Schieder-Schwalenbergs scheidender Bürgermeister schließt die Rathaustür nicht ohne Wehmut

Schieder-Schwalenberg. Die Zeit des Abschieds rückt näher. Auch wenn Bürgermeister Jörg Bierwirth derzeit noch sehr viel um die Ohren hat, lässt sich inzwischen auch für ihn der Gedanke nicht mehr beiseiteschieben: Seine Amtszeit ist bald vorbei. Eine Entscheidung, die der 58-Jährige bewusst getroffen hat, indem er nicht mehr zur Wahl angetreten ist. Nach wie vor sei er der Meinung, damit den für ihn richtigen Schritt gegangen zu sein. Trotzdem sei auch eine große Portion Wehmut dabei: &bdquo;Das fällt mir schon sehr schwer“, sagt er im Gespräch mit der LZ, bei dem er noch einmal auf die vergangenen zehn Jahre zurückgeblickt und am Ende die Frage offengelassen hat, ob nun eine Karriere als &bdquo;Influencer“ winkt.

&bdquo;Das Wort ,vorbei’ tut schon weh“, gibt der Noch-Bürgermeister ehrlich zu. Er hätte auch gerne weitergemacht, doch wie er bereits häufig erklärte, hätten ihn die aktuellen Rahmenbedingungen davon abgehalten. Er habe den Anspruch, anzupacken und zu gestalten, sagt er. Das sei derzeit nicht mehr möglich. &bdquo;Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich unzufrieden geworden wäre“, erklärt er seine Entscheidung.

Das Amt zur Priorität gemacht

Wenn Bierwirth in zwei Wochen die Rathaustür in Schieder hinter sich schließt, dann nimmt er zahlreiche Erinnerungen und viele Erfahrungen mit. Zehn schöne, aber auch herausfordernde Jahre liegen hinter ihm, wie an seinen Ausführungen deutlich wird. &bdquo;Wir sind ja von einer Krise in die andere gestolpert: Flüchtlingskrise, Corona, wieder Flüchtlingskrise, Energiekrise - eine Dauerkrisenzeit.“

Verlässt der scheidende Bürgermeister Ende dieses Monats den Chefsessel im Rathaus, dann hat er reichlich Urlaubstage, die er nicht in Anspruch nahm, und massig Überstunden, die er nie abfeierte, im Gepäck. Nicht zuletzt daran wird deutlich, dass für Jörg Bierwirth das Amt des Bürgermeisters mehr als nur ein Beruf gewesen ist. Vielmehr hat er es zur Priorität gemacht, sodass auch die Familie häufig zurückstecken musste. &bdquo;Wenn ich überhaupt mal etwas Privates geplant habe, habe ich es um die dienstlichen Belange herumgeplant“, erzählt er von seiner Freizeitgestaltung in den vergangenen Jahren. Viele Veranstaltungen, die er als Bürgermeister besucht, oder Glückwünsche, die er überbracht habe, habe er auch nicht als Arbeit angesehen: &bdquo;Ich habe das aus Überzeugung gemacht.“

Gespräche mit den Bürgern haben ihm am meisten gegeben

Denkt Bierwirth an das Erreichte zurück, fallen ihm viele große Projekte ein: die Umnutzung des Schulgebäudes in Schieder, die neuen Feuerwehrgerätehäuser oder auch die Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses in Brakelsiek - um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dann seien da auch noch einige Projekte, in die er viel Arbeit gesteckt habe, die jedoch noch nicht abgeschlossen sind. So etwa das ISEK in Schwalenberg und die Erschließung des Baugebietes &bdquo;Seeblick II“ in Schieder. &bdquo;Natürlich hätte ich da gerne noch den Erfolg greifbar gehabt“, sagt er.

Was ihm rückblickend persönlich jedoch am meisten gegeben hätte, seien nicht die großen Baumaßnahmen, sondern vor allem die &bdquo;kleinen Dinge“ gewesen. &bdquo;Die Gespräche mit den Bürgern.“ Situationen, in denen er Menschen bei ihren Problemen helfen konnte. So berichtet er beispielsweise von einer Frau, die im Dschungel der Bürokratie verzweifelt sei. &bdquo;Wenn man dann helfen kann, und sieht, wie glücklich derjenige ist, sind das die Dinge, wo ich sage ,klasse, dass wir das geschafft haben’.“ Deswegen sei es als Bürgermeister so wichtig, das Ohr nah dran am Bürger zu haben, wie er betont.

