Büren. Mit sachtem Tuckern startet der 600 PS starke Neunzylinder-Sternmotor des rechten Triebwerks. Der Propeller nimmt allmählich Fahrt auf. Das gleiche Prozedere dann beim linken und zentralen Triebwerk. Die JU 52, Baujahr 1936, vibriert und schaukelt gemächlich Richtung Startbahn des Flughafens Paderborn-Lippstadt.
Etliche Minuten später ist das Motorengeräusch deutlich lauter. Die „Tante Ju" gibt alles. Langsam, ganz langsam hebt sie ab und hebt dabei ihre Nase kaum an. Die dreiköpfige Besatzung im rundum verglasten Cockpit winkt den staunenden Menschen am Boden zu. Jetzt wirkt die am Boden noch etwas klobig aussehende Maschine erstaunlich wendig, dreht einen eleganten Bogen um den Flughafentower und entschwindet Richtung Paderborn.
„Das ist ein einmaliges Erlebnis", schwärmt Nils Tötemeier aus Horn-Bad Meinberg eine gute Dreiviertelstunde später, nach dem Aussteigen. Tags zuvor in der Mittagspause sah der 43-jährige Steuerberater die JU 52 am Himmel über dem Teutoburger Wald kreisen. Ein Blick ins Internet erbrachte die Erkenntnis, dass noch exakt ein Platz frei war für den Rundflug am Folgetag. Den buchte Tötemeier sofort und wurde nicht enttäuscht.
„Dieser Geruch, die Geräusche, das Vibrieren", all das faszinierte den Lipper in der Luft sofort. „Dass das Flugzeug so gut erhalten ist, ist toll", fügt er hinzu. Der Bielefelder Gotthard Halfar ist schon ein alter Hase in Sachen „Tante JU". Der 83-Jährige ist mit Kamera gekommen und lichtet jedes Detail der Maschine ab, die zwei Jahre jünger ist als er selbst. „Ich bin bestimmt schon 20 Mal geflogen", erzählt er.
Wird das nicht langweilig? Keineswegs, sagt Halfar. „Der Sound der Motoren – man spürt die Fliegerei", sagt er.
Die Faszination für die Fliegerei mit der JU 52, die sich nach anderthalbjähriger Instandsetzung bestens in Form präsentiert, ist auch der vierköpfigen Besatzung anzumerken, die die 16 Passagiere vor, während und nach dem Flug mit Informationen über das Flugzeug versorgt, das Luftfahrtpionier Hugo Junkers als erstes Ganzmetallflugzeug der Welt in der Werft in Dessau entwickelte.
„Ich bin schon in ganz Europa damit gewesen", erzählt Pilot Claus Cordes (56). „Mit der JU fliegt man über Felder und Wiesen, mit dem Airbus über Meere und Kontinente", sagt der Lufthansapilot, für den am Folgetag mit einem gut 500 Passagiere fassenden Airbus A 380, dem größten Passagierflugzeug der Welt, ein Linienflug nach Los Angeles ansteht.
Daneben fliegt der Flugzeugbauingenieur einen historischen Doppeldecker und ist Segelfluglehrer. „Ich habe die ganze Spanne der Fliegerei", sagt Cordes lachend, der seit 37 Jahren in Diensten der Lufthansa ist. Auch Pilot Burkhard Jakobfeuerborn ist gut drauf. „Das ist hier alles unmittelbar erlebbare, alte Technik", sagt der 57-Jährige.
Zudem schätzen die Piloten den „belohnenden Umgang mit den Passagieren", die voller Vorfreude zum Rundflug kämen. „Das alles ergänzt sich wunderbar", schwärmt Jakobfeuerborn. Kein Wunder, dass die Bewerberliste von Piloten, die die alte „Tante Ju" fliegen wollen, lang ist.
Auf die Frage, ob es mit komplett verglasten Cockpit nicht etwas kühl sei in der Luft, schüttelt Cordes mit dem Kopf. „Wir machen immer das Fenster auf beim Fliegen." Die angewärmte Kühlluft vom Mittelmotor komme dort immer vorbei. Deshalb sei es meistens dort sehr warm. „Die alten Kolbenmotoren setzen viel Wärme um", sagt Cordes. Technik, die auch diesmal Besatzung und Passagiere wieder sicher auf den Boden zurückgebracht hat. „Wahnsinn", schwärmen die Fluggäste beim Aussteigen. „Mehr kann man dazu nicht sagen."