Geheimtipps in der City, die jeder in Bielefeld kennen sollte

Bielefeld. Der Alte Markt mit seinen historischen Häuserfassaden, Stadttheater, Rathaus, Leineweberdenkmal - die Innenstadt hat (nicht nur) für Besucher einiges zu bieten. Doch manches, was ebenfalls sehens- und erkundenswert ist, ist versteckt, längst vergessen oder noch nie wirklich wahrgenommen worden. Dabei ist auch das etwas Einzigartiges, was es so nur in Bielefeld gibt, Historisches, Künstlerisches, Botanisches oder Skurriles. Die Redaktion hat sich umgeschaut - und viel gefunden.

1 Eine tierische Rarität in der U-Bahn-Station In der Stadtbahnstation im Jahnplatztunnel liegt, von kaum einem Fahrgast beachtet, ein Wollnashorn unter Glas. Weltweit sind nur wenige vollständige Skelettfunde erhalten. Die Rarität im Untergrund bekam das Naturkunde-Museum Ende der 1970er Jahre vom Privatsammler F. Brinkmann. Die Tiere durchstreiften einst das heutige Ostwestfalen, ebenso wie Mammut, Riesenhirsch und Steppenwisent.

2 Uralte Fußabdrücke in der City Tief in die Stadtgeschichte eintauchen kann man an der Welle. Dort kam bei Ausgrabungsarbeiten für den (inzwischen auch schon wieder über 20 Jahre alten) Welle-Neubau 15 bis 17 allerlei Historisches zutage, das jetzt im Schaufenster hinter Glas zu bewundern ist: Teile der alten Stadtmauer, rund 500 Jahre alte Fußadrücke, Reste mittelalterlicher Gebäude, Knochen und Gefäße, alles anschaulich beschildert.

3 Wo steht die letzte Gaslaterne von Bielefeld? Auch in mittelalterlichen Gässchen lässt es sich bis heute wandeln. Eine davon ist das "Kanonenrohr", für dessen kuriosen Namen es nur Vermutungen gibt. Der schmale Weg biegt von der Kreuzstraße direkt hinter einer Hausecke ab und führt in sanftem Schwung hinunter zur Kunsthalle. Dabei handelt es sich um den letzten Rest des zwischen 1539 und 1545 errichteten Befestigungssystems um Alt- und Neustadt. Dort befindet sich zudem die allerletzte (von einst 111) gusseiserne Gaslaternen. Heute wird sie allerdings mit Strom betrieben. Weitere alte Gassen gibt es in der Fußgängerzone der Altstadt, der Postgang (gegenüber dem Altstadt-Carré) etwa, an desssen Einmündung sich bis 1876 das Preußische Posthaus befand. Namenlos dagegen, sehr eng und kopfsteingepflastert, ist ein Durchgang ein paar Meter weiter, der Oberntorwall und Mauerstraße verbindet.

4 Bielefeld als Open-Air-Bilderbuch Hätten Sie's gewusst? Bielefeld ist ein Open-Air-Bilderbuch. Bunte Motive von Sparrenburg über Dschungelszenen bis hin zu Schneewittchen, Shrek & Co. verschönern stadtweit die Fassaden. In der City motzt in der Passage gegenüber dem Süsterplatz ein schlecht gelaunter Schlumpf ("I hate Street Art"), und am Rande der Innenstadt, über der Fußgängerpassage unter der Artur-Ladebeck-Straße, ist unter hängendem Efeu ein stolzer Storch verewigt. Wer eher "richtiges" Graffiti mag, sollte in den Fußgängertunnel am Oberntorwall/Klosterstraße hinabsteigen.

5 Ein ungewöhnlicher Gedenkstein Die Bielefeld-Verschwörung kursiert seit Jahrzehnten (nicht nur) im Internet: 2019 lobt das Stadtmarketing ein Preisgeld in Höhe von einer Million Euro für diejenigen aus, die Theorie und Behauptung, dass es die Stadt gar nicht gebe, beweisen könnte. Das schaffte letztlich keiner. Die Stadt erklärte daraufhin Wettbewerