Im Video: Diese Kandidaten wollen Chef im Rathaus Schieder werden - das unterscheidet sie

Schieder-Schwalenberg. Ihre Duz-Freundschaft ist noch recht frisch: Seit sie sich zu Pfingsten beim Schwalenberger Schützenfest trafen, sind die beiden Bürgermeisterkandidaten von Schieder-Schwalenberg, Swen Horstmann (42, SPD) und Marco Müllers (52, parteilos), per Du. Und offenbar verstehen sich die beiden ganz gut - denn auf harte Konfrontation war keiner von beiden beim von LZ-Redakteurin Michaela Weiße moderierten Streitgespräch im Foyer des LZ-Verlagshauses in Detmold aus. Am Ende bedankten sie sich gegenseitig für den fairen Umgang. In allem einig waren sich die beiden dennoch nicht.

Was werden Sie am ersten Arbeitstag im Rathaus tun? &bdquo;Erst mal mit den Mitarbeitern Kaffee trinken“, sagt Marco Müllers, denn er muss die Mannschaft zunächst kennenlernen. Da hat ihm Swen Horstmann als bisheriger Kämmerer der Stadt was voraus, denn seine Kollegen und die Abläufe im Rathaus sind ihm bekannt. &bdquo;Ich werde als erstes ein Ehrenamtsbüro einrichten“, plant er. Die Aufgabe werde er einem der Mitarbeiter unmittelbar übertragen.

Müllers ist einer &bdquo;von hier“, Schieder-Schwalenberger durch und durch, und er sagt, er sei durch seine jahrzehntelang ehrenamtliche Tätigkeit als Leichtathletiktrainer gut vernetzt und sieht auch Wählerpotenzial bei den Jüngeren. Er habe als Betriebsprüfer der Finanzverwaltung auch Verständnis für die freie Wirtschaft: &bdquo;Sie werden mich als Ansprechpartner suchen“, glaubt er. Weiterer Vorteil: Er sei unabhängig und parteilos - wie auch Amtsinhaber Jörg Bierwirth.

Seine SPD-Zugehörigkeit sieht Horstmann dagegen nicht als Nachteil, selbst wenn es im Rat künftig eine Zählgemeinschaft ohne SPD-Beteiligung geben wird: &bdquo;Ein Bürgermeister ist immer parteiübergreifend aktiv.“ Und: Dass er nicht aus Lippe käme, sei ebenfalls nicht nachteilig: &bdquo;Der Blick von außen auf eine Stadt hat auch Vorteile.“ Vor allem, wenn man gute Ideen habe.

Welche Themen sind Ihnen besonders wichtig? Marco Müllers will sich erst mal &bdquo;im Keller einschließen und mit Haushaltsplänen und Jahresabschlüssen beschäftigen“. Um ins Geschäft zu kommen, werde er auch alle laufenden Projekte auf den Prüfstand stellen und deren aktuellen Stand im neuen Stadtrat vorstellen. Besonders wichtig sind ihm die gesundheitliche Nahversorgung, das Stadtentwicklungskonzept ISEK für die Schwalenberger Innenstadt und die Sanierung und Schaffung neuer Sportanlagen: &bdquo;Und damit meine ich nicht Bolzplätze, davon haben wir genug.“ Dagegen sei Schieder-Schwalenberg die einzige Kommune in Lippe ohne Kunstrasenplatz, Multifunktionsspielfeld, Tartanbahn und Dreifachturnhalle.

Horstmann weist die Kritik an dem angeblich schwachen Sport-Standort zurück: &bdquo;Wir haben einen Sportplatz in Wöbbel in gutem Zustand, einen Kunstrasenplatz am Tennisplatz - und gerade 1,3 Millionen Euro für den ersten Bauabschnitt des Freibades bewilligt.“ Die Freibadsanierung müsse weiter verfolgt werden. Geld für weitere sportliche Sprünge ist damit ihm zufolge nicht unbegrenzt vorhanden.

Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung hat auch Horstmann auf der Agenda. Die sei zwar zunächst Sache der Kassenärztlichen Vereinigung - doch wenn dort keine Erfolge erzielt werden, müsse man über ein Medizinisches Versorgungszentrum im Verbund mit Lügde und Blomberg nachdenken. Folgerichtig müsse ein solches Zentrum in Schieder-Schwalenberg beheimatet sein - das sei sinnvoll aufgrund der geographischen Lage in der Mitte. Eine Einschätzung, die Müllers teilt. Horstmann ist noch ein anderes Thema wichtig: Sollte er Bürgermeister werden, wird sein Kämmererposten vakant: &bdquo;Ich habe aber gute Kontakte in viele Rathäuser und weiß mehrere, die sich auf diese freie Stelle bewerben könnten.“

