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Bielefeld

Diskriminierung in OWL-Kitas nimmt zu

Experten sehen Vorurteile bei Erziehung

Bielefeld. Ausgrenzung und Diskriminierungen sind auch in der Kita Alltag. Dies bestätigen viele Erzieher, die sich über ihre Arbeit mit den anderen Kita-Profis austauschen, so Iris Wolter, Referentin der Fachdienste für Migration und Integration bei AWO-OWL. In den vergangenen drei Jahren hat sie das AWO-Projekt "Vielfalt in der Kita" geleitet, das vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wurde.

Unterschiedliche Geschlechter, Hautfarben, Behinderungen oder Begabungen der Kinder sowie die Herkunft und unterschiedlich große Geldbörsen der Eltern - das alles sollte eigentlich die Arbeit der Kindergartenerzieher nicht beeinflussen. Jedoch passiere es immer wieder auch in Ostwestfalen-Lippe.

In mehreren Workshops, die im Projekt in OWL angeboten wurden, mussten rund 70 Erzieherinnen und Erzieher aus den AWO-Kitas zuerst für sich selber klären, welche Vorurteile sie in ihrer Arbeit haben. Dass Kinder aus Migrantenfamilien verschlossen gegenüber der deutschen Kultur sind oder schlechtere Sprachkenntnisse als Kinder deutscher Eltern haben, seien zum Beispiel solche Vorurteile, die die Arbeit der Erzieher erschweren. Aber auch Kinder selber sind oftmals unfair im Umgang miteinander. Es reicht schon, dick oder klein zu sein, um von den anderen ausgelacht zu werden.

Die richtigen Fragen stellen

"Gerade in der Kita sollte man zum ersten Mal die Fragen stellen: Was macht die deutsche Kultur aus, und was ist eigentlich Vielfalt? In der Hochschule könnte es dafür bereits zu spät sein", sagt Faraj Remmo von der Universität Bielefeld, der mehrere Workshops im Rahmen des Projekts geleitet hat.

"Der Migrationshintergrund ist meistens absolut irrelevant", so Iris Wolter. Viel wichtiger sei, ob das Kind eine Behinderung hat oder nicht, ob es aus einer Einelternfamilie oder einer Großfamilie kommt. Man müsse nicht nur auf die Unterschiede zwischen den Kindern schauen, sondern auch die dadurch entstehenden Vorteile entdecken.

"Wenn das Kind nicht besonders gut deutsch spricht, dafür aber eine andere Sprache beherrscht oder sehr musikalisch ist, sollte man dies in den Vordergrund bringen und dem Kind damit eine Stärke geben", sagt Wolter.
Praxistipps im Buch zusammengefasst
Viele Praxistipps dazu, wie Erzieher der alltäglichen Diskriminierung in der Kita entgegenwirken können, wurden im Buch "Fingerspitzengefühl für Vielfalt" zusammengefasst. Momentan ist das Buch zwar nur für Mitarbeiter der AWO-Einrichtungen erhältlich. In Zukunft könne es aber als E-Book auch in den anderen Kindergärten verbreitet werden, heißt es.

"Es ist nicht immer einfach, alle Kinder in ihrer Individualität wahrzunehmen. Manchmal überfordert es die Erzieher. Aber gleichzeitig ist es sehr spannend und bereitet ihnen viel Freunde im Arbeitsalltag", sagt Birgit Brinkmann, AWO-Inklusionsberaterin.

Information
Praxistipps für Erzieher

Ein gutes Mittel gegen Vorurteile ist es zum Beispiel, jedes Kind in der Morgenrunde die anderen in seiner Muttersprache begrüßen zu lassen.

Man könnte auch versuchen, mit Einbeziehung der Eltern das Familienleben jedes Kindes in den Kindergarten hereinzubringen. Beispielsweise indem jedes Kind sein Schrankfach mit den Sachen von zu Hause so gestaltet, dass es seine Welt außerhalb der Kita darstellt.

Jedes Kind darf auf der Weltkarte ein Fähnchen dort setzen, wo seiner Meinung nach seine Heimat ist.

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