Oerlinghausen. Ein neues Oerlinghauser Museum ist entstanden. Eher unbemerkt von der Öffentlichkeit hat Werner Höltke seine riesige private Bildersammlung ausgestellt. Weit über 1.000 Zeichnungen, Fotos und Postkarten aus der alten Bergstadt umfasst die Galerie, die der Kenner der Ortsgeschichte im ersten Stock seines Wohnhauses an der Detmolder Straße zusammengetragen hat. Alle Wände und Dachschrägen der Etage sind von historischen Motiven bedeckt, um die 2.000 weitere Bilder schlummern wohl noch in seinen Ordnern und Kartons.
Seit etwa 50 Jahren beschäftigt sich Werner Höltke mit der Oerlinghauser Stadtgeschichte. Fünf Bücher über Alt-Oerlinghausen, ein Buch über die typischen Tweten (Gassen) der Bergstadt, zahlreiche Beiträge für die Zeitschrift des Lippischen Heimatbundes und ungezählte Tageszeitungsartikel sind entstanden. „Werner ist das lebende Geschichtsbuch Oerlinghausens“, sagte Bürgermeister Dirk Becker einmal über ihn. Und vor der Corona-Zeit hielt Werner Höltke regelmäßig Vorträge und veranstaltete Wanderungen mit der Oerlinghauser Ortsgruppe des Lippischen Heimatbundes sowie anderen Heimatvereinen der Region.
Nun hat der topfitte 92-Jährige die Ruhezeit der Pandemie gut genutzt und sein eigenes Wohnhaus zu einer Art Oerlinghauser Familienalbum umgestaltet. Zahllose Ansichtskarten der „Sommerfrische Oerlinghausen“, die noch die bräunliche Patina der früheren Drucksachen tragen, gehören dazu. Die ersten Touristen des Bergdorfes schickten sie an ihre Verwandten in ganz Deutschland. In fein säuberlicher Sütterlin-Schrift erzählten die Gäste von ihren Erlebnissen beim Spaziergang auf dem Tönsberg oder der Wanderung durchs „lauschige Schopketal“. Aber auch die ersten farbigen Postkarten aus neuerer Zeit zählen zur Ausstellung.
In einer Ecke seiner Bilderpräsentation findet sich eine echte Rarität, eine stattliche Kollektion von einzigartigen historischen Notgeld-Scheinen aus Oerlinghausen und ganz Lippe. „Zwischen 1920 und 1923 gingen Städte und Gemeinden dazu über, eigene Geldscheine herzustellen. Viele dieser Scheine waren farbenprächtig gestaltet und mit originellen Sprüchen versehen. So bildete die Stadt Detmold den lippischen Schützen und Motive aus der Varusschlacht ab. Oerlinghauser Geldscheine zeigten die Kumsttonne oder die Hünenkapelle.“ Eine Spezialität von Werner Höltkes Bilderschau ist wohl auch eine Sammlung von Flugblättern aus dem Zweiten Weltkrieg. Gegen Ende des Krieges warfen die englischen und amerikanischen Flugzeuge diese Blätter ab, um die Deutschen zu demoralisieren. „Der Besitz zog seinerzeit schwere Strafen nach sich“, erzählt er.
Das Museum ist privat, aber für Interessierte öffnet es Werner Höltke gern
Welche Bilder sind seine Lieblingsmotive? „Die Zeichnungen von meinem früheren Freund Ernst Meier sind echte Schätze“, sagt Werner Höltke. Fast ein ganzer Raum der Ausstellung ist den schwarz-weiß Zeichnungen des alten Oerlinghauser Malers gewidmet. Ernst Meier, der schon vor Jahrzehnten verstorben ist, illustrierte diverse Szenen aus dem dörflichen Leben Oerlinghausens. Er zeigte, wie früher das Wasser für Beckers Brauerei mit dem Esel transportiert wurde oder wie Pferdefuhrwerke gerade am sogenannten „Bremer Eck“ vorbeifahren, dort wo am Anfang der Rathausstraße Bremers Gaststätte lag.
Als ein öffentliches Stadtmuseum mit vielen Besuchern möchte Werner Höltke seine Bildergalerie natürlich nicht verstanden wissen – in der Corona-Zeit schon gar nicht. Doch interessierten, privaten Gästen zeigt Höltke seine Ausstellung gerne. Einige Mitglieder des Lippischen Heimatbundes waren bereits bei ihm und begeistert von den zahllosen Ansichten des alten Oerlinghausen.