Lügde-Köterberg. Wenn in diesen Tagen der Mond hell am Nachthimmel steht und am Köterberg sogar noch Schnee liegt, dann schlägt die Stunde der Jäger - und für manchen Fuchs sein letztes Stündlein. Auch Hermann Wenneker ist dann auf dem Ansitz: „In diesem Licht sieht man die Füchse besonders gut“, erklärt der Vorsitzendes des Hegerings Lügde-Köterberg. Darum machen er und seine Jagdgenossen gerade in dieser Zeit Jagd auf das so genannte Raubwild, zu dem auch Waschbär, Steinmarder, Marderhund und Hermelin gehören.
Bei den intelligenten Rotpelzen kochen die Hormone, das macht sie unter Umständen weniger aufmerksam: Es ist Paarungszeit, „Ranzzeit“, wie der Jäger sagt. „Jetzt sind die Füchse auf den Läufen. Wenn Sie nachts Gebell hören, dann ist das oftmals kein Hundegebell, sondern Füchse bei der Paarung“, erklärt Hermann Wenneker. Das Zeitfenster für die Fuchsjagd ist nur sehr kurz: Vom 28. Februar bis zum 15. Mai ist die Fuchsjagd verboten. Denn den Fuchswelpen die Eltern wegschießen, das wollen und dürfen die Jäger nicht.
Füchse fressen nicht nur Mäuse
Wenneker versteht die Fuchsjagd als Schutzmaßnahme für andere Arten. „Wir versuchen, die Population zu begrenzen, um damit das Niederwild zu schützen“, erklärt der Elbrinxener. So halten es auch die übrigen Hegeringe im Kreis Lippe. Mit „Niederwild“ sind Fasane und Rebhühner, Hasen und Kaninchen gemeint, aber auch Brachvögel und andere Wildvogelarten.
Die und vor allem ihr Nachwuchs stehen mitunter auch auf dem Speisezettel der Füchse, die sich allerdings überwiegend von Mäusen ernähren, aber auch von Schnecken und Maden. Wenn sie in die Nähe von Siedlungen oder Autobahnraststätten kommen, bedienen sie sich dort auch gern mal in Mülleimern oder Kompostern: Füchse sind Kulturfolger.
Wenn Hühnerzüchter ihre Gehege nicht vernünftig schützen, dann kann das Federvieh auch hier mal leichte Beute sein. An Gänse traut sich Reineke Fuchs entgegen dem bekannten Kinderlied aber eher nicht heran, die sind nämlich ziemlich wehrhaft.
Der Waschbär als Gefahr für Bodenbrüter
Auf die Gelege der Bodenbrüter haben es aber nicht nur Füchse abgesehen: „Der Waschbär ist noch viel schlimmer“, betont Wenneker, denn der komme ja auch auf die Bäume und lasse kein Nest mit Eiern oder Jungvögeln ungeschoren. Dass sie sich obendrein auch noch an der Obsternte bedienten, mache es nicht besser - ganz zu schweigen von großen Schäden, die Waschbären in Häusern anrichteten. So sollen auch sie in der „Raubwildwoche“ zur Strecke gebracht werden.
Ein Ansinnen, das die Tierschützer der Organisation Peta auf die Palme bringt. Sie fordert von der Landesregierung ein generelles Verbot der Fuchsjagd. Nach dem Tierschutzgesetz müsse ein „vernünftiger Grund“ für das Töten eines Tieres vorliegen, das sei hier nicht der Fall: „Füchse dienen den Hobbyjägern hauptsächlich als lebendige Zielscheibe, denn weder aus wildbiologischer noch aus gesundheitlicher Sicht besteht ein Grund für die massenhafte Bejagung der Beutegreifer“, schreibt die Organisation in einer Pressemitteilung.
„Der Mensch ist der schlimmere Feind“
Das Töten der Füchse sei auch keine Maßnahme des Artenschutzes, weil sich Füchse in erster Linie von Mäusen ernährten, argumentiert Peta. So sieht es auch der Biologe und Naturfilmer Robin Jähne: „So eine Fähe kann 5000 bis 7000 Mäuse fangen“, erklärt er. „Ich habe selbst schon gesehen, wie die Fuchsmutter mit einem halben Dutzend Mäusen im Fang in den Bau kam, um ihre Jungen zu füttern.“
Den Niedergang des Niederwildes führt der Experte eher auf die Zerstörung des Lebensraumes durch den Menschen zurück, er werde zu Unrecht den Füchsen in die Schuhe geschoben: Schuld sei vielmehr die intensive Bewirtschaftung des ländlichen Raumes. „Überall werden Hecken abgeholzt, und ich habe schon oft gesehen, dass auch die wichtigen Uferrandstreifen der Gewässer zigmal im Jahr gemäht werden, obwohl das wichtige Lebensräume sind.“
Ein gesundes Ökosystem würde auch Waschbären und Füchse aushalten. „Ich bin kein Freund der Fuchsjagd“, betont Jähne. Es könne immer vereinzelte Gründe geben, warum Füchse geschossen würden.
Füchse als „Gesundheitspolizei“
Derweil liefert Peta noch ein weiteres Argument, warum Füchse wichtig für das Ökosystem seien. „Als Gesundheitspolizei sind Füchse ein wichtiges Glied im Kreislauf der Natur. Sie sichern nicht zuletzt auch ihren Beutearten das Überleben, indem sie schwache und kranke Tiere jagen und Krankheitsherde somit sofort eliminieren.“ Da stimmt auch Jäger Hermann Wenneker zu: „Ja, das ist richtig. Aber sie dürfen eben nicht zu viele werden.“
Füchse erkranken auch in Lippe an Staupe oder Räude - beides für sie tödliche und gerade im Fall der Räude hochgradig quälende Krankheiten. Das allerdings sei ein natürlicher Vorgang, sagt Robin Jähne: „Die Natur ist manchmal wirklich hart.“ Diese Tiere zu erlösen, gehöre schon dazu. „Den Jägern bleiben noch so viele andere wichtige Aufgaben, da muss es nicht gerade die Fuchsjagd sein.“ Wichtig sei: „Man darf das alles nicht schwarz oder weiß sehen.“
Das Jagdhorn bläst „zur Ehre der Beute“
Wie viele Füchse bringt denn so ein Hegering in der Raubwildwoche eigentlich zur Strecke? „Gar nicht so viele“, sagt Hermann Wenneker. „Ungefähr zehn, würde ich sagen.“ Das Ritual am Ende der Jagd, wenn die erlegten Tiere in eine Reihe gelegt werden und das Jagdhorn bläst, sei mitnichten ein martialischer Ritus, verwahrt sich der Waidmann gegen oft geäußerter Kritik: „Damit erweisen wir den Tieren die letzte Ehre.“ Das sei nicht nur Brauchtumspflege, sondern auch die Erinnerung an das Leben, das die Jäger genommen haben. „Man kann sie doch nicht töten und dann einfach in die Ecke werfen.“
Verwertet wird das Fuchsfleisch übrigens hierzulande nicht: Lediglich das Fell wird den Tieren über die Ohren gezogen, um dann beim Kürschner bearbeitet zu werden.