Der Kampf gegen die Kanadische Wasserpest am Schiedersee

Schieder-Schwalenberg. Schwere Wolken hängen an diesem Vormittag über dem Schiedersee. Einsam bahnt sich ein kleines blaues Boot seinen Weg durch die Fluten. Nicht nur durch das Wasser, sondern auch durch das grüne Gestrüpp, das unter der Oberfläche wuchert. Mit dem doppelklingigen Schneidwerkzeug vor dem Bug versucht der Mann am Steuer, möglichst viel von der pflanzlichen Krake abzuschneiden. Sie ist wieder da, die Kanadische Wasserpest.

Der Mann, der da in seiner orangenen Weste am Ruder des flachen Kahns sitzt, sieht und hört anscheinend nichts von dem, was sich am Ufer abspielt. Nicht das Rufen der Reporterin, sieht sie nicht wie wild auf dem Steg gestikulieren, den Hut hat er gegen den morgendlichen Regen tief ins Gesicht gezogen.

Sonne fördert das Wachstum Da kommt Hilfe: Gerade ist das Oerlinghauser Team des DLRG angerückt, um das Rettungsboot für den heutigen Wachdienst ins Wasser zu lassen. Und freundlicherweise spielen zwei Mannschaftsmitglieder "Postillon d'Amour", fahren hinüber und sagen ihm Bescheid. Wetterbedingt ist gerade eh nichts zu retten. "Das kann noch kommen", sagt die Oerlinghauserin Mira Fillies, "das Wetter wird ja wieder besser."

Sonne ist schön für die Feriengäste und Tagestouristen, aber schlecht für den See und die Tretboote. Denn je höher die Wassertemperatur steigt, desto wohler fühlen sich die Wasserpflanzen, und desto weniger Wassersport ist möglich. "Gestern haben wir noch ein Tretboot zurückgeholt, das sich verfangen hat", erzählt Mira Fillies. "Obwohl ich mich schon gefragt habe, ob die nicht einfach zu früh aufgegeben hatten."

25 Grad Wassertemperatur Mittlerweile hat das blaue Mähboot am Steg angelegt, drin sitzt Viktor Voth. Eigentlich ist er Baumkontrolleur beim Eigenbetrieb Straßenbau des Kreises Lippe, aber er arbeitet auch als Stauwärter am See, und manchmal fährt er im Minijob sogar die MS Schiedersee. Jetzt also ist er der Mäher vom Dienst, fährt geduldig hin und her.

"Das klappt ganz gut. Mittwoch habe ich angefangen mit dem Mähen." An manchen Stellen ist der See nur 1,50 Meter tief, an anderen, vor der Staumauer, vier bis fünf Meter. So tief reicht das Mähwerk natürlich nicht, aber dort ist es auch nicht so schlimm: Die kanadische Wasserpest braucht Licht und Wärme. Letzteres hat sie reichlich, obwohl es tags zuvor noch ein Gewitter gegeben und die Luft sich auf 16 Grad abgekühlt hat, ist das Wasser deutlich wärmer als die Umgebung: "Wir haben 25 Grad gemessen", erzählt Rettungsschwimmerin Mira Fillies. "Und eigentlich ist das Wasser auch sehr klar, darum gedeihen die Pflanzen so gut."

Grüner Teppich auf dem Wasser Aber wenn Viktor Voth die langen Ranken abgeschnitten hat, wohin damit? Derzeit treiben sie einfach an der Wasseroberfläche, bilden einen grünen Teppich. Gewusst wie, sagt Viktor Voth: "Ich habe gestern Wasser aus der Emmer in den See gepumpt, wir hoffen, dass so das Schnittgut Richtung Staumauer treibt, damit wir es dann dort ans Ufer holen können." Denn seit dem Bau der Umflut wird der See eigentlich nur aus einem kleinen Zufluss aus der Niese gespeist. Vorsorglich war allerdings eine Pumpe an der Emmer installiert worden.

Gleichwohl wird der Mähmeister mit dem kleinen Greifer am Mähboot, der sich statt des Mähwerks installieren lässt, nicht sehr weit kommen. Es ist eine Sisyphos-Arbeit. "Die Triebe wachsen am Tag 14 Zentimeter", weiß der Bootskapitän. Will sagen: Ist er vorne fertig, kann er hinten sofort wieder loslegen.

Größeres Mähboot muss her Sein Chef Rainer Huneke, Leiter des Eigenbetriebs Straßenbau, weiß, dass man so der Sache nicht Herr wird. "Erst mal ist das Boot zu klein, wir werden es nächste Woche gegen ein größeres austauschen", sagt er. "Für eine solche Lage gibt es keinen Generalstabsplan, wir müssen einfach sehen, wie wir dagegen ankommen." Wäre das Wetter im Frühjahr anders gewesen, dann gäbe es jetzt nicht so klares Wasser, und es würden statt der kanadischen Wasserpest jetzt Blaualgen im See blühen.

"Wir werden wohl mit solchen Phänomenen leben müssen, daran hat auch niemand schuld. Es ist eine Folge des Klimawandels." In der Tat kämpft man am See nicht das erste Mal gegen die Kanadische Wasserpest. Bereits 2009 war ein Großeinsatz vonnöten, um die grüne Flut zu bändigen . Übrigens haben sich damals zwei LZ-Redakteure ganz mutig mit dem Ruderboot hinausgetraut. Und kamen allein nicht mehr raus, am Ende waren sie zur Stelle, die Retter vom DLRG, die das Bötchen ins Schlepptau nahmen.

Kasten:

Ein bekanntes Problem 2009 kämpfte die damalige Seegesellschaft bereits einmal sehr verzweifelt gegen die Kanadische Wasserpest. Damals war der See mit seinen 90 Hektar zur Hälfte zugewachsen, etwa 30 Hektar wurden im oberen Seebereich wieder freigeschnitten - "mit erheblichen wirtschaftlichen Anstrengungen", wie der damalige Geschäftsführer August Tölle betonte. Die gecharterten Mähboote und ihre Besatzung waren seinerzeit in Doppelschichten im Einsatz. Kostenpunkt 2009 mehr als 45.000 Euro.

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