Tierarzt-Kosten steigen massiv - Aufnahmestopp im Bielefelder Tierheim

Bielefeld . Jedes vierte Tierheim in Deutschland ist von der Schließung bedroht. In Bayern wird sogar befürchtet, jedes zweite Tierheim könnte nicht überleben, weil in jüngster Zeit so viele Probleme für die karitativen Einrichtungen zusammenkommen.

Mehr als das Doppelte bei den Energiepreisen, 21 Prozent Steigerung bei den Verbrauchs- und Futtermittelkosten, höhere Personalkosten. Und seit 22. November gilt auch noch die neue Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte mit deutlichen Preissteigerungen. Allerdings die ersten seit 1999.

Der Deutsche Tierschutzbund mit rund 550 Mitgliedsheimen rechnet mit einem Plus von mindestens 18 Prozent. Auch bei den Verantwortlichen in Bielefeld sind die Sorgenfalten groß, vor allem, weil wohl auch wieder mehr Tiere auf der Straße landen werden, wenn die Halter sich deren Behandlung nicht mehr leisten können. Aber es gibt auch eine gute Nachricht.

&bdquo;Das Tierheim Bielefeld hat das große Glück", sagt Leiterin Anja Langer, &bdquo;dass wir einen eigenen Tierarzt mit einer Dreiviertelstelle beschäftigen können." Bei im Schnitt rund 450 zu versorgenden Tieren sei das auch effizienter. Kleinere Tierheime könnten sich diese Personalkosten aber nicht leisten, weiß die Chefin. &bdquo;Sorgen bereitet uns, dass schon vor der Preiserhöhung immer mehr Menschen bei uns angerufen und gefragt haben, wie sie ihre Tierarztkosten senken können."

Eine allgemeine Untersuchung für den Hund kostete bisher 13,47 Euro, für die Katze 8,98 Euro. Nun müssen für beide 23,62 Euro bezahlt werden. Dass eine solche Steigerung auch Auswirkungen auf all jene haben wird, die eine Freigänger-Katze halten wollen, weiß Langer genau. &bdquo;In Bielefeld gilt in diesem Fall ja eine Kastrationspflicht." Und der Bielefelder Tierschutzbund ist auch unbedingt dafür, diese Pflicht aufrechtzuerhalten. Denn in der Stadt gibt es immer noch eine Vielzahl von wild lebenden Katzen, die sich unkontrolliert vermehren, die man versucht einzufangen und zumindest zu kastrieren.

Bei teuren OPs zweite Meinung einholen Anja Langer betont, dass Tierheimarzt Mirko Quest nur die heimeigenen Tiere behandeln darf. Sie rät Menschen, die sich insbesondere die Kosten für größere Behandlungen und Operation nicht mehr leisten können, über Ratenzahlungen zu verhandeln oder im Ernstfall auch noch eine zweite Meinung eines anderen Tierarztes einzuholen, ob wirklich alle Behandlungsschritte und Kosten so nötig sind. Da machten sich im Anschluss vielleicht die Kosten für das zweite Beratungsgespräch bezahlt. &bdquo;Aber es wird für viele Tierhalter sehr eng werden", sagt sie. &bdquo;Und wir können nicht helfen."

Das Tierheim hat derzeit einen generellen Aufnahmestopp ausgesprochen. In den Unterkünften für Hund, Katze, Maus herrscht zu viel Andrang. Aufgenommen werden nur Tiere, die übers Veterinär- oder Ordnungsamt kommen, Härtefälle und natürlich Fundtiere. Langer: &bdquo;Darüber haben wir einen Vertrag mit der Stadt Bielefeld." Bei den Finanzen rechnet Helmut Tiekötter, Vorsitzender des Bielefelder Tierschutzbundes, 2022 für das Tierheim mit einem Minus von deutlich mehr 100.000 Euro, das nur dank der Rücklagen aufzufangen ist.

Anja Langer wird daher mit Sicherheit aufmerksam verfolgen, ob der jüngste Hilferuf von Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, in Richtung Cem Özdemir Erfolg hat. Schröder hatte dem Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft vor wenigen Tagen bei einem gemeinsamen Besuch im Tierheim Stuttgart drastisch vor Augen geführt, wie bedrohlich die aktuelle Lage für die Tierheime im Land ist. Er forderte 160 Millionen Euro für die Einrichtungen aus der Hundesteuer sowie noch einmal so viel aus dem 200 Milliarden schweren Entlastungspaket der Bundesregierung.

Als Dachverband hat der Deutsche Tierschutzbund kurzfristig selbst einen Sondertopf &bdquo;Überlebensenergie" mit einer Million Euro bereitgestellt, um den angeschlossenen Tierheimen bei Mehrkosten für Strom, Gas und Heizöl zur Seite zu springen. Mit seiner Kampagne &bdquo;Tierheime helfen. Helft Tierheimen!" macht der Deutsche Tierschutzbund kontinuierlich auf die Lage der Heime und deren Arbeit aufmerksam.

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