Nach Zara-Entscheidung: Werden Retouren bald überall kostenpflichtig?

Kleider und Schuhe einfach in mehreren Größen bestellen und was nicht passt, gratis zurückschicken - dieser beliebte Vorgang gehört beim spanischen Modegiganten Zara der Vergangenheit an. Künftig müssen Kunden 1,95 pro Retoure bezahlen. Ein Beispiel, das nach Ansicht von Experten Schule machen könnte. Denn alle Unternehmen zahlen beim Versandgeschäft ordentlich drauf, sobald etwas zurückgeschickt wird.

Gut 15 bis 20 Euro kostet die Händler jede Retoure, weiß Marco Atzberger, Retouren-Experte des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI. "Das macht natürlich auch eine Gebühr von knapp zwei Euro nicht wett. Aber dahinter steht die Hoffnung, dass Kunden ihr Verhalten ändern und noch schärfer schauen, ob und was sie zurückschicken oder bestellen." Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich zeigen - und davon hängt in den Augen von Atzberger maßgeblich ab, ob andere Giganten im Online-Geschäft mitziehen, oder eben nicht.

Denn bislang gibt es nur noch einen weiteren großen Händler, den japanischen Konzern Uniqlo, der ebenfalls Gebühren erhebt. Viele andere, wie Otto, Zalando und Amazon, haben den kostenpflichtigen Rücksendungen eine klare Absage erteilt. Und auch der schwedische Handelsriese H&M, der sich Nachhaltigkeit nach außen immer groß auf die Fahnen schreibt, lehnt die Strategie ab. "Wir möchten unseren Kund*innen allzeit ein modernes, angenehmes Einkaufserlebnis bieten. Dazu gehören neben einem umfangreichen Sortiment auch zusätzliche Serviceleistungen wie kostenloser Versand für Member und weiterhin kostenlose Retouren für alle Kund*innen, sollte mal etwas nicht passen bzw. gefallen", teilt ein Sprecher auf Anfrage von nw.de mit. Man bitte um Verständnis, dass sich der Konzern nicht an der Diskussion über Trends oder an Spekulationen beteilige.

Pro Sekunde zehn Pakete

Dennoch sieht Experte Atzberger eine Chance, dass sich der Markt wandelt. "Derzeit scheinen die Hürden noch sehr groß. Man muss bedenken, dass es eine 20-jährige Tradition hat, versandfrei zurückschicken zu können. Aber weil es eben betriebswirtschaftlich so eine hohe Belastung darstellt, wird sich die Branche bewegen. Nur eben nicht so schnell, wie viele es gern hätten."

Dazu gehören vor allem Umweltschützer. Denn der Transport der Retouren findet laut einer Studie der Uni Bamberg vor allem auf der Straße statt, per Lkw. 2018 seien so 238.000 Tonnen CO2 durch den Lieferverkehr produziert worden. Das sei umgerechnet so viel wie täglich 2.200 Autofahrten von Hamburg nach Moskau, sagt Forschungsleiter Björn Asdecker. Nach einer Schätzung der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Uni Bamberg wurden im Jahr 2020 rund 315 Millionen Pakete in Deutschland retourniert, das sind pro Sekunde zehn Stück. Zudem landeten Millionen Online-Retouren im Müll, weil sie eben nicht mehr aufbereitet und erneut verkauft werden könnten.

Doch trotz all dieser Argumente für Maßnahmen zur Einschränkung von Rücksendungen ist man beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) skeptisch, ob das Beispiel Zara Schule machen wird. "Das ist eine echte Revolution, aber ob die jetzt schon auf breiter Front stattfinden wird, bleibt fraglich", so ein Sprecher. "Die meisten Unternehmen fahren hier strikt auf Sicht - so lange, bis ein breiter Trend der Zustimmung bei den Kunden erkennbar ist."

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