Düsseldorf/Bielefeld. Der Streit um den Polizeieinsatz bei der Neonazi-Demonstration in Bielefeld vom 10. November geht unvermindert weiter. Die Grünen sind mit dem Einsatzbericht, den NRW-Innenminister Herbert Reul dem Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags vorgelegt hat, nicht zufrieden. Der Bielefelder Abgeordnete Matthi Bolte-Richter kritisierte, der Minister habe keinerlei Begründung für den massiven Polizeieinsatz geliefert, der sich seiner Meinung nach vor allem gegen die Gegendemonstranten gerichtet habe.
Die Grünen im Landtag hatten den Bericht angefordert, nachdem es in Bielefeld breite Kritik am massiven Auftritt der Polizei gegeben hatte. Viele, darunter auch zahlreiche Schreiber von Leserbriefen an die Redaktion dieser Zeitung, hatten den Polizeieinsatz wie Bolte-Richter vor allem als gegen die Gegendemonstranten gerichtet empfunden.
Das Gefahrenpotenzial des Aufeinandertreffens von rechtem Spektrum und linkem Gegenprotest, insbesondere unter Teilnahme von Angehörigen der linksextremistischen und autonomen Szene, sowie die Länge der Strecke des rechten Demonstrationszuges hätten den erhöhten Bedarf an Einsatzkräften sowie den Einsatz von technischem Gerät wie speziellen Einsatzfahrzeugen bedingt, schreibt Reul in seinem zwölfseitigen Bericht.
Kritik an Innenminister Reul
Bolte-Richter kritisierte, dass Reul jeden Beleg für die Behauptung, dass die Teilnahme von Linksextremisten und Autonomen zu befürchten gewesen sei, schuldig geblieben sei. Auch warum statt der ursprünglich angekündigten zwei plötzlich sechs Wasserwerfer im Einsatz gewesen seien, habe Reul nicht begründet. „Es gibt einfach kein gutes Bild der Polizei ab, wenn ein Wasserwerfer die ganze Zeit ohne erkennbaren Grund auf Gegendemonstranten des Deutschen Gewerkschaftsbundes gerichtet ist", sagte Bolte-Richter.
Im Vergleich zu früheren Nazi-Demonstrationen mit entsprechend großen Gegendemonstrationen sei der Einsatz der Polizei deutlich massiver gewesen, sagte Klaus Rees, grüner Ratsherr aus Bielefeld und Sprecher des Bündnisses gegen rechts, der die Beratungen im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags verfolgte. Rees wies auch darauf hin, dass ein zugesagtes Gespräch zur Nacharbeitung des Einsatzes zwischen dem Bündnis gegen rechts und der Bielefelder Polizei immer noch nicht stattgefunden habe.
Matthi Bolte-Richter widersprach der Behauptung des Ministers in dem Bericht, ein Wechsel zwischen den Gegenveranstaltungen sei jederzeit möglich gewesen. „Das war definitiv nicht möglich", so der Bielefelder Abgeordnete, der selbst an einer Gegenkundgebung teilgenommen habe.
„Nach wie vor ist das Einsatzkonzept der Polizei für mich nicht nachvollziehbar", sagte Bolte-Richter. Die Mitte der Stadtgesellschaft sei im Protest gegen den Aufmarsch der Rechtsextremisten auf der Straße gewesen, und viele Teilnehmer hätten sich in ihrer Versammlungsfreiheit beeinträchtigt gefühlt, so der Grüne.
Dem widersprach Marc Lürbke (Paderborn), innenpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Die meisten Bielefelder hätten den Einsatz der Polizei als angemessen empfunden. Er sei den vielen Beamten dankbar für ihre Arbeit, sagte Lürbke.
Der Bericht von Minister Reul listet auf:
Insgesamt fertigte die Polizei 28 Strafanzeigen (Körperverletzung, Widerstand gegen Polizeibeamte, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Verstöße gegen das Waffengesetz). 12 davon richteten sich gegen Teilnehmer der Demonstration der Partei „Die Rechte", 14 gegen Teilnehmer der Gegendemonstrationen. In sechs Fällen habe die Staatsanwaltschaft Strafverfahren eingeleitet.
Zehn Personen wurden in Gewahrsam genommen, acht davon waren Gegendemonstranten.