Warum an der Todeskreuzung bei Nessenberg jetzt ein weißes Fahrrad steht

Schieder-Schwalenberg. Sie sind Radfahrer aus Passion, die aktiven Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs Kreis Lippe. Und wenn wie am Karsamstag auf der Landstraße 886 ein Mensch bei einer Tour mit dem Fahrrad sein Leben verliert , dann fühlen auch sie sich betroffen. Eine knappe Woche nach dem tragischen Unglück haben sich fünf von ihnen am Unfallort bei Nessenberg versammelt: Vorsitzender Manfred Wiehenkamp, Frank Loke für das Fachgebiet Radverkehr, dazu Wolfgang Buschkamp, Friedrich Capelle und Wilhelm Grabbe treffen sich hier mit der LZ-Redaktion, um ein Mahnmal zu errichten.

Doch noch bevor sie überhaupt ins Reden kommen, kreuzt ein aus Wöbbel kommender E-Bike-Fahrer die Straße: &bdquo;Da hilft nur eins, eine Ampel und eine Radarfalle müssen hierher, das ist die einzige Möglichkeit“, ruft der Mann der Gruppe zu. Doch genau das ist es, worüber sie jetzt, an diesem nasskalten Freitagmittag, eben nicht reden wollen. &bdquo;Bevor wir uns dazu äußern, müssen wir erst einmal abwarten, was die Ermittlungen zum Unfall ergeben“, betont Manfred Wiehenkamp. &bdquo;Uns geht es hier und heute ums Erinnern.“

Tradition aus den USA Der ADFC plane sehr wohl, auch seine Sicht der Dinge in Bezug auf die Nessenberg-Kreuzung kundzutun. &bdquo;Wir werden was dazu sagen, nur nicht jetzt. Das ist auch der Grund, warum wir zu diesem Termin keine Behördenvertreter eingeladen haben. Der Bürgermeister Jörg Bierwirth und der Landrat Dr. Axel Lehmann sind aber darüber informiert, dass wir das vorhaben.“

Das Mahnmal ist ein sogenanntes Ghost-Bike, also ein &bdquo;Geister-Rad“. Ein ausgedientes Fahrrad, das die Aktiven des Fahrradclubs weiß angestrichen und nun an das Brückengeländer über den Diestelbach gekettet haben. &bdquo;In stillem Gedenken“ steht auf dem weißen Schild, das unterhalb des Sattels angebracht ist, und am Hinterrad ist ein kleiner Topf mit Blümchen befestigt. &bdquo;Das ist eine Tradition, die ursprünglich aus Amerika stammt, hierzulande aber meist in den großen Städten zu finden ist“, berichtet der Vereinschef. &bdquo;Es geht darum, an alle zu erinnern, die bei einem Radunfall ums Leben gekommen sind.“

Ganz bewusst steht das Ghost-Bike auf dieser Seite der Kreuzung und nicht auf der anderen, wo bereits Angehörige und Freunde zum Gedenken an die junge Frau Blumen und Kerzen aufgestellt haben: &bdquo;Auf dieser Seite haben wir die bessere Sichtachse“, erläutern die Radfahrer.

Denkanstoß für alle Verkehrsteilnehmer Denn nicht nur die Erinnerung ist den Initiatoren wichtig, sondern auch die Mahnung und ein Denkanstoß: &bdquo;Es soll einfach alle Verkehrsteilnehmer ins Grübeln bringen und über ihr eigenes Verhalten im Straßenverkehr nachdenken lassen“, sagt Frank Loke, der sich beim ADFC um das Fachgebiet Radverkehr kümmert. &bdquo;Wenn alle mehr Rücksicht aufeinander nähmen, wäre viel geschafft.“

Dass die Autofahrer möglicherweise die Bedeutung des weißen Ghost-Bikes nicht auf Anhieb beim Vorbeifahren erkennen, ist dabei einkalkuliert: &bdquo;Dann fragen sie sich vielleicht, was das soll, und gehen der Sache auf den Grund.“ Aufmerksamkeit allein helfe auch schon, meint Loke.

Es ist in Lippe erst das zweite Mal, dass der ADFC ein solches Mahnmal errichtet hat. &bdquo;Das erste Mal war im Frühjahr 2020 an der Rintelner Straße“, berichtet Wiehenkamp. &bdquo;Damals hat ein Lastwagen eine ältere Radfahrerin beim Rechtsabbiegen übersehen.“ Die LZ hatte damals über den Vorfall berichtet, bei dem die 80-jährige Frau auf ihrem Rad von einem Lastwagengespann erfasst worden war . Darauf stellte der ADFC das weiße Rad, geschmückt mit Blumen, an der Ampelkreuzung auf.

Allerdings sind diese Mahnmale niemals als Dauerzeichen gedacht: &bdquo;Wir lassen es immer nur für einige Monate am Unfallort stehen.“ Der Verein verfügt über zwei Ghost-Bikes, die in der ADFC-Station in Bad Meinberg eingelagert sind.

Zwei Touren am Wochenende Vereinsvorsitzender Wiehenkamp schaudert, wenn er an den Tag des Unfalls bei Nessenberg zurückdenkt: &bdquo;Eigentlich hatten wir für genau diesen Tag eine Route zum Schieder-See geplant, und die sollte uns genau über diese Kreuzung führen. Wir wären genau in diesen Unfall gefahren, und das möchte man als Tourleiter auch nicht erleben.“ Ohnehin ist das Fahren im Pulk gar nicht so einfach: &bdquo;Dafür machen unsere Leute ja alle eigens eine Fortbildung.“

Apropos Touren: Für die Aufstellung des Ghost-Bikes hat der Vereinsvorstand ganz bewusst dieses Wochenende gewählt, denn am Samstag, 25. April, ist ab 13 Uhr eine Radtour von Bad Meinberg nach Blomberg über Wöbbel geplant, und am Sonntag, 26. April, ab 11.30 Uhr von Lemgo über Blomberg ins Emmertal. &bdquo;Beide Touren führen an der Gedenkstätte vorbei.“

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