Hundeschulen weiter zu: Angst vor überforderten Haltern und schlecht erzogenen Hunden steigt

Bielefeld. Seit Monaten befinden sich auch Hundeschulen im Corona-Lockdown, nur Einzelunterricht darf seit wenigen Wochen wieder stattfinden. Doch Einzelstunden, Online-Training oder Vorträge können nicht ersetzen, was besonders Welpen und Junghunde auf dem Hundeplatz lernen: Sozialisierung mit Artgenossen, kontrollierte Begegnungen mit fremden Hunden, Training unter Ablenkung. "Schlimmstenfalls steigt daher demnächst der Anteil an Hunden, die aus Unsicherheit gegenüber Artgenossen später Probleme machen", sagt Sabine Winkler, die in Bielefeld eine Hundeschule betreibt. Und es könnten viele werden, denn durch Homeoffice ist die Nachfrage nach Hunden stark gestiegen.

In anderen Bundesländern wie Hessen dürfen Hundeschulen grundsätzlich öffnen. Das liegt daran, dass sie dort zu den Dienstleistern zählen. In NRW dagegen fallen Hundeschulen laut der Coronaschutzverordnung unter den Begriff "außerschulische Bildungsangebote". Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW erklärt, warum das so ist: "Weil es um die Unterrichtung von und Wissensvermittlung gegenüber Hundehaltern geht. Das Angebot von 'Welpenkursen', in denen neben den Hundehaltern auch die Hunde etwas lernen, ändert daran nichts."

"So viele Menschen sind verzweifelt" Bei den in NRW betriebenen Hundeschulen löst das Kopfschütteln aus. "Es sind so viele Menschen verzweifelt und wir können ihnen nicht helfen", sagt Gabi Ritter von der Hundeschule "eigenArt" in Lage. "Erziehungskurse leben davon, dass andere Hunde da sind. Und für die Welpen ist das besonders dramatisch." Denn nicht jeder findet in seinem privaten Umfeld passende Tiere zum Spielen. Deshalb bietet Ritter eine Drive-In-Spielstunde an: Während die Besitzer im Auto bleiben, leiten zwei Trainer eine kontrollierte Spielstunde. Für Winkler kommt das nicht infrage. Sie betont, dass es wichtig sei, "dass der Besitzer beim Spiel dabei ist und lernen kann, das Verhalten einzuschätzen, den Hund auch aus dem Spiel zu rufen."

Ebenso wichtig wie das Spiel mit anderen Hunden ist das Gewöhnen an die Umwelt. "Durch den Dauerlockdown haben Hundehalter natürlich außerdem viel weniger Möglichkeit, ihre jungen Hunde an Menschenmengen, Geschäfte, Besuch und so weiter zu gewöhnen", sagt Winkler. "Da wird dann wohl auch einiges nachzuholen sein oder schlimmstenfalls werden demnächst mehr Umwelt-unsichere Hunde herumlaufen." Das bedauert auch Ritter. Obwohl die Hundehalter sehr engagiert seien, merke man den Hunden an, dass etwas fehlt.

Hundeschulen nehmen Auflagen gern in Kauf Beide sind sich zudem einig, dass sowohl Einzelstunden als auch Online-Unterricht durchaus etwas bewirken können - aber eben kein Ersatz für den Unterricht vor Ort sind. "Das geht vor allem ganz gut im Freizeitbereich, nach dem Motto 'Hunde beschäftigen trotz Quarantäne' und ähnliches", sagt Winkler. "Manchmal kann man am Telefon bis zu einem gewissen Grade beraten." Die beiden Betreiberinnen hoffen jetzt auf eine Anpassung der Schutzverordnung. "Es ist völlig in Ordnung, wenn man da Auflagen bekommt", sagt Ritter. "Abstand, Maske, alles machbar."

Unterstützung erhalten die Hundeschulen auch aus der Politik. Michael Hübner (SPD) ist Mitglied im Landtag in Nordrhein-Westfalen und hat sich an NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann gewandt. "Hunde, besonders Welpen und Junghunde, brauchen zur Sozialisierung unbedingt das kontrollierte Sozialspiel und das gemeinsame Training mit Artgenossen. Seit viereinhalb Monaten ist dies nicht möglich, obwohl die Arbeit mit den Hunden im Freien und mit Abstand und Hygienekonzept stattfinden kann", schreibt Hübner in einem Brief, der der Redaktion vorliegt.

Gestern habe ich die Hundeschule Pfotenteam in Gladbeck besucht ... unglaublich, dass in NRW eine Ausbildung der Hunde unter freiem Himmel nicht möglich ist. Plausibel ist das nicht ...

Gepostet von Michael Hübner am Mittwoch, 17. März 2021 Der Abgeordnete hofft auf eine Änderung der Coronaschutzverordnung, die die Regeln für ganz NRW anpasst. "Aus den jetzt angeschafften Welpen und Junghunden sollen später keine Problemhunde werden", so Hübner, der diese Bitte nicht das erste Mal an Minister Laumann richtet. Bereits im November, als auch Einzelunterricht nicht erlaubt war, hat er einen Brief verfasst. Die Antwort von Laumann: "Bei Hundeschulen [...] steht die Wissensvermittlung für die [...] Hundehalter im Vordergrund, da sie dauerhaft den richtigen Umgang mit den Tieren erlernen sollen. Daher handelt es sich um ein unzulässiges Bildungsangebot."

Ob sich bei den nächsten Bund-Länder-Beratungen an den Regeln für Hundeschulen etwas ändert, kann auch das NRW-Gesundheitsministerium aufgrund der Berücksichtigung der tagesaktuellen Entwicklungen der Infektionszahlen nicht sagen.

Hundeschulen weiter zu: Angst vor überforderten Haltern und schlecht erzogenen Hunden steigt

Illegaler Welpenhandel? 75 Hunde in Stemwede und Halle von Veterinärämtern sichergestellt

Doppelte Hundefreude im Haushalt - aber bitte keine Welpen

Nachbarn erschießen die Tiere: Schäferhunde attackieren 23-Jährige in Bad Oeynhausen

Restaurant St. Markus bei Höxter: Schnitzel schlemmen im Schatten des Klosters

Geschäft mit dem Mitleid: Bielefelderin kämpft gegen organisierte Bettler mit Hunden

Auswanderer aus Rietberg findet berufliches und privates Glück in den USA

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €