Schieder-Schwalenberg/Höxter. Merle Lödige ist ganz konzentriert und völlig vertieft in ihre Arbeit. Kurz vor Ablauf der Zeit zupft sie noch schnell hier ein Blatt zurecht und rückt dort noch eine Blüte ins rechte Licht. Dass ihr dabei immer wieder Besucher über die Schulter schauen, nimmt die 20-Jährige in diesem Moment gar nicht wirklich wahr, wie sie später im Gespräch mit der LZ erzählt. Die Azubi-Floristin im dritten Lehrjahr absolviert derzeit eine Ausbildung bei "Anne Bussen Meisterfloristik" in Schieder. Und dass die junge Steinheimerin etwas von ihrem Handwerk versteht, hat sie am vergangenen Sonntag auf der Landesgartenschau (LGS) in Höxter bewiesen. Merle Lödige nahm an der NRW-Floristik-Landesmeisterschaft der Junioren teil - und schließlich den Sieg mit nach Hause.
Insgesamt stellten sich fünf junge Blumenkünstler, allesamt Azubis und Jungfloristen in den ersten drei Berufsjahren, dem Wettbewerb, der immer auf der Landesgartenschau ausgerichtet wird. Während der Veranstaltungsort für die Steinheimerin quasi direkt vor der Haustür lag, reisten die anderen Teilnehmer aus Wiehl, Kürten-Bechen, Bochum und Hamm an. Eines haben aber alle gemein: Sie lieben Blumen und Pflanzen, zudem ist ihre kreative Ader besonders ausgeprägt. Das wurde an den vier Werkstücken, die jeder von ihnen vor den Augen der Gartenschau-Besucher kreierte, deutlich.

Florale Selfie-Wand
Die Aufgabenstellung lehnt sich immer an das Gelände der jeweiligen Landesgartenschau an, wie der Veranstalter, die Fördergesellschaft des Landesverbandes NRW im Fachverband Deutscher Floristen (FDF), im Vorfeld in einer Pressemitteilung erklärte. Bei der ersten Aufgabe ging es darum, eine florale Flechtwand - in Anlehnung an die Nieheimer Flechthecken - zu gestalten. Diese soll Besucher einladen, Selfies zu schießen. "Die Arbeit durften wir fast fertig mitbringen", erzählt Merle Lödige, die vor Beginn ihrer Ausbildung die Steinheimer Realschule besuchte.
30 Minuten hatten die Teilnehmer beim Wettbewerb Zeit, ihre Selfie-Wand zu vollenden. "Die Form lässt Raum für Interpretationen", sagt die 20-Jährige über ihr florales Kunstwerk, das etwa an ein halbes Blatt oder Herz erinnere. "Dabei habe ich viel Wert auf die Fruchtstände gelegt, die jetzt überall in der Natur fruchten. Zum Beispiel Hagebutte, Weißdorn und Pfaffenhütchen." Aber auch die Dahlie, als Höxters LGS-Blume, hat einen Platz auf Merle Lödiges Flechtwand bekommen.
Azubi-Floristin greift zum Schweißgerät
"Das ist wirklich ein Kunstwerk, ganz toll", sagt eine LGS-Besucherin beim Anblick des zweiten Werkstücks von Merle Lödige. Das Gefäß für ihre Pflanzarbeiten durften die Teilnehmer bereits im Vorfeld des Wettbewerbs selbst wählen oder anfertigen. Obwohl sie in ihrer Freizeit gerne Vasen töpfert, griff die Auszubildende aus Schieder für diese Aufgabe zum Schweißgerät. Sie fertigte ein Metallgestänge und beklebte es in mühevoller Kleinarbeit mit den Blättern vom Silbertaler "Lunaria annua".
Auf dem LGS-Gelände hatten sie und ihre Mitbewerber dann eine Stunde Zeit, um ihre Gefäße bienen- und schmetterlingsfreundlich zu bepflanzen. Merle Lödige wählte dafür unter anderem die Passionsblume und Katzenminze aus. Und die zeigten auch gleich ihre Wirkung: "Bei der Arbeit musste ich gut aufpassen, nicht von der ein oder andere Biene gestochen zu werden."
Stolze Chefin
Richtig spannend wurde es bei der dritten Aufgabe, denn hierbei wussten die Teilnehmer überhaupt nicht, was sie erwartet. Spontan mussten sie zum Thema "Indian Summer" in 70 Minuten Tischschmuck gestalten. Zum Abschluss war dann noch ein Blumenstrauß zu binden, der alle Sinne anspricht. Als Vorbild sollte dabei Corveys Klostergarten dienen.
"Das war ein tolles Gefühl", berichtet Merle Lödige von dem Moment, als sie schließlich erfuhr, dass sie zur besten Nachwuchs-Floristin in Nordrhein-Westfalen gekürt wurde. Und auch ihre Chefin Anne Bussen zeigte sich stolz: "Ich bin sehr zufrieden mit ihren Arbeiten. Sie hat alles so umgesetzt, wie wir es geübt haben." Und dies soll auch nicht der letzte Berufswettbewerb für die 20-Jährige, die ihrer Kreativität gerne auch beim Malen freien Lauf lässt, gewesen sein. Im nächsten Jahr will sie zum wiederholten Mal beim Cup der internationalen Pflanzenmesse in Essen teilnehmen.