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Halle/Bielefeld

Mord an Nelli Graf wird neu untersucht

Halle/Bielefeld. Diese Tat bewegt die Menschen in der Stadt noch immer: Es war am 14. Oktober 2011, als Nelli Graf als vermisst gemeldet wurde. Zwei Tage später fanden Pilzsucher ihr Fahrrad in einem Wäldchen in Halle. Am 9. Februar 2012 entdeckte ein Landwirt schließlich ihre Leiche: Die sterblichen Überreste der damals 46-jährigen Mutter dreier Kinder lagen in einer Senke zwischen Feld und Waldstück versteckt. Augen und Mund waren mit Panzerband verklebt, die Hände mit Kabelbindern gefesselt, der Körper von zahlreichen Stichverletzungen übersät.

Der Täter wurde bis heute nicht gefunden, obwohl Kriminalhauptkommissar Ralf Östermann und seine Mordkommission „Ahorn" damals über Monate intensiv ermittelten und dabei Hunderte von Spuren verfolgten. Sogar ein Massengentest wurde initiiert und Rudi Cerne nahm den Fall in seiner Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst" auf – ohne Erfolg. Doch während die Akten zuletzt nicht mehr hervorgeholt wurden, weil es schlichtweg keine neuen Anhaltspunkte für weitere Untersuchungen gab, kommt jetzt wieder Bewegung in den Fall: Zusammen mit neun weiteren ungelösten Kapitalverbrechen im Kreis Gütersloh hat das Polizeipräsidium Bielefeld den Fall Nelli Graf an die neue Datenbank „Cold Cases" des Landeskriminalamtes (LKA) Düsseldorf gemeldet. So werden Kapitalverbrechen bezeichnet, die auch nach einem Jahr nicht aufgeklärt werden konnten.

Diese neue Datenbank befindet sich seit Anfang dieses Jahres im Aufbau. Frank Scheulen, Pressesprecher des LKA, erklärte, wie das funktioniert: „Die Kriminalhauptstellen des Landes, zu denen auch das Polizeipräsidium Bielefeld zählt, sind hierbei aufgerufen, ungeklärte Mordfälle nach Düsseldorf zu melden. Dabei können diese Fälle bis in die 1970er-Jahre zurückreichen", sagt Scheulen. „Zurzeit gehen wir davon aus, dass wir etwa auf 900 Fälle kommen." Einer von ihnen ist der Mord an Nelli Graf.

Ebenso wurde aber auch der gewaltsame Tod von Susanne Nieter weitergegeben: Die 38-Jährige war 2001 in Steinhagen von einem bislang unbekannten Täter mit zwei Dachziegeln erschlagen worden. Susanne Nieter, die in Herford als Lehrerin arbeitete, hatte sich von ihrem Mann getrennt und gemeinsam mit ihm ein abseits gelegenes Haus in Steinhagen ausgeräumt. Als der Mann von einer Fahrt zur Deponie zurückkam, fand er die Frau mit schwersten Kopfverletzungen vor dem Haus – vier Tage später starb sie, ohne zuvor das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Die schwierige Aufgabe der Ermittler hier: Obwohl sich Susanne Nieter gegen ihren Mörder zur Wehr gesetzt haben muss, fand man keine fremden DNA-Spuren.

Aber auch der ungeklärte Mord an Ingrid Amtenbrink (67), deren Leiche 2009 in einem Getreidefeld in Gütersloh gefunden wurde, kommt noch einmal auf den Tisch der Ermittler. Zu diesem Zweck werden die Akten, die in den Schränken der jeweiligen Polizeipräsidien lagern, in der nächsten Zeit zunächst allesamt digitalisiert. Sind die Dokumente dann erfasst und in die Düsseldorfer Datenbank eingepflegt, nehmen sich die Profiler die Fälle neu vor.

Vor allem vom Gesamtblick auf die Fälle erhoffen sich die Experten vom LKA eine Menge; von Querverbindungen, die sich hierbei auftun können. Diese Möglichkeit habe man einfach nicht, wenn einzelne Ermittler Akten aus Papier vor sich hätten. „Kein Täter, den wir bislang noch nicht entdeckt haben, sollte sich also sicher sein, dass das auch so bleibt", schloss Frank Scheulen.

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