Oerlinghausen. Die Krimifreunde der Bergstadt erlebten etwas Einzigartiges. Bei der Premierenlesung seines neuen Krimis „Senneblues“ hatte er nicht nur die Dark Road Blues Band aus Bielefeld dabei, sondern er griff selbst zur Gitarre und spielte gemeinsam mit der Band. So etwas hat es noch nie gegeben. Okay, vor Jahren war BAP-Frontman Wolfgang Niedecken zu Gast in der Aula des Gymnasiums und sang bei der Vorstellung seiner Biographie ein paar Lieder. Aber das Trio der Blues Band, Detlev Golze (Gitarre), Ulli Witt (Bass) und Uwe Molck (Drums), auf ein Quartett zu erweitern – das konnte nur Jörg Czyborra einfallen. Und es war ein guter Einfall, was auch der langanhaltende Applaus signalisierte. Und wie kommt ein Krimiautor an eine Bluesband? Indem man sich in der „Klappe 30“ kennenlernt. Nach ein paar Gesprächen fragte Czyborra, ob die drei nicht Lust hätten, bei seiner Lesung mitzumachen. Hatten sie – und sie gaben ihr Bestes. Und so begann der Abend eher wie ein Blues-Konzert, bevor Veranstalterin Cerrin Wehrmann-Ristau von der Buchhandlung Blume, den eigentlichen Star des Abends mit seinem neuen Roman vorstellte. Die Lesung selbst war ein Heimspiel für Jörg Czyborra, der kräftig erkältet war, einen dicken Schal umgebunden hatte und sich nach der Pause für die Hustenbonbons bedankte, die ihm ein Zuschauer gegeben hatte. Der Senneblues-Krimi ist vielschichtig mit mehreren Handlungssträngen. Und obwohl es erst Czyborras vierter Krimi ist, gelingt es ihm, die Stränge zum einen gut zu schildern, zum anderen auch gut zusammen zu führen. Das nicht alles, was er geschrieben hat, Fiktion ist, wird deutlich, als er vom Drogenhandel schreibt. Die Idee dazu kam ihm bei einem Gespräch mit einem Bielefelder Polizeibeamten, der für Drogen- und Bandenkriminalität zuständig ist. Czyborra berichtete den Zuhörern von dem Gespräch, in dem es um den Drogenhandel in Bielefeld ging. Er sagte dann: „Na, glücklicherweise sind wir von so etwas in Oerlinghausen verschont geblieben.“ Als dann die Antwort „wenn du wüsstest“ kam, sei er erst einmal aus allen Wolken gefallen. Warum er den Blues mit in den Titel genommen hat, wird gleich zu Beginn der Lesung klar: Christian Kupery, Assistent der Geschäftsführung in der örtlichen Buchhandlung („Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig“, sagt Czyborra), erfährt von einem Kunden, dass dessen Vater vor einigen Jahren gestorben ist. Ebendieser Vater und Kupery waren in ihrer Jugendzeit die besten Freunde. Und dann liest Czyborra vor, wie Kupery in seinem Wohnzimmer sitzt, eine Flasche Aberlour Single Malt geöffnet hat und darüber nachsinnt, warum er dem Vorsatz „Ich müsste den mal anrufen . . .“ keine Taten hat folgen lassen. Schwermut ist also angesagt. Kupery hat den Blues. Den hat Jörg Czyborra nicht nur im Krimi zu Papier gebracht. Er hat sich hingesetzt und extra für diesen Roman einen Song geschrieben – den Senneblues. Den bekommen die mehr als 200 Zuhörerinnen und Zuhörer dann auch zu hören. Nach dem Zuruf an den Lead-Gitarristen: „Detlev, denk ans Tempo“, singt er getragen von einer stets meckernden Ehefrau und dem Sennesand, der in eine Grube rieselt. Aus dem Buch liest er Stellen vor, die jedem Oerlinghauser bekannt vorkommen dürften: Vom Verkehrsstau vor dem ehemaligen Stadthotel, wenn dort Hochzeiten gefeiert werden und vom Diebstahl der Bronzeskulptur „Der Abschied“ aus dem Weberpark vor fünf Jahren. Im letzten Lied verrät Czyborra dann auch, was jeder Krimileser wissen will: „Der Mörder ist immer der . . . Täter.“ Noch Fragen? Dann: Lesen.