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Böse Überraschung: Schieder-Schwalenberg bekommt statt 64.000 nur 4000 Euro

Marianne Schwarzer

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Seit November ist Robert Wiedemann Schulsozialarbeiter an den beiden Grundschulen und den Offenen Ganztags-Grundschulen in Schieder-Schwalenberg. Er ist, sagt er selbst, mehr der sportliche Typ. - © Marianne Schwarzer
Seit November ist Robert Wiedemann Schulsozialarbeiter an den beiden Grundschulen und den Offenen Ganztags-Grundschulen in Schieder-Schwalenberg. Er ist, sagt er selbst, mehr der sportliche Typ. (© Marianne Schwarzer)

Schieder-Schwalenberg. Als das Thema im Juni auf der Tagesordnung des Bildungsausschusses stand, da waren alle Beteiligten sich vollkommen einig: Ein Schulsozialarbeiter muss her. Einstimmig fassten die Lokalpolitiker darauf den Beschluss, in Kooperation mit dem SOS-Kinderdorf, Beratung und Treffpunkt in Blomberg eine Vollzeitstelle einzurichten.

Was die Finanzierung angeht, so sah es ganz gut aus: Die Schieder-Schwalenberger gingen seinerzeit davon aus, dass das Land von den geschätzt 71.000 Euro Personalkosten etwa 80 Prozent übernehmen würde. Zwar klappte die Einstellung nicht mehr zu Beginn des neuen Schuljahres, aber im November 2023 hat Sozialpädagoge Robert Wiedemann seine Arbeit aufgenommen.

Jungs brauchen Vorbilder

Und wurde mit offenen Armen empfangen: „Wir sind sehr froh, dass er uns unterstützt“, betont Sabine Sorbeck, Leiterin der Grundschule Schieder. „Ein Schulsozialarbeiter ist in jeder Schule wichtig, damit die Kinder einen Ansprechpartner haben, der sie nicht bewertet, also außerhalb des Kollegiums“, betont sie.

Zwar hat sich die Schule bereits auf den Weg gemacht, die Sozialkompetenzen der Kleinen zu stärken. Es gibt sogar jede Woche in jeder Klasse eine „Teamgeister-Stunde“, die für soziales Lernen reserviert ist. Doch gerade die sozialen Fähigkeiten sind wichtiger denn je, um die Kinder stark für die Zukunft zu machen. Dass ihnen nun mit Robert Wiedemann eine männliche Bezugsperson zur Verfügung steht, sei ein doppelter Glücksfall, vor allem mit Blick auf die Schüler: „Jungs brauchen manchmal auch andere Vorbilder.“

So sieht es auch ihre Kollegin Birgit Patallas, Leiterin der Schwalenberger Alexander-Zeiss-Grundschule. „Für uns ist der Schulsozialarbeiter ein ganz großer Gewinn“, betont sie. „Aber auch für unsere Eltern, es haben sich bereits auch einige an ihn gewandt.“ Denn manchmal hätten Mütter und Väter selbst nicht so tolle Erinnerungen an die eigene Schulzeit, und da sei ein neutraler Ansprechpartner Gold wert.

Gewaltfreies Miteinander

Natürlich braucht Robert Wiedemann noch ein bisschen Zeit, die wenigen Wochen vor Weihnachten und die Weihnachtsferien waren sicher kein optimaler, weil sehr später Einstieg. Aber schon haben die Kinder den 34-Jährigen ins Herz geschlossen, wie sich bei einem Besuch der LZ in der Schwalenberger OGS zeigt: Der Vater einer 14-monatigen Tochter steckt mitten im Gewühl, während um ihn herum ein gewöhnungsbedürftiger Lärmpegel herrscht.

Das Gespräch mit der LZ führt er allerdings in der Abgeschiedenheit der Schulbücherei, in der er derzeit sein improvisiertes Büro hat. Warum hält er persönlich Schulsozialarbeit für wichtig? - „Beim Sozialverhalten ist es wie mit vielen anderen Dingen, die man lernt. Je besser es früh eingeübt wird, desto besser prägt es sich für die Zukunft ein.“ Das gilt beispielsweise auch für gewaltfreie Kommunikation, die einen wichtigen Baustein im sozialen Miteinander darstellt.

Wiedemann hat neben dem Studium und seiner Berufserfahrung in der Jugendhilfe auch eine Ausbildung zum Systemischen Berater - für SOS-Kinderdorf Treffpunkt und Beratung mit einer der Gründe, warum die Wahl auf ihn gefallen war. „Und tatsächlich, weil er ein Mann ist, die in diesem Bereich der Schulsozialarbeit eher selten zu finden sind“, sagt sein Chef Holger Nickel.

Böse Überraschung

So wichtig alle Beteiligten das Thema schulbezogene Soziale Arbeit empfinden, so enttäuscht sind sie auch in Sachen Finanzen. Das Konzept sah vor, dass 80 Prozent der Kosten vom Land übernommen würden, aus einem Fördertopf, den der Kreis Lippe für das Land NRW an die Kommunen verteilt. „Wir haben bereits im Sommer Bescheid bekommen, dass unser Projekt gefördert wird, nur die genaue Summe stand noch aus“, berichtet Schieder-Schwalenbergs Bürgermeister Jörg Bierwirth.

Mit etwa 64.000 Euro Förderung hatte die Stadt gerechnet, und so bekam SOS-Kinderdorf das Go, um die Stelle auszuschreiben. „Dass wir aber nur 4000 Euro bekommen sollen, das haben wir erst im Dezember erfahren“, erklärt Bierwirth. Mit anderen Worten: Die Stadt bleibt nun auf den Kosten für ein Projekt sitzen, das politisch landesweit ausdrücklich gewollt ist. „Wir als Kommune sollen hier Feuerwehr spielen, aber wir wissen einfach nicht, wie wir unsere Aufgaben bewältigen sollen“, echauffiert sich das Stadtoberhaupt.

Rückzieher kommt nicht in Frage

Einen Rückzieher zu machen, nachdem Robert Wiedemann seine Arbeit bereits aufgenommen hat, wäre auch nicht in Frage gekommen. „Wir standen da ja im Wort“, betont Bierwirth.

Allerdings ist nun unklar, wie es weitergehen soll. „Unterm Strich ist das eine politische Entscheidung“, sagt Holger Nickel dazu. Bis zum Ende des Schuljahres kommt die Finanzierung aus dem Stadtsäckel, für drei Monate nimmt Robert Wiedemann während der Sommerferien und kurz davor wie vereinbart Elternzeit. Aber ob im kommenden Schuljahr noch ein Sozialarbeiter für Schieder-Schwalenbergs Grundschüler parat steht, hängt vor allem von der politischen Meinung der Ratsmitglieder und ihrer Entscheidung ab.

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