Schieder-Schwalenberg. Es scheint nach fast vier Jahrzehnten Leerstand beinahe wie ein Wunder, doch es ist wahr: Ein Paar aus Steinheim hat die Künstlerklause in Schwalenberg gekauft. Das markante Gebäude an der Alten Torstraße, das vor allem durch die einzigartige Fassadenmalerei des Künstlers Friedrich Eicke den Blick eines jeden Besuchers auf sich zieht, scheint damit vor dem endgültigen Verfall gerettet.
Connie Wille (55) lacht, wenn sie sich an ihre erste Begegnung mit der Künstlerklause erinnert: „Ich bin 2019 mit einer Freundin in Schwalenberg spazieren gegangen und habe den Zettel am Haus entdeckt. Da hab ich gesagt: Wenn ich mal genug Geld hab, kaufe ich das.“ Die 55-Jährige wohnt bereits zu jener Zeit im „CreativHaus“ in Ottenhausen, einem alten Bauernhaus. 2021 lernte sie Heiner Schäfer (60) kennen, einen Grafikdesigner und Filmemacher, der in Detmold aufgewachsen ist und danach unter anderem in Darmstadt, Hamburg und Berlin lebte.
Kleinkunst für Schwalenberg
Was die beiden unter anderem eint, ist die kreative Ader - und das Interesse an Kulturellem, an Konzerten, Lesungen, Ausstellungen. Auch in ihrem „CreativHaus“ in Ottenhausen, versuchen sie, Kleinkunst zu etablieren. Connie Wille lebt dort bereits seit 24 Jahren, aber kann nicht so recht Fuß fassen. Das Publikumsinteresse bleibt klein. Das, sagen die beiden, sei in Schwalenberg ganz anders. Und so haben sie große Pläne für die Künstlerklause.
Doch wie kam es überhaupt zu der Idee, das jahrzehntelang leer stehende Objekt zu kaufen? „Wir waren auf der Suche nach etwas Neuem, und da sprang mich die Künstlerklause bei EBay-Kleinanzeigen an“, erinnert sich Connie Wille. Da müssen wir hinfahren und uns das anschauen, habe sie zu ihrem Partner gesagt.

Pläne bringen Ernüchterung
Als das Paar die Pläne in die Finger bekommt, ist die Ernüchterung zunächst groß, denn die Deckenhöhe des alten Hauses reicht nicht aus, um eine geplante Bühne einzubauen. Doch dann die Überraschung: Die Pläne sind veraltet. Der Vorbesitzer, der mit der Sanierung vor einigen Jahrzehnten bereits begonnen und dann aber abgebrochen hatte, hatte die Deckenhöhe bereits 30 Zentimeter angehoben. Der Denkmalschutz innen ist, wie berichtet, längst aufgehoben.
Jetzt machen Wille und Schäfer Nägel mit - zunächst halben - Köpfen: Sie bitten den Makler Eckhard Strüber im August 2022, die Künstlerklause für sie zu reservieren. Denn erst muss Schäfer noch ein Haus bei Berlin verkaufen, um genügend Kapital zu haben. „Außerdem haben wir eine Wohnung oder ein Haus in Schwalenberg gesucht, damit wir später bei der Sanierung der Künstlerklause näher dran sind“, erzählen die beiden. Strüber willigt ein - er sucht schon lange vergeblich nach einem Investor.

Zunächst sei nichts zu finden gewesen, doch dann entdecken sie rein zufällig das Nachbarhaus. Auch das steht bereits seit vier Jahren leer, nachdem die ehemalige Besitzerin gestorben war. Schäfer und Wille kaufen das Haus im März vergangenen Jahres - und müssen erst einmal entrümpeln. In Erinnerung an die Vorbesitzerin nennen sie es „Hanaa’s Lounge“ und kündigen an, im Erdgeschoss Lesungen, Ausstellungen, Konzerte und andere Kleinkunst in kleinem Rahmen stattfinden zu lassen - 20, maximal 40 Gäste fänden hier Platz, sagen sie, nachdem bereits erste Veranstaltungen über die Bühne gegangen sind.
Bürgermeister erschrocken
„Der Bürgermeister war ganz erschrocken, weil er dachte, dass wir nun kein Interesse mehr an der Künstlerklause hätten. Aber da konnten wir ihn beruhigen“, lacht Connie Wille. Denn Künstlerklause und Hanaa’s Lounge, die beiden Veranstaltungsräume in direkter Nachbarschaft, sollen sich gegenseitig ergänzen. Bis es jedoch so weit ist, werden Schäfer und Wille im kleinen Rahmen in Hanaa’s Lounge weitere Veranstaltungen anbieten - und die obere Etage, die durch einen Wasserschaden stark beschädigt wurde, renovieren, denn perspektivisch wollen die beiden in das Haus einziehen.
Und wie geht es nun mit der Künstlerklause weiter? „Wir haben einen Architekten gefunden und wollen nach ungefähr einem Vierteljahr Planungsphase im Frühjahr mit der Sanierung beginnen“, erläutert Heiner Schäfer. Im Erdgeschoss soll eine große Bühne mit modernster Ton- und Videotechnik entstehen, die zu einem Schulungsraum umgebaut werden kann, um auch externen Gruppen die Möglichkeit zu bieten, Seminare in dem Gebäude abzuhalten. Damit, sagt das Paar, wolle es Geld verdienen.
Eröffnung 2025 geplant
Im hinteren Bereich ist eine Küche geplant - wobei: „Wir möchten mit der bestehenden Gastronomie zusammenarbeiten und keine eigene Küche anbieten“, betonen die neuen Besitzer. Gäste sollen unten in einer Art Bistro und auf der Empore in einer Lounge Platz nehmen können - zudem schwebt Connie Wille noch ein kleiner Bereich vor, in dem über die Geschichte der Künsterklause informiert wird.

Wenn alles gut laufe, könne die Künstlerklause, so die Pläne des Paares, bereits im Frühsommer 2025 wieder eröffnen. Und auch für die Sanierung der Fassade mit den Eicke-Fresken gibt es schon Ideen: „Dafür möchten wir gerne einen Förderverein ins Leben rufen und rechnen auch mit Fördergeldern“, sagt Heiner Schäfer. Zwar habe der Vorbesitzer die markanten Porträts vor Jahrzehnten einmal nachzeichnen lassen, aber die Witterung hat der Fassade inzwischen stark zugesetzt - vor allem am Sockel sind die Malereien nach dem Hochwasser im April 2023 stark beschädigt. Das soll auf keinen Fall so bleiben - Schäfer und Wille sehen sich in der Verantwortung: „Schließlich haben wir ein überdimensioniertes Gemälde gekauft.“