. Wenn sie etwa von Mia als &bdquo;Ikone des Internet“ erzählt, die &bdquo;Tausende von Verfolgern“ hat oder vom Parfümduft Tosca, der sich im Regal &bdquo;wie eine Ratte durchgebissen“ hat.

Zwischendurch kommt Frieda Braun immer wieder zu den Menschen nach Leopoldshöhe und Asemissen. Nach dem peinlichen Martinsauftritt von Jäger Rudi seien die Leopoldshöher nie wieder nach Winterberg gereist. &bdquo;Jetzt kommen sie aus Asemissen.“ &bdquo;Wie gut“, sagt ein Herr am Ende, &bdquo;dass wir nicht aus Asemissen kommen.“

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