Gute Zusammenarbeit mit dem Rat

Auch auf die Arbeit mit dem Rat schaut Bierwirth positiv zurück, obwohl er bei seinem Amtsantritt vor zehn Jahren Schlimmes befürchtet habe. Zu dieser Zeit sei bekannt gewesen, dass die Zusammenarbeit im Rat problematisch sei. Doch er selbst habe davon nichts zu spüren bekommen. Bierwirth berichtet von einer konstruktiven und sachlichen Zusammenarbeit, die geprägt davon war, Probleme zu lösen. &bdquo;Wir haben gemeinsam gearbeitet und das hat ganz wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Stadt, wie ich finde, gut entwickelt hat.“

Auch in der Bevölkerung habe man einen Ruck wahrnehmen können. &bdquo;Was hier ehrenamtlich passiert ist, ist fantastisch“, erklärt er. Das Ehrenamt habe in Schieder-Schwalenberg in den vergangenen Jahren sehr viel bewegt. Das erkenne man nicht nur an verschiedenen Projekten, die auf diese Weise verwirklicht wurden, auch der Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft und die Lebensqualität seien dadurch gewachsen. &bdquo;Die Stadt braucht das Ehrenamt“, betont Bierwirth. Deswegen sei es ihm immer wichtig gewesen, dieses nach Kräften zu unterstützen.

Eine Zukunft als &bdquo;Influencer“? Dass er sich nach seiner Amtszeit wieder selbst ehrenamtlich einbringt, sei für ihn selbstverständlich, sagt er. Was er genau machen wird, das weiß Bierwirth aktuell noch nicht. &bdquo;Ich habe schon so viele Anfragen von Vereinen, ob ich künftig irgendwelche Posten übernehme“, erzählt er. &bdquo;Ich werde jetzt aber nicht überall den Vereinsvorsitz machen“, sagt er und lacht.

Und wie geht es nun beruflich für den 58-Jährigen weiter? &bdquo;Das lasse ich erst mal auf mich zukommen“, sagt er. Konkrete Pläne habe er noch nicht. Wie wäre es mit &bdquo;Influencer“? Schließlich hat er durch seine Öffentlichkeitsarbeit in den sozialen Netzwerken gezeigt, dass ihm diese Arbeit liegt. &bdquo;Mir macht das ja schon Spaß“, erzählt er. Ob und wie er das weitermacht, müsse er aber noch überlegen. Doch eins steht für ihn fest: &bdquo;Ich werde definitiv nicht das kommunalpolitische Geschehen kommentieren.“ Werbung für die Stadt mit kleinen Videodrehs könne er sich hingegen gut vorstellen.

&bdquo;Gefühlt waren es 20 Jahre“

Was gibt der scheidende Bürgermeister seinem Nachfolger Marco Müllers mit auf den Weg? &bdquo;Die Sorgen und Nöte der Bürger, mögen sie noch so klein erscheinen, ernst nehmen“, hält Bierwirth für besonders wichtig. Außerdem sei es ihm immer um die Stadt Schieder-Schwalenberg und um die Bürger gegangen, nie um seine eigenen Interessen. Was die Arbeit mit dem Rat betrifft, empfiehlt er einen respektvollen Umgang. &bdquo;Natürlich gibt es auch Konflikte“, sagt er. Doch die habe er im Regelfall unter vier Augen und hinter verschlossenen Türen geklärt. Man dürfe niemanden vorführen oder dergleichen. &bdquo;Das halte ich für sehr wichtig, um das politische Klima vernünftig zu gestalten.“

Für Jörg Bierwirth geht nun eine sehr intensive Zeit zu Ende. &bdquo;Gefühlt waren es 20 Jahre“, gibt er zu, dass das Amt auch an seinen Kräften gezerrt habe. Daher ist es nun an der Zeit, erst einmal in Ruhe durchzuatmen. Und für viele Schieder-Schwalenberger, die ihn gerne länger im Amt gesehen hätten, steht fest: Bierwirth hinterlässt große Fußstapfen.

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