„Einfach immer Sprechen“: Deutschkurs-Absolventen machen aktuellen Schülern Mut

Schieder-Schwalenberg (ne). Sie kommen aus China, dem Irak, der Ukraine oder Afghanistan und haben im Integrationskurs bei der Volkshochschule Lippe-Ost ein gemeinsames Ziel: Deutsch lernen und damit im Berufsleben Fuß fassen. Diese Kurse werden seit fast 10 Jahren angeboten. Der Vierte läuft aktuell und nähert sich mit den vorgeschriebenen 900 Stunden bald dem Ende. Um einmal ein Zwischenfazit zu ziehen, haben die Kursleiter einen &bdquo;Expertentag“ einberufen, bei dem ehemalige Kursteilnehmer von ihren Erfahrungen berichten und Tipps gegeben.

Die Teilnehmer kommen gern in den Kurs von Fachbereichsleiterin Nicole Grützmacher, denn hier muss sich niemand schämen, wenn die Aussprache noch nicht so richtig klappen will. &bdquo;Der Kurs umfasst immer 900 Stunden und wird entweder vom Jobcenter oder vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeordnet“, erklärt Grützmacher. &bdquo;700 Stunden davon konzentrieren sich aufs Deutsch lernen, 100 Stunden widmen sich der Berufsvorbereitung und wieder 100 Stunden der Prüfungsvorbereitung. Heute wollen wir einmal schauen, wo unsere Teilnehmer aktuell stehen und wie sie selbst die Lage einschätzen.“ Dafür sammeln sie in kleinen Gruppen Gedanken zu den Themen &bdquo;Hürden und Ängste“, &bdquo;Ziele“, &bdquo;Meilensteine“ und &bdquo;Tipps und Tricks“. Sechs ehemalige Teilnehmer sind für diese Veranstaltung hinzugekommen.

Deutsch ist schwierig Vor zwei Jahren kam etwa der heute 25-jährige Adboulaye Bah aus Guinea in Westafrika alleine nach Deutschland. Das Land habe ihm schon immer gut gefallen, sagt er, vor allem wegen der guten Fußballmannschaft. Fußball, das sei seine große Leidenschaft. In Blomberg, wo er zurzeit wohnt, habe zuerst auch im Verein gespielt. Nun habe er aber Probleme mit seinem Knie.

&bdquo;Deutsch ist eine schwierige Sprache“, sagt er. Bisher spricht er Fulani und ein wenig Französisch. Doch der Kurs der VHS helfe ihm sehr. Am Montag werde er ein zweiwöchiges Praktikum im Marktkauf in Blomberg beginnen. &bdquo;Ich habe in meiner Heimat schon als Verkäufer gearbeitet und weiß daher ungefähr, was auf mich zukommt. Nach dem Kurs würde ich aber sehr gern eine Ausbildung in der Altenpflege beginnen.“ Auch wenn er zuhause regelmäßig an seinen Deutschkenntnissen arbeite, erhoffe er sich auch durch das Praktikum einen weiteren Fortschritt.

Vom Deutschkurs zum Traualtar Bereits im Jahr 2015 kam der heute 31-jährige Mohammad Ballan mit zwei Freunden aus Syrien nach Deutschland. Zuerst landete er in Sabbenhausen in Lügde. Nach sieben Monaten habe er sich dann gemeinsam mit seinen beiden Freunden für den Kurs bei der VHS angemeldet und nebenbei gleich die erste Arbeitsstelle angenommen. &bdquo;Ich habe morgens von vier bis sieben Uhr im Krankenhaus in Bad Pyrmont als Reinigungskraft gearbeitet, das hat mir beim Erlernen der Sprache sehr geholfen“, erinnert er sich. Noch als er auf Deutsch lediglich &bdquo;Ja“ und &bdquo;Nein“ sagen konnte, lernte er seine jetzige Frau kennen, und zwar in der Sparkasse, als er ein Konto eröffnen wollte. &bdquo;Zwei Monate später haben wir in Dänemark geheiratet.“ Selbstredend, dass seine sprachlichen Fortschritte damit rasant vorangingen, denn seine Frau sei Deutsche. &bdquo;Vor sieben Jahren haben wir ein Haus in einem Ort in Holzminden gekauft und selbst renoviert“, verrät er. Mittlerweile habe das Paar zwei kleine Kinder.

Arbeitstechnisch sei er stets am Ball geblieben. &bdquo;Ich habe bei meinem Schwiegervater als Klempner gearbeitet, dann als Garten- und Landschaftsbauer und habe dann meinen Schweißerschein für Edelstahl gemacht.“ Nun arbeite er zum einen bei der Firma Symrise und sei zudem noch selbstständig mit einem Hausmeisterservice. Als Experte den jetzigen Kursteilnehmern ein paar Ratschläge mit auf den Weg zu geben, das sei ihm eine Herzensangelegenheit.

Akzeptanz und Respekt Dass ihm in Sachen Integration in die Gesellschaft niemand etwas vormacht, wird spätestens dann deutlich, wenn er von seinem Leben in seiner Nachbarschaft erzählt. &bdquo;Ich selbst und meine Kinder sind Muslime, meine Frau ist Christin. Das ist aber überhaupt kein Problem, auch in unserer Nachbarschaft nicht. Wir verstehen uns alle sehr gut und akzeptieren und respektieren uns genau so wie wir sind. Wenn eine Grillparty geschmissen wird, dann gibt es einfach ein paar Bratwürstchen ohne Schweinefleisch und fertig.“

Für das Gelingen einer solch guten Integration hat Mohammad Ballan viele eigene Erfahrungen beizusteuern, denn wie von Zauberhand funktioniere das seiner Ansicht nach eher weniger. &bdquo;Die Sprache ist der Schlüssel“, nimmt er vorweg. &bdquo;Man sollte sich nicht schämen, auch wenn man die Sprache noch nicht so gut beherrscht. Einfach immer sprechen, das ist wichtig.“ Entscheidend sei es seiner Meinung nach auch, Respekt den anderen gegenüber zu zeigen und alle Menschen mit ihren Werten und Vorstellungen zu akzeptieren. Ein Führerschein für die eigene Unabhängigkeit und einen Job dürfe auch nicht fehlen. &bdquo;Pünktlichkeit ist hier in Deutschland wichtig, daran halte ich mich auch immer strikt.“

Seine Empfehlung sei zudem, die eigene Muttersprache nicht immer dort zu sprechen, wo andere Menschen sie nicht verstehen. &bdquo;Ich selbst habe es auch gemerkt, als ich noch kaum Deutsch sprechen konnte: Ich habe nichts verstanden und oft gedacht, die Menschen würden über mich sprechen, das ist ein blödes Gefühl.“

Dass die Deutschen es oft skeptisch sehen, wenn Menschen aus anderen Ländern in ihre Städte ziehen, könne er ebenfalls verstehen, denn das sei in Syrien nicht anders gewesen. &bdquo;Als der Krieg begann, beschwerten sich die Menschen auch über die Fremden, die in ihre Städte kamen, obwohl sie ebenfalls aus Syrien stammten.“ In Deutschland habe er bisher aber noch keine Feindseligkeit erfahren.

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