Bank sperrt reihenweise Konten: Bielefelderinnen verzweifeln und wehren sich

Bielefeld/Bonn. Die Postbank hat in den vergangenen Monaten alle ihre Kundendaten auf eine IT-Plattform des Mutterkonzerns Deutsche Bank übertragen. Bei der jüngsten Übertragung gab es offensichtlich ernsthafte Fehler. Denn Hunderte Kunden beschweren sich seit dem Sommer, dass sie plötzlich nicht mehr an ihr Geld kommen. Jetzt soll sich sogar die Bankenaufsicht mit dem Fall beschäftigen.

Auch bei der Verbraucherzentrale Bielefeld gehen ständig neue Beschwerden ein. Zwei Bielefelderinnen kommen seit gut drei Wochen nicht mehr an ihr Guthaben: &bdquo;Ich kann nichts abheben, alle Überweisungen kommen zurück“, berichtet die 72-jährige Heeperin. Der angebliche Grund: fehlende Deckung. Dabei ist ihre Rentenzahlung nachweislich eingetroffen. Mehrfach bereits habe sie versucht, ihre Miete zu überweisen. Das Geld würde dafür locker reichen. &bdquo;Aber immer wieder kam die Überweisung zurück.“

Plötzlich taucht eine unbekannte Pfändungsnotiz auf ihrem Konto auf Dieses Schicksal teilt sie mit einer 55-jährigen Postbank-Kundin aus Vilsendorf. Auch ihr Konto war plötzlich geschlossen. Sie musste sogar ihren Urlaub am Meer absagen, Mietzahlungen und Kreditraten kamen nicht an, 35 Überweisungen kamen plus Rücklastgebühren zurück.

Doch damit nicht genug: Vor wenigen Tagen tauchte auf ihrem Konto plötzlich eine Pfändungsnotiz über 3900 Euro auf – ohne jede vorherige Mahnung. &bdquo;Ich habe keine Ahnung, woher diese Forderung kommen soll. Ich vermute, dass die Postbank jetzt sogar fremde Pfändungseinträge falsch zugeordnet hat. Ich bin verzweifelt.“

Die Postbank antwortet den Bielefelder Kunden nicht mehr Seit Mai häuften sich bei uns die Beschwerden über die Postbank, sagt Diana Boehler-Bachmann, Bankexpertin der Bielefelder Verbraucherzentrale. &bdquo;Die ersten Probleme ließen sich noch lösen. Aber inzwischen erhalten wir selbst bei Eilsachen keine Antworten mehr.“ Die FAZ berichtet von einem Fall aus Hessen, bei der die Freigabe eines ungerechtfertigt gepfändeten Kontos &bdquo;monatelang verschleppt“ wurde.

Offenbar sind vor allem Besitzer von Pfändungsschutzkonten betroffen. Sogenannte P-Konten sind dazu da, dass bei Schulden nicht das gesamte Guthaben gepfändet werden kann. Ein Grundfreibetrag von 1410 Euro (bei Kindern steigt der Betrag) darf nicht an Gläubiger gehen.

Bielefelder Kunde hat ausreichend Guthaben und das Konto ist trotzdem gesperrt Doch aktuell lassen sich bei vielen Postbank-Kunden die Freibeträge nicht mehr abrufen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen spricht derzeit von einem &bdquo;katastrophalen Umgang der Postbank mit P-Konten: Wochenlang fehlende Freibeträge oder zu lange gesperrte Konten führen zu existenziellen Problemen“. Georg Schepper, Bielefelder Anwalt für Bankrecht, bestätigt das: Seine Mandatin (55) ist mit einem P-Konto betroffen, das eigentlich gar keines mehr ist. &bdquo;Bereits 2018 gelang die Restschuldbefreiung. Neue Pfändungen seien nicht mehr nachgekommen“, so Schepper.

Das Problem beschränkt sich aber längst nicht nur auf Pfändungsschutzkonten, weiß Boehler-Bachmann: &bdquo;Eine Kundin hat ausreichend Guthaben und besitzt gar kein P-Konto. Trotzdem ist ihr Konto gesperrt.“ Nach übereinstimmenden Medienberichten scheint es beim Umzug des Bank-Servers ernste Fehler gegeben zu haben.

