„Sie sind einfach überall“: Bielefelder verzweifeln an Waschbärenplage - was jetzt?

Bielefeld. Bürger in Not: Seit Herbst tragen viele Gadderbaumer das Thema Waschbären verschärft in Politik und Verwaltung. Antworten aus dem Ordnungsamt reichten ihnen nicht, nun kamen viele von ihnen in die Bezirksvertretung. Was sie schilderten, ist drastisch – und so ähnlich aus ganz Bielefeld zu hören. Eine Frau berichtete, dass sie mit ihrer Familie ein Haus verlassen habe, weil das Leben mit Waschbären unerträglich geworden sei. Mieter suchen nach Alternativen.

Die Bürger sprechen von Plage, Jäger André Meyer zur Müdehorst auch. In der Unteren Jagdbehörde der Stadt wird das Wort Plage zwar als &bdquo;subjektiv“ bewertet, aber, so Jürgen Kley vom Ordnungsamt: &bdquo;Fakt ist, dass wir in ganz Bielefeld keine weißen Flecken mehr haben, die Waschbären sind einfach überall.“ Ob Siggi, Senne oder Sieker, ob Babenhausen, Baumheide oder Buschkamp – der so niedlich aussehende Räuber ist da.

Aus dem Umfeld der Detmolder Straße wird regelmäßig von mehreren Bären in Gärten, auf Bäumen, in Teichen, auf Dächern berichtet. Ein Video aus Gadderbaum zeigt mal eben sechs nebeneinander im Garten.

Rudel Waschbären erkundet Garten Und dort bleiben sie nicht. &bdquo;Die gehen auf die Dächer, schieben Schindeln hoch, gehen in Zwischenräume.“ Ein Ehepaar, das am Höhenweg lebt, schildert, wie seine Nächte mit Waschbär aussahen – und manchmal der Morgen danach: &bdquo;Nachts machte das Tier in der Schräge über unserem Bett einen unglaublichen Radau, nichts half da.“ Und dann, am Morgen? &bdquo;Einmal war der Waschbär wohl mit dem Bein durch die Zwischendecke gebrochen, da lagen dann Teile der Deckenverkleidung in unserem Arbeitszimmer.“ Jetzt sei der Bär weg, doch das könnte auch daran liegen, dass Waschbären laut Jägern eine Art Winterruhe halten.

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Lustig ist daran gar nichts. Bezirksbürgermeisterin Hannelore Pfaff hatte bereits dreimal Waschbären im Haus, einmal auf dem Bett. Ekelig. &bdquo;Die Tiere stinken, das ist nicht auszuhalten“, berichtete eine andere Gadderbaumerin. Doch selbst, wenn es die Bären nicht ins Haus schaffen, sind sie hochgradig unangenehm: Sie sind laut, vorwiegend nachts, sie räubern in Teichen und zerstören diese, weil jede Pflanze herausgerissen wird.

Zurück bleiben Gestank und Kot. In ihm sind Erreger von Staupe und Tollwut zu finden, es wurden auch schon gefährliche Spulwürmer nachgewiesen. &bdquo;Kinder draußen spielen zu lassen, das geht hier nicht mehr“, sagt eine betroffene Gadderbaumerin.

Bürgeranregung als Akt der Verzweiflung Sie und viele weitere stehen hinter einer Bürgeranregung, die Siegfried Zabinski in die Politik getragen hat. Sie fordern Hilfe ein und kritisieren, dass es an Rand-, Egge- und Höhenweg leerstehende Häuser gibt, die für Waschbären perfekte Rückzugs- und Vermehrungsorte seien. Da könne man an seinem eigenen Haus alles Erdenkliche gegen die Bären tun, es helfe wenig, wenn der Waschbär mit seiner Familie nebenan eine Wohlfühlzone habe.

Alleingelassen fühlen sie sich. Von der Stadt habe es geheißen: &bdquo;Das Waschbärenproblem liegt in der Verantwortung der Grundstückseigentümer.“ Das empfinden die Bürger als Zumutung, sie wehren sich. Sie werfen der Stadt &bdquo;Untätigkeit und Verzögerungen“ vor. Sind sauer.

Fakt ist, das bestätigt auch Herbert Linnemann, städtischer Chef der Forstabteilung und Jäger, &bdquo;dass die Population massiv zunimmt“. Und die Bären seien nicht nur für Menschen ein Problem, sondern auch für die Natur. Er widerspricht damit Harald Klein von den Grünen, der sagt, es gebe Studien, dass Waschbären in der Natur kein Problem für Artenvielfalt und Tierbestände seien. Linnemann: &bdquo;Sie sind definitiv ein großes Problem, weil sie an Land, im Wasser und weit oben in Bäumen, also fast in der Luft, alles jagen – klassische Allesfresser sind.“

Für Menschen ein Problem, für die Natur noch viel mehr Ihre flinken Finger, so Meyer zu Müdehorst, erwischten fast alles. Junge Vögel und Eier, Muscheln und Fische, Mäuse und Eidechsen. Sie schaufelten alles sofort in die Schnauze. &bdquo;Wo es viele Waschbären gibt, ist kaum noch ein Vogel zu hören.“ Zur Wahrheit gehört aber auch: Für die Vogelwelt sind die Unmengen an Hauskatzen ein noch weitaus größeres Drama.

Fred Müller, Bethels Ortschaftsreferent, hört von Problemen aus vielen Bereichen Bethels, er ist dankbar, dass Bethels Forstmann Jörg Ermshausen Fallen aufstellen lasse – und die Tiere dann erschossen würden. &bdquo;Ob Bethel-, Remter- oder Karl-Siebold-Weg – überall haben wir die Tiere.“ Und damit Probleme, die maximal etwas reduziert werden könnten, stellt Kley vom Ordnungsamt klar. &bdquo;Ich kann verstehen, dass die Leute hilflos sind, aber das Problem kriegen wir nicht mehr weg.“

Unter den Jägern klingt das ähnlich, nur ein massives Vorgehen würde etwas helfen, die Nöte der Bürger zu lindern. Es sei sinnvoll, müsse aber langfristig geplant und organisiert werden und koste Geld.

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