Paderborn. Sebastian C. (Name geändert) sagt von sich selbst, er sei ein „konservativ denkender Mensch", und überhaupt nicht der Typ, „der Frauen begrapsche oder verfolge, niemand, der sich darauf einlasse, mit fremden Frauen ins Bett zu springen." Trotzdem war der 26-Jährige ein halbes Jahr nachts in den Straßen Paderborns und Bielefelds als Sextäter unterwegs.
Seine Opfer waren attraktive junge Frauen, sein Ziel war es, den Kick für das eigene Sexualleben zu bekommen – in mindestens zwölf Fällen. Gestern verurteilte ihn das Landgericht Paderborn nach zwei Verhandlungstagen zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis.
Wie berichtet, hatte Sebastian C. sofort nach seiner Festnahme gestanden, zwischen November 2015 und Juni 2016 nachts immer wieder fremde junge Frauen sexuell angegangen zu haben, indem er sie an Brust und Genitalbereich begrapschte, sie trotz Gegenwehr küsste.
Auch aus seinem Tatmotiv machte der junge Mann kein Geheimnis. Er leide, seit er seinen nervlich bedingten Haarausfall nach ärztlichem Rat mit starken Medikamenten behandele, unter Potenzproblemen. Und da waren die Übergriffe auf fremde Frauen anscheinend der richtige Kick, um im eigenen Bett mit der Freundin wieder klarzukommen. „Da habe ich die Kontrolle verloren", sagte Sebastian C. schon am ersten Prozesstag.
Das sah ein Ermittler ähnlich. „Er fand Gefallen daran, junge attraktive Frauen anzufassen", so der Polizeibeamte. Dass Sebastian C., der nach entscheidenden Tipps seines letzten Opfers im Juni gefasst werden konnte, von selbst mit den Überfällen aufgehört hätte, hielt er für unwahrscheinlich. „Es hätte weitere Taten gegeben." Taten, bei denen sich Sebastian C. irgendwann möglicherweise nicht mehr mit Anfassen begnügt hätte. „Da ist schon ein Gewaltpotenzial mit steigender Tendenz deutlich zu erkennen", so der Ermittler.
Der unbekannte Mann, der nachts Frauen auf ihrem Heimweg auflauere, sie verfolge, hinterrücks überfalle, „das ist die klassische Horrorvorstellung einer jeden Frau", konstatierte Nebenklagevertreterin Anja Brauckmann. Dass Sebastian C. aus gutem Hause stammt, intelligent und erfolgreich im Beruf ist, galt ihr als besonders schändlich. „Es ist strafschärfend, dass er seine Vernunft, seinen Verstand nicht eingesetzt hat." Sebastian C. hätte zur Lösung seiner Potenzprobleme Hilfe bei einem Arzt suchen sollen.
Für die Frauen hatten die Übergriffe allesamt heftige Folgen. Alleine durch die Nacht können sie nicht mehr gehen. Sie steigen öfter als zuvor ins eigene Auto, fahren Taxi, organisieren Begleitpersonen oder bleiben gar zu Hause. Es sei ihnen Unbeschwertheit verloren gegangen, sagten die Frauen unisono. „In meiner Lebensweise habe ich mich verändert", fasste eine Bielefelderin zusammen, die vor ihrer eigenen Haustür Opfer von Sebastian C. geworden war. Aber dauerhaft werde sie sich diese Einschränkung nicht gefallen lassen. „Ich bin ein freiheitsliebender Mensch und will mich weiter frei bewegen können."
Sie wird die Worte von Andreas Carl, gleichfalls Nebenklagevertreter, gern gehört haben. Der versäumte nämlich nicht zu betonten, dass es das gute Recht „junger lebenslustiger unbekümmerter Frauen ist, allein nachts unterwegs zu sein. Das dürfen sie."