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Wovor haben Sie am meisten Respekt? &bdquo;Ich bin nicht nervös“, betont Müllers mit Blick auf den Wahlsonntag. Aber Respekt vor der Übernahme des Amtes von Jörg Bierwirth habe er trotzdem. Denn er ist überzeugt: Wäre Bierwirth erneut angetreten, hätte dieser 75 bis 80 Prozent der Stimmen bekommen. Ist er aber nicht. Also gibt es einen Neuanfang. Eine Kopie des Social-Media-Tausendsassas Bierwirth werde es mit ihm, Müllers, nicht geben, wenngleich er, wie auch sein Mitbewerber Horstmann, Kanäle wie Instagram und Facebook bespielen will. Horstmann betont: &bdquo;Daran geht kein Weg vorbei.“ Müllers will den regelmäßigen Bürgermeisterblog beibehalten, den Bierwirth erfolgreich betreibt, um die Bürger zu informieren. Er sagt aber auch: &bdquo;Wir haben einen anderen Politikstil und ein anderes Auftreten.“

Horstmann hat weniger vor der Aufgabe des Bürgermeisters Respekt als vor einem besonderen Großprojekt, das die Stadt vor der Brust hat: Die Umsetzung des Stadtentwicklungskonzeptes ISEK in Schwalenberg: &bdquo;Das ist eine große Maßnahme, die Konfliktpotenzial birgt. Und wir müssen alle mitnehmen: Politik und Verwaltung, die Betriebe, die es umsetzen, und die Bürger.“

Was haben Sie für einen Führungsstil? Hier unterscheiden sich die beiden Kandidaten offenkundig wenig. &bdquo;Locker-kooperativ“ nennt Horstmann seine Art, Mitarbeiter zu führen. Müllers spricht von einem &bdquo;modernen Führungsstil“ und einem &bdquo;kollegialen Miteinander“.

Wie wollen Sie Unternehmen und Mitarbeiter in die Stadt locken? Müllers schwärmt von dem guten Gastronomieangebot, der schönen Region und dem breit aufgestellten Veranstaltungsangebot. Der Glasfaser- und Breitbandausbau müsse forciert werden - so will er neue Einwohner für Schieder-Schwalenberg gewinnen; die Unternehmen zögen hinterher.

Für Horstmann ist es wichtig, den engen Draht zu den großen Firmen am Ort - Phoenix Contact, MCA und Müller Umwelttechnik - zu halten und bürokratische Hürden weiter abzubauen. Er weist aber auch darauf hin, dass das Land die Gewerbeflächen der Stadt limitiert habe und es letztlich nur noch eine Fläche in Schwalenberg gebe. Weitere großflächige Gewerbebetriebe haben also gar keinen Platz im Stadtgebiet

Was verstehen Sie unter Bürgerfreundlichkeit? &bdquo;Die Leute an der Rathaustür abholen und eine Rundum-Betreuung bieten“, sagt Horstmann. Zudem wolle er die Bürger über die Social Media-Kanäle aufklären - so wie es Bierwirth in der Vergangenheit gut gelungen sei. Müllers möchte, dass die Bürger im Rathaus immer einen Ansprechpartner finden, dass sie zurückgerufen werden, wenn sie eine Anfrage haben. Auch die Digitalisierung finde er sinnvoll - man dürfe aber die (analogen) Bedürfnisse der Älteren nicht aus dem Blick verlieren.

Wie könnte man die große Gruppe der Spätaussiedler besser integrieren? Da fällt die Antwort beiden Kandidaten etwas schwer. &bdquo;Ich hoffe, dass es die Zeit bringen wird, dass sie sich mehr an Veranstaltungen beteiligen“, sagt Müllers. Die Gruppe der Spätaussiedler sei nach wie vor stark auf sich selbst fokussiert - und drängen könne man sie nicht. Aber er betont auch: &bdquo;Die Menschen sind sehr wichtig für unsere Gemeinschaft - wir brauchen sie zum Beispiel im Handwerk.“

Horstmann hat jüngst einen Gottesdienst besucht und glaubt, dass die Integration in Teilen schon gelungen ist. Beispiel offene Ganztagsschule: &bdquo;Wir haben eine Mitarbeiterin aus ihrem Bereich dort.“ Das zöge andere an. Darüber hinaus glaubt er: &bdquo;Wir müssen für Gespräche zur Verfügung stehen und die Menschen einbinden - und wir müssen Veranstaltungsangebote schaffen.“

Kandidat fragt Kandidat Swen Horstmann möchte unter anderem von Marco Müllers wissen, was ihn dazu befähigt, eine Stadtverwaltung mit rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu führen. Müllers gesteht, dass er, bis auf seine Zeit bei der Bundeswehr und die ehrenamtliche Tätigkeit im Sport keine Führungsverantwortung hatte. In den vergangenen Jahren sei er als Außendienstler im Prüfungsdienst der Finanzverwaltung eher Einzelkämpfer gewesen.

Müllers fragt Horstmann, ob er denn im Falle einer Niederlage Kämmerer der Stadt bleiben werde. Diese Frage könne er nicht beantworten, sagt Horstmann, denn in den letzten Monaten habe er sich &bdquo;auf eine andere Aufgabe fokussiert“.

Transparenzhinweis: Eine Berufsbezeichnung und ein Wohnort wurden korrigiert.

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