Säugende Katzenmütter vor Rahdener Praxis ausgesetzt

Lübbecke/Rahden. Die Kleintierpraxis Rahden - Dr. Linda Oelschläger ist dafür bekannt, dass sie im aktuten Notfall auch schon einmal für einen Vierbeiner ein neues Zuhause gefunden hat. Vielleicht ist das der Grund, warum sich Unbekannte Ende Juni die Praxis an der Lange Straße aussuchten, um dort zwei Katzen auszusetzen.

Jasmin Dreger, tiermedizinische Fachangestellte in der Praxis, fand die beiden Tiere in Transportboxen nach ihrer Mittagspause vor dem Haus. Relativ schnell klärte sich, dass die beiden Katzen nicht zur Behandlung vor der Praxis abgestellt worden waren. Jemand wollte sie loswerden.

"Wir haben die beiden als erstes untersucht und nach einem Chip oder einem Tattoo geguckt, aber nichts gefunden", erzählt Jasmin Dreger. Da beide Katzen zudem nicht handzahm waren, informierte die Praxis das Lübbecker Tierheim. In der Einrichtung am Heuweg haben die beiden Samtpfoten, die von den Tierheim-Mitarbeitern "Imke" und "Ina" getauft wurden, nun erst einmal eine Bleibe gefunden.

Noch leben sie auf der Quarantänestation und warten auf ihre nächsten Impfungen. Doch in etwa drei Wochen geht es für sie ins "Katzenhaus" und dann könnten sie auch in ein neues Zuhause vermittelt werden.

Beide Katzen haben erst vor kurzem Junge bekommen

Beide Tiere seien sehr scheu, die getigerte "Imke" suche aber schon den Kontakt zu Menschen, erzählt Tierheimleiterin Sara Meinsen. Aufgefallen sei bei den Untersuchungen das sehr ausgeprägte Gesäuge. "Das lässt darauf schließen, dass beide Katzen noch junge Kitten hatten." Wenn den Tierheimmitarbeitern bei Fundkatzen so etwas auffällt, versuchen sie die Muttertiere zu ihren Jungen zurückzubringen. "Doch wo sollten wir hier ansetzen? Es gab keinerlei Hinweise, woher die Katzen ursprünglich kommen könnten." Die Transportboxen waren anscheinend nagelneu. "Es hingen sogar noch die Kabelbinder dran", erzählt Meinsen. Wildlebende Katzen seien es nicht gewesen. Es habe durchaus so ausgesehen, als wenn sich vorher jemand um die Tiere gekümmert habe.

Auch vor dem Lübbecker Tierheim wurden schon Vierbeiner in Boxen ausgesetzt, mitten auf dem Parkplatz zwischen parkenden Autos. Jasmin Dreger glaubt, dass die vor einer Praxis ausgesetzten Katzen kein Einzelfall sind und bleiben. Denn während der Corona-Krise haben sich viele Menschen ein Haustier angeschafft, weil sie mehr zu Hause waren. Mit Tierbesitzern, die ihre Vierbeiner mit Ende der Corona-Zeit wieder loswerden wollen, sieht sich das Lübbecker Tierheim aktuell noch nicht so sehr konfrontiert. "Die Tiere gehen meist noch durch mehrere Hände, bevor sie dann als Problemfälle irgendwann bei uns landen."

"Wir können nur noch Notfälle aufnehmen"

Die Probleme sind anderer Natur. Kaum jemand interessiere sich im Moment für einen Bewohner aus dem Tierheim "und das, obwohl die Nachfrage nach Haustieren durch Corona exorbitant gestiegen ist". Meinsen: "Wir können halt nicht den jungen, friedlichen Familienhund anbieten." 25 Hunde sowie 115 Katzen - darunter allein 90 Kitten - beherbergt die Einrichtung zur Zeit. Weil es kaum Nachfrage gibt, aber auch keinen Platz mehr, hat das Tierheim Lübbecke aktuell einen Aufnahmestopp und zudem eine lange Warteliste. "Wir können nur noch Notfälle wie kleine und verletzte Tiere aufnehmen", so Meinsen.

Sara Meinsen wie auch Jasmin Dreger haben festgestellt, dass sich potenzielle Tierbesitzer lieber im Internet als im Tierheim nach einem vierbeinigen Hausbewohner umschauen. Der Online-Handel mit Tieren boome. Den Anbietern gehe es dabei häufig nicht um ein gutes Zuhause für das Tier, sondern darum, es zu verschachern. Ungeimpfte Kitten - und zwar keine Rassekatzen - würden im Internet für 300 Euro angeboten. Für nicht untersuchte Mischlingswelpen wollte ein Anbieter sogar 2.500 Euro haben, hat Sara Meinsen in einer Anzeige gesehen. Die Leute würden dann häufig nur das süße Bild sehen.

Auslands-Hunde werden irgendwo an einer Autobahnraststätte übergeben

In manchen Fällen würden sich die Anbieter auch als Tierschutzorganisation ausgeben. Häufig komme es vor, das Auslands-Hunde den neuen Besitzern irgendwo an einer Autobahnraststätte übergeben würden, manchmal sei noch eine Pflegestelle zwischengeschaltet. Beim ersten Tierarztbesuch falle dann auf, dass es sich um einen eigentlich illegalen Import handele, da es keinen EU-Impfpass gebe und auch keine Tollwutimpfung.

"Wir hatten schon Welpen bei uns in der Praxis, die noch keine fünf Wochen alt waren und viel zu früh der Mutter weggenommen wurden", erzählt Jasmin Dreger. Die Praxen sind verpflichtet, die fehlende Impfung dem Veterinäramt zu melden. In der Folge muss der Hund für mehrere Wochen in eine Quarantänestation. Das kann für Herrchen oder Frauchen dann auch noch richtig teuer werden.

Auch im Fall von "Ina" und "Imke" kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass jemand sie zum Züchten angeschafft hat, um damit schnelles Geld zu machen und sie nun wieder loswerden wollte.

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