Das Spatzennest hat eine neue Leiterin

Leopoldshöhe . Die Verwunderung ist groß und echt. Zwei Jungen schauen in der Kita Spatzennest von draußen durch das Fenster zum Besprechungsraum, sehen Elke Schlepphorst und winken ihr jeweils mit beiden Händen zu. &bdquo;Du bist doch in Rente?“, ruft es von draußen herein, und die frisch pensionierte Leiterin lacht. Ist ja richtig, was die Kinder da sagen und auch dass sie fragen, was sie denn dann hier mache. Sie wird ihnen später erklären, dass sie ab und zu noch mal in der Kita ist. In der Einrichtung, die sie mit auf- und umgebaut und die sie gut 40 Jahre lang geleitet hat. Jetzt hat sie Staffelstab, Schlüssel und Verantwortung an ihre Nachfolgerin Lena Siekmann übergeben.

Verbunden bleibe sie dem Spatzennest auf jeden Fall. Da ist ja noch die Sache mit dem Herzen und der Angelegenheit. Die beiden Worte zusammengesetzt erklären, was Elke Schlepphorst meint. Ihr Kindergarten. Ihr Team. Ihre Kolleginnen und Kollegen. Ihre Kinder. So weit man das überhaupt so sagen kann.

Schließlich haben sich hier immer alle zusammen um die Kinder gekümmert, versucht, ihnen das Beste mit auf und für den Weg zu geben. &bdquo;Ich durfte viel gestalten und entwickeln“, sagt die heute 66-Jährige, die fast ihr gesamtes Berufsleben im Spatzennest verbracht hat. Das sei aber nur möglich gewesen, weil sie eben ein Team hatte, &bdquo;das mit mir den Weg gegangen ist“.

Damals waren Ausbildungsplätze heiß begehrt Sie habe beruflich schon immer etwas mit Menschen, mit Kindern machen wollen, erzählt Elke Schlepphorst. Schon als Jugendliche hatte sie sich in der Kinder- und Jugendarbeit engagiert. Es ist heute kaum noch vorstellbar, aber zur Zeit ihres Schulabschlusses war es gar nicht so einfach, einen Ausbildungsplatz als Erzieherin zu bekommen. Sie landete dann erst einmal auf der Nachrückerliste, musste sich nach Alternativen umsehen. Ökotrophologin? EDV-Fachfrau? Beides wäre möglich gewesen, aber es klappte dann doch noch mit der Fachschule und dem Traumberuf.

Nach der Ausbildung war die erste berufliche Station ein heilpädagogisches Heim, zwei Jahre arbeitete sie dort. Dann folgte ein Jahr im Kindergarten in Schuckenbaum, ab 1981 war es schließlich das Spatzennest. 1982 übernahm sie die kommissarische Leitung, seit 1983 war sie offiziell Leiterin. Später hatte sie noch eine Qualifikation Sozialmanagement draufgepackt. &bdquo;Das war gut“, sagt sie rückblickend, &bdquo;denn da waren auch schon die Themen Organisation, Mitarbeiterführung und Kaufmännisches dabei“. Offen bleiben, über den Tellerrand schauen, sich immer wieder neu fragen, wie es am besten gelingen kann, dass die Kinder bekommen, was sie benötigen.

Jedes Kind hat seine eigene Geschichte &bdquo;Wir müssen jedes Kind mit seiner ganzen Geschichte im Blick haben“, sagt Elke Schlepphorst. Das Kind mit dem Wissensdurst. Das Kind mit der Sehschwäche. Das Kind mit der großen Fantasie. Das Kind mit der Bewegungsfreude. Das stille Kind, das laute Kind. Gegenseitiger Respekt – das gelte für alle. Kind-Kind, Erwachsener-Erwachsener, Erwachsener-Kind. Selbstverständlich.

Während ihrer Zeit im Spatzennest ist aus einer Drei-Gruppen-Kita ohne Nebenräume ein Familienzentrum geworden, eine offiziell ausgezeichnete &bdquo;Gute gesunde Kita“, die auch noch das Gütesiegel &bdquo;Buchkindergarten“ trägt. Dank des Engagements aus dem Team, wie sie immer wieder betont. Eine besondere Geschichte sei auch, dass das Spatzennest zur Jahrtausendwende auf einmal in einer Live-Schalte im US-amerikanischen Atlanta zu hören war. Es ging um Ideen für diesen besonderen Jahreswechsel. Auch Kitas waren dazu aufgerufen.

&bdquo;Wir hatten uns das Thema ,Herkunft ist Zukunft vorgenommen und geguckt, wo kommen unsere Kinder her, was wird dort gespielt, was ist ihr Lieblingsessen und wie werden Kinder dort betreut.“ Und dann sei die Kita mit ihrem Beitrag schließlich &bdquo;im Heinz-Nixdorf-Forum gelandet“. Und die Leiterin aus dem &bdquo;kleinen Spatzennest“ habe den Amerikanern das duale Bildungssystem erklärt.

Tränen sind dann doch geflossen Sie selbst ist an diesem Tag zu Besuch in der Kita, den Schlüssel hat Elke Schlepphorst bereits offiziell an ihre Nachfolgerin Lena Siekmann übergeben. Die spricht von &bdquo;großen Fußstapfen“, die Elke Schlepphorst hinterlassen habe. Elke Schlepphorst wiederum ist sich sicher, dass die 30-Jährige das gut hinbekommt. Sie kennt sie schon lange, die heutige Leiterin war selbst Kita-Kind im Spatzennest. Viele ehemalige und aktuelle Kita-Kinder hatten sich an ihrem letzten Arbeitstag für Elke Schlepphorst ins Zeug gelegt. Mit Überraschungen, Liedern, guten Wünschen und kleinen Geschenken wurde sie in den Ruhestand geschickt. Der begann mit einer Tour durchs Dorf, weil Alt-Bürgermeister Gerhard Schemmel sie mit seinem Trecker abgeholt und kutschiert hatte.

Ein paar Tränchen seien dann doch geflossen, &bdquo;obwohl ich ja eigentlich ziemlich tough bin“, sagt Elke Schlepphorst. Die Freude über die Abschiedsfeier, die vielen Danksagungen für ihre Herzlichkeit, Unterstützung, tolle Ideen und &bdquo;viele gemeinsame Lacher“, wie es in einem Büchlein für sie zusammengefasst wurde – das alles berührte. Vielleicht auch, weil es noch einmal zusammengefasst hat, was ihr aus dieser langen Kita-Zeit so entscheidend im Gedächtnis geblieben. Nun ist Zeit für Garten, Gatte und Kultur. Für Wanderungen, Tagesausflüge, für Besuche bei Freunden und Familie, aber auch für ehrenamtliches Engagement. &bdquo;Die Verbundenheit zum Spatzennest aber bleibt“, sagt Elke Schlepphorst. Immer.

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