Bielefeld. Aufregung bei den Bewohnern in der Gutenbergstraße im Bielefelder Westen am Samstag. Ein großes Polizeiaufgebot schlägt dort am Morgen auf. Polizeibeamte und Spurenermittler dringen in ein großes Gebäude ein. Gesichert wird das Umfeld von Teilen einer Bielefelder Einsatzhundertschaft. Sie durchsuchen Räumlichkeiten im gesamten Haus.
Immer neue Gegenstände, vermutlich Beweismittel für Straftaten, werden in großen Kleidersäcken aus Papier und Kartons aus dem Haus getragen, in Autos verfrachtet und fortgefahren.
Drei hochwertige Fahrzeuge wurden abtransportiert
Nachbarn beobachten, wie drei hochwertige Fahrzeuge, ein Mercedes, ein BMW und ein Audi, von einem Abschlepp-Unternehmen aufgeladen und abtransportiert werden. Nach Informationen dieser Zeitung sollen auch mehrere Personen festgenommen und in das Polizeipräsidium gebracht worden sein.
Nach Abschluss der Aktion in der Gutenbergstraße rollte der Polizeitross weiter zum Wellensiek. Hier wird ein älterer PKW sichergestellt. In ihm soll sich ein hydraulisches Werkzeug befunden haben, mit dem zum Beispiel die Feuerwehr Türen bei verunglückten Autos öffnet. Dieses Werkzeug könnte im Zusammenhang mit der Sprengung eines Geldautomaten in Heepen zusammenhängen.
Ob die Sicherstellung des PKW am Wellensiek unmittelbar im Zusammenhang mit der Razzia in der Gutenbergstraße steht, wollte oder konnte die Polizei nicht sagen.
Jesidische Großfamilie soll in dem Objekt leben
Eine Polizeisprecherin bestätigte am Samstagabend lediglich die Aktion in der Gutenbergstraße, wollte aber keine weiteren Auskünfte zu der Durchsuchung geben. Die Aktion sei noch nicht abgeschlossen und ziehe sich auch noch über den gesamten Sonntag hin, hieß es. Man wolle durch Information die Ermittlungsarbeiten der Polizei nicht gefährden. Frühestens Montag will die Polizei mehr zu der groß angelegten Aktion sagen.
In dem durchsuchten Objekt soll eine jesidische Großfamilie leben, die in der Vergangenheit immer wieder durch Straftaten auffiel. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld soll das Treiben des Familienclans wie Drogenhandel, Geldwäsche und Erpressung seit Jahren im Blick haben, sagte der Strafverteidiger Peter Wüller.
Immer wieder kam es zu Verurteilungen, Familienmitglieder landeten hinter Schloss und Riegel. Mit der jetzigen Polizeiaktion könnte neue, intensive Arbeit auf die Staatsanwaltschaft zukommen.
Erinnerung an ein Strafverfahren und einen Pistolenschuss
In Erinnerung ist noch ein Strafverfahren vom 8. Oktober 2008. Damals war eine Frau durch einen Pistolenschuss in die Brust lebensgefährlich verletzt worden. Gegenüber der Polizei hatten sowohl die Verletzte als auch die fünf weiteren am Geschehen beteiligten Personen behauptet, die Frau sei vor ihrer Wohnung auf der Straße aus einem fahrenden Auto heraus angeschossen worden.
Tatsächlich hatte der damals 23-jährige Cihan M, ein Mitglied der Großfamilie, den Schuss in der Wohnung durch unvorsichtiges Hantieren mit der Waffe ausgelöst.
Bei einer Hausdurchsuchung der Familie M., Ort der aktuellen Razzia, wurde damals ein umfangreiches Waffenlager in einer Babytasche entdeckt. Neben der mutmaßlichen Tatwaffe, einer zerlegten 9-Millimeter-Pistole, wurden sechs weitere scharfe Schusswaffen, darunter eine Pumpgun, und reichlich Munition beschlagnahmt.
2002 stand die Familie jesidischer Abstammung im Fokus des sogenannten TÜV-Mords. Ein Verwandter war vor dem Gelände des Überwachungsvereins erschossen worden. Hintergrund war die Fehde zwischen zwei Großfamilien aus Bielefeld und einer anderen aus Osnabrück.