Die Kreisfeuerwehr übt "Großtierrettung" für den Ernstfall

Kreis Herford. Dass Feuerwehrleute Katzen von Bäumen retten, ist weithin bekannt – und für die Feuerwehrleute auch kein Problem. Doch wie werden Tiere gerettet, die man nicht mal eben so von einem Ast heben kann? Dies übten jetzt 21 Feuerwehrleute beim vom Kreisfeuerwehrverband organisierten Seminar &bdquo;Großtierrettung" an der Zentrale in Hiddenhausen. Pferde, Rinder, Esel, aber auch Lamas oder Bisons müssen im Notfall von den Einsatzkräften gerettet werden. Dabei können den Vierbeinern nicht nur Gräben, Böschungen, Bachläufe oder Schlammlöcher in unwegsamem Gelände zum Verhängnis werden: Häufig geraten sie auch beim Tiertransport im Straßenverkehr in Unfälle.

Lutz Hauch, erfahrener Großtierretter und ehemaliger Berufsfeuerwehrmann, war eigens aus Aldenhoven (Kreis Jülich) angereist, um die Ehrenamtlichen aus dem gesamten Kreisgebiet zu schulen. Dafür hatte er ein äußerst geduldiges Großtier in einem Pferdeanhänger mitgebracht: Der Plastik-Hengst &bdquo;Sam" musste im Verlauf des Seminars zahlreiche Rettungsübungen über sich ergehen lassen.

Tierhalter stellen im Notfall eher einen Risikofaktor dar In dem simulierten Notfall wurde angenommen, dass Sam verletzt in der Werre gelandet ist und zu ertrinken droht. Einem verletzten, 500 Kilo schweren Pferd in einer solchen Situation zu helfen, bedeutet für die Feuerwehr eine große Herausforderung. Sind die Einsatzkräfte schlecht ausgebildet oder auch schlecht ausgerüstet, setzen sie sich großer Gefahren und die Tiere immensem Stress und Schmerzen aus. In einem Video, das Hauch zur Veranschaulichung zeigte, waren Helfer zu sehen, die Pferde am Schwanz zerren oder gar eine Kuh mit einem Traktor aus dem Schlamm ziehen. &bdquo;Das sind absolute No-Gos und haben mit einer tierschutzgerechten Rettung nichts zu tun", sagt Hauch.

Ebenfalls hoch motiviert aber wenig hilfreich im Notfall sind auch die Besitzer der Tiere. Hauch führte eine amerikanische Studie an, der zufolge 83 Prozent der Halter ihre Gesundheit oder gar ihr Leben riskieren würden, um ihren Vierbeinern zu helfen. Die gute Absicht kann schlimme Folgen haben. &bdquo;Ein Pferd in Not wird, sobald es die Freiheit spürt, vehement ums Überleben kämpfen", schilderte der Großtierretter. Deshalb sei es wichtig, rechtzeitig einen Rückzugsweg für die Retter und einen sicheren Ort für die Freilassung zu bestimmen. Bei jeder Großtierrettung müsse außerdem ein Tierarzt verständigt werden.

Nach der Theorie folgte dann im Seminar die Praxis – und der große Auftritt von Hengst Sam. An dem lebensgroßen und ziemlich beweglichen Kunststoffpferd demonstrierte Hauch eine Reihe von Techniken, um den &bdquo;verletzt am Boden liegenden Schecken" in alle Richtungen zu bewegen. Die Ehrenamtlichen verwendeten eine gebogene Fädelstange aus biegsamem Federstahl, mit der sie breite Spanngurtbänder unter dem Tierkörper hindurch zogen. Hirtenstäbe dienten als Armverlängerungen, um Sam nicht zu nahe zu kommen. &bdquo;Rudernde Pferdebeine können schwere Verletzungen verursachen", warnte Hauch. Ein Seminarteilnehmer übernahm deshalb bei jeder Übung die Aufgabe des Sicherheitsassistenten, und passte auf, dass niemand versehentlich in die &bdquo;Kickzone" geriet. Ein anderer kümmerte sich als Gerätemanager um die Bereitstellung der Werkzeuge.

Schulungen mussten wegen Corona ausfallen Die Feuerwehrleute aus allen Teilen des Kreisgebietes arbeiteten als Team zusammen. Thomas Graf (Hiddenhausen), Carsten Albsmeier (Bünde), Marco Ruschhaupt (Hiddenhausen), Christin Lamsfuß-Mende (Rödinghausen), Heiko Kamm (Enger), Björn Hamann (Herford) und Matthias Niekamp (Enger) zogen den 200 Kilogramm schweren Zossen schließlich auf einer Schleifplatte zum Pferdeanhänger. Währenddessen übernahmen Björn Schäffer (Löhne) und Sarah-Jane Rainey (Hiddenhausen) mit Notfallhalfter und Bergetuch die Kopfsicherung. Andere Feuerwehrleute legten dem Tier später ein Hebegeschirr an, um es am Kranhaken aufzurichten und sicherten es mit einem speziellen Gurtsystem für den Transport.

Etwa 35 Lehrgänge, die einen Großteil des Einsatzspektrums abdecken, finden an der Kreisfeuerwehrzentrale Jahr für Jahr statt. Durch Corona seien einige Veranstaltungen ausgefallen, sagt der stellvertretende Kreisbrandmeister Holger Klann. &bdquo;Wir haben erst Anfang des Monats den Lehrgangsbetrieb unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregelungen wieder aufgenommen."

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