Bünde. Das Gespräch mit Fritz Pleitgen im Oktober vor elf Jahren war äußerst erheiternd. Bei einer NW-Podiumsdiskussion im frisch sanierten Bünder Museum hatte der Journalist, der in Bünde aufgewachsen war, und ab 1963 beim Westdeutschen Rundfunk gearbeitet hatte, zahllose Anekdoten parat. Pleitgen erzählte zum Beispiel davon, dass er als Schüler vom Freiherr-vom-Stein-Gymnasium flog, oder auch aus seiner Zeit als WDR-Korrespondent in Moskau, wo ihn eine Gruppe aus Bünde besuchte, mit der er in der russischen Hauptstadt eine – wie er selbst sagte – „handfeste Kneipentour unternahm". Mit einem Schmunzeln im Gesicht sagte Pleitgen, der in seiner Jugendzeit passionierter Fußballspieler in Bünde war: „Bünde braucht eine exzellente Fußballmannschaft, um bundesweit bekannter zu werden." Am Donnerstag ist der Mann, der schon im Alter von 14 Jahren als freier Mitarbeiter für die NW-Vorgängerin Freie Presse arbeitete, wo er ab 1959 volontierte, mit 84 Jahren verstorben.
„Die Jugend ist rigoroser in ihrem Urteil"
Als Fritz Pleitgen im Oktober 2011 auf Einladung der NW wieder in Bünde war, um an der Podiumsdiskussion „Zuhause in Bünde – Herausforderungen einer Wohlfühlstadt" als Gesprächspartner teilzunehmen, stellte er nach einem Spaziergang durch die Innenstadt fest: „Die Stadt hat sich sehr verändert, aber nicht zum Schlechten". „Bünde macht einen sehr vitalen, guten Eindruck", so Pleitgen damals. Allerdings fehle der Stadt eine exzellente Fußballmannschaft. „Über Dortmund würde doch kaum einer sprechen, wenn es die Borussia nicht gäbe." In seiner Zeit in New York als ARD-Studioleiter habe es ihn sehr getroffen, dass keiner Bünde kannte.
Fritz Pleitgen hatte damals in der Diskussion um Bünde vor allem auch die Jugend im Blick. Er kannte keine Stadt, in der Jugendliche besonders zufrieden sind. Dann fügte er aber gleich an: „Jugendliche sind rigoroser in ihrem Urteil. Wenn ihnen etwas nicht gefällt, äußern sie das auch deutlich. Das ist aber gut so, sie machen uns Beine, dass wir etwas ändern. Es ist für eine Stadt wichtig, sich um die Jugendlichen zu kümmern, damit sie nicht dauerhaft abwandern."
Pleitgens Spitzname in Bündes Fußballerkreisen der 1950er Jahre war „Ulle" – „Fritz Ulle Pleitgen". „Damals hatten wir noch schwere Lederbälle, aber Ulle hat das Ding beim Abstoß von einem Sechzehner bis zum anderen gedroschen", sagte Pleitgens alter Fußballerkollege Walter Szepanski 2018 im Gespräch mit der NW zu Pleitgens 80. Geburtstag. Szepanski ist mittlerweile ebenfalls verstorben.
Löste die Aufgaben schneller als die Lehrer
Pleitgen kickte bis 1957 bei der SG Bünde 08 und von 1957 bis 1959 in der Mannschaft, die heute noch unter dem Namen „Zentner-Elf" bekannt ist, beim SV Ennigloh 09. Kurt Zentner, der Vater von Dietmar Zentner aus Muckum, trainierte Pleitgens Mannschaft damals. „Fritz war oft bei uns zu Besuch", sagt Dietmar Zentner im NW-Gespräch. Als sein Vater gestorben war, schickte Fritz Pleitgen noch eine ganz rührende Beileidsbekundung. Auch Walter Szepanski erinnerte sich 2018 an die Besuche beim Trainer zu Hause: „Wenn wir bei Kurt Zentner zuhause waren, machte dessen Frau Zilly manchmal einen riesigen Teller mit belegten Broten, den Ulle und ich nicht selten ganz allein verputzten."
„Der Ulle war ein schlauer Fuchs", sagte Walter Szepanski zu Lebzeiten. Szepanski hatte vor allem auch menschlich eine hohe Meinung von Pleitgen. „Der hat bei längeren Zug- oder Busfahrten den anderen Schülern immer bei den Hausaufgaben geholfen. Auf dem Gymnasium ist Ulle nur deshalb nicht gut klargekommen, weil er die Aufgaben schneller lösen konnte, als die Lehrer."
1959 ging Fritz Pleitgen für sein Volontariat bei der Freien Presse nach Bielefeld und spielte Fußball für Schildesche. Später zog es Pleitgen dann zum Rundfunk, für den der Journalist die mächtigsten Menschen der Welt interviewte.