Oerlinghausen. In die Zeit der Wikinger tauchen in dieser Woche zehn Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren im Archäologischen Freilichtmuseum ein. Sie entwickeln eine Geschichte, in der sie als Darsteller eines Live-Rollenspiels auftreten. Gefördert wird das Camp vom Programm „Museum macht stark“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Wikinger sind derzeit angesagt, es gibt populäre Spiele und Filme, die das Klischee der plündernden, mordenden Nordmänner bedienen. Das Klischee der vermeintlich coolen Typen haben wohl auch dafür gesorgt, dass sich vor allem Jungen angemeldet haben für das Wikingercamp. Hier erfahren sie, dass die meisten Wikinger Bauern und Händler waren. „Nur wer kein Land hatte zum Beackern oder hungerte wegen Ernteausfällen, ging auf Raubzug“, erläutert Projektleiter Maxi Blasius.
Runen, Riten und Rollenbilder
Die Bildungsreferenten und Museumspädagogen haben sich als Einstieg in die Geschichte ein Szenario ausgedacht, das dem der Teilnehmer ähnelt: Die Wikinger sind in ein neues Land gekommen und müssen sich zurechtfinden. „Das ist der Ausgangspunkt, von dem aus die Teilnehmer die Geschichte entwickeln“, erklärt Sabine Scheler von den „Waldrittern“. Mit Hilfe der Experten lernen sie Fakten über Runen, Riten und Rollenbilder.
„Die Geschlechterrollen waren nicht so vorgegeben, wie wir denken“, berichtet Scheler. So habe man ein besonders prächtiges Wikingergrab mit Speeren, Axt, Schwert, zwei Pferden und einem Brettspiel lange für ein Kriegergrab gehalten. Doch DNA-Tests zeigten: Die Knochen von Birka sind die einer Frau.
Die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft der Wikinger führt auch zur Reflexion heutiger Werte und Normen. „Wir spannen einen Bogen in die heutige Welt und hinterfragen auch, warum die Wikinger heute so beliebt sind“, berichtet Bildungsreferent Dennis Lange. Indem die Jugendlichen erkennen, dass Runen, Stärke und Opferbereitschaft von völkischen Ideologen missbraucht werden, geschehe hier auch Präventionsarbeit.
"Die Lässigkeit im Umgang miteinander ist weg"
Corona hat das Camp in mehrfacher Hinsicht beeinflusst: Zum einen herrscht derzeit ein Überangebot an verschobenen Veranstaltungen, so dass es zu weniger Anmeldungen kam als erwartet. Zum anderen „ist die Lässigkeit im Umgang miteinander weg“, sagt Blasius. „Das grundlegende Gruppengefühl ist schief und muss erst mal wieder aufgebaut werden.“
In die Entwicklung des Schauspiels werden Bogenschießen und handwerkliche Techniken wie Kupferbearbeitung und Zinngießen eingebaut und die Jugendlichen können sich die „Gewandung“ aussuchen, die zu ihrer Rolle passt.
Sie sind davon sehr angetan. „Echt cool hier“, sind sie sich einig. Auch wenn das Klischee vom Angst und Schrecken verbreitenden Nordmann ins Wanken gerät.