Vollkommen verwahrlost: Welpen auf Bielefelder Dachboden eingesperrt

Bielefeld. Fünf Junghunde sind auf einem Bielefelder Dachboden eingesperrt, völlig verwahrlost sitzen sie in ihrem eigenen Kot. Dieses Bild bietet sich Tierheimleiterin Anja Langer, als sie jüngst vom Veterinäramt verständigt wird. Infolge einer amtlichen Sicherstellung nimmt sie die Welpen mit ins Tierheim. Fälle wie dieser sind mittlerweile trauriger Alltag.

"Fast wöchentlich bekommen wir Anfragen von Ordnungs- und Veterinärämtern aus der Region", sagt Anja Langer. Der Grund: Nachbarn oder Bekannte machen die Behörden darauf aufmerksam, dass Tiere eventuell nicht artgerecht gehalten werden. Wenn diese Befürchtung bestätigt wird, ist das Tierheim an der Reihe. Dort werden die sichergestellten Tiere erst einmal untergebracht und aufgepäppelt.

Vermittlung verboten Vermittelt werden dürfen die Welpen meist aber nicht: "Wir müssen viele dieser Tiere an die Besitzer zurückgeben. Auch nach der Sicherstellung gilt das Besitzrecht, das bedeutet, dass die Menschen innerhalb eines gewissen Zeitraums die Möglichkeit haben, die Bedingungen zu verbessern", so Langer. Leider sei das aber oftmals keine endgültige Lösung: "Viele Leute verteilen die Hunde dann erst einmal an Verwandte." Grundsätzlich sei es aber immer Verhandlungssache, ob ein Hund zurückgegeben werden muss - die fünf Junghunde vom Dachboden beispielsweise konnten mittlerweile erfolgreich an andere Familien vermittelt werden.

Momentan herrscht im Bielefelder Tierheim jedoch Aufnahmestopp für Sicherstellungen. "Aktuell müssen wir leider ablehnen, denn auch unsere Kapazitäten sind begrenzt. Viele unserer Mitarbeiter arbeiten in Teilzeit und letztendlich sind wir auch immer abhängig von Spenden", berichtet Anja Langer, die in ihrem Tierheim derzeit 13 sichergestellte Welpen unterschiedlichster Rassen beherbergt.

Noch viel mehr beschäftigt das Tierheim jedoch der illegale Welpenhandel. "Wir haben damit das ganze Jahr über zutun, pro Jahr werden innerhalb der EU 500.000 illegale Welpen gehandelt", so Langer. Besonders hoch sei das Interesse aktuell an kleinen, maximal kniehohen Hunden, die familiengeeignet sind. Vor allem kleine Bulldoggen oder Malteser stehen hoch im Kurs. "Viele Leute möchten ihren Wunsch-Hund dann um jeden Preis haben und fallen über Internetportale wie Ebay auf dubiose Züchter herein", berichtet die Tierheimleiterin.

Wie erkennt man Betrüger? Die Betrüger zu erkennen, sei dabei nicht immer leicht: "Nicht immer empfangen die Verkäufer die Interessenten in kleinen heruntergekommenen Wohnungen. Es werden für die Treffen auch durchaus extra Wohnungen in teuren Wohngegenden angemietet", berichtet Anja Langer. Oft werden die Welpen viel zu früh von der Mutter getrennt und sind krank.

So gibt es auch im Bielefelder Tierheim immer wieder Abgabe-Anfragen, weil die Tierarztkosten den Haltern plötzlich über den Kopf wachsen. Denn dass illegal gehandelte Welpen krank sind, ist keine Seltenheit. Laut Angaben des Hamburger Tierschutzvereins sterben schätzungsweise 50 Prozent der gehandelten Welpen, nachdem sie zu jung, ungeimpft oder krank von der Hundemafia verkauft werden.

"Man muss sich aber bewusst sein, dass man trotz allem die Verantwortung für das Tier hat. Wir raten deshalb immer dazu, mindestens eine OP-Versicherung für das Tier abzuschließen. Denn da können schnell mal mehrere tausend Euro fällig sein", so Langer. Besonders dramatisch werde es aber, wenn Welpen aus dem Ausland kommen: "Illegal eingeführte Welpen haben fast nie einen Tollwut-Impfschutz. Entweder sind sie gar nicht geimpft, oder sie sind so jung, dass die Impfung noch nicht wirken kann".

Für diese Tiere geht es dann für vier Wochen in die Tollwut-Quarantäne. "Hunde, die allein hergebracht werden, müssen dann auch allein in Quarantäne. Für Welpen ist das die prägendste Phase, wenn sie dann allein sind, sind sie danach sehr oft psychisch krank", so Langer.

Dramatisch ist eine solche Situation aber auch für die Halter: "Oft werden Tiere aus dem Urlaub mitgebracht und müssen dann bei uns in Quarantäne. Das bedeutet, sie dürfen nicht besucht oder angefasst werden, das macht die Menschen natürlich auch traurig", sagt Anja Langer, die momentan zum ersten Mal eine Quarantäne-Katze in Pflege hat - sie wurde von einer Familie aus dem Kosovo mitgebracht und war nicht gegen Tollwut geimpft.

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