"Bei einem Teil der Kundenvorgänge kommt es zu einer verlängerten Bearbeitungszeit" Postbanksprecher Oliver Rittmaier bestätigt &bdquo;ein erhöhtes Anfrage- und Auftragsaufkommen im Zusammenhang mit Pfändungsschutzkonten“. Trotz personeller Verstärkung der Teams komme es bei einem Teil der Kundenvorgänge aber zu einer verlängerten Bearbeitungszeit, erklärt er. Zentrale technische Schwierigkeiten gebe es aber nicht. Man arbeite mit Hochdruck an Lösungen.

Davon merken die Betroffenen bisher nichts: &bdquo;Ich habe mich damals aus der Insolvenz gekämpft wie eine Löwin. Und jetzt sitze ich plötzlich wieder mitten drin“, sagt die 55-jährige Vilsendorferin. Dabei liegen 9.000 Euro auf ihrem Konto. Selbst die unbekannte Pfändung könnte sie damit problemlos stemmen. Aber es geht einfach kein Geld raus. &bdquo;Wenn man nicht mehr an sein Geld kommt, ist das unheimlich belastend“, betont sie.

Die Verbraucherzentrale hat jetzt die Bankenaufsicht eingeschaltet Ihre Leidensgenossin aus Heepen führt nach einer finanziellen Schräglage seit gut zwei Jahren ein Pfändungsschutzkonto: &bdquo;Ich bin seit 20 Jahren Postbank-Kundin. Was ich jetzt erlebe, das gab es in der ganzen Zeit nicht.“ Weil ihr niemand weiterhelfen konnte, hat sie inzwischen die Verbraucherzentrale bemüht und sogar beim Amtsgericht per einstweiliger Verfügung einen Antrag auf Freigabe ihres Guthabens gestellt. &bdquo;Beides blieb ohne Antwort. Ich frage mich ernsthaft, wie lange mein Vermieter da noch mitmacht. Mir geht langsam die Luft aus.“

Die Verbraucherzentrale hat deshalb vor 14 Tagen die Reißleine gezogen und Beschwerde bei der Bankenaufsicht "Bafin" (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) eingereicht: &bdquo;Bei solchen Problemen kann von ordnungsgemäßen Bankabläufen nicht mehr die Rede sein“, sagt Ramona Pop vom Bundesverband. Und tatsächlich berichtet das Handelsblatt am Dienstag, dass die Bafin der Postbank eine scharfe Rüge &bdquo;wegen erheblicher Beeinträchtigungen bei der Abwicklung des Kundengeschäfts“ ausgesprochen. Der Postbank drohen nun sogar ernste Sanktionen, Einschränkungen oder ein Sonderbeauftragter, der die Beseitigung der Mängel überwachen wird.

Bielefelder Anwalt rät, Gläubiger zu informieren: "Weisen sie auf die Postbank-Probleme hin“ Bankrechtsexperte Georg Schepper rät Betroffenen dringend, sich bei der Verbraucherzentrale Hilfe zu holen oder einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Vor allem bei einer einstweiligen Verfügung sei es wichtig, dass der Antrag einwandfrei formuliert sei. &bdquo;Auch sollte man nicht den Kopf in den Sand stecken. Informieren Sie ihre Gläubiger, dass sie zahlungswillig und -fähig sind. Weisen sie auf die Postbank-Probleme hin.“

Die Verbraucherzentrale rät zudem, beim örtlichen Amtsgericht gegen die Postbank zu klagen. Das Ziel: Auszahlung des Kontoguthabens. Boehler-Bachmann gibt außerdem den Tipp, die Bank zu wechseln. &bdquo;Das geht im Zweifel auch.“ Sie befürchtet, dass die Postbank ganz gezielt ihre P-Konto-Kunden loswerden möchte.

Postbanksprecher Rittmaier entschuldigt sich &bdquo;bei den betroffenen Kunden für alle entstandenen Unannehmlichkeiten.“ Er kündigt an: &bdquo;Wir werden ihnen bankseitig verursachte Schäden nach einer Prüfung erstatten.“

Sowohl Verbraucherzentrale als auch Anwalt Schepper erreichten jetzt bei Vor-Ort-Terminen in der Hauptfiliale an der Herforder Straße erste kleine Entgegenkommen der Bank. Als die beiden Bielefelderinnen ohne Verstärkung aufgetaucht waren, hatte man sie noch – &bdquo;ganz überheblich“ – abgekanzelt, sagen beide unabhängig voneinander. Boehler-Bachmann von der Verbraucherzentrale befürchtet, dass die Postbank ganz gezielt ihre P-Konto-Kunden loswerden möchte.

Die Verbraucherzentrale hat für Betroffene eine Formulierungshilfe bereitgestellt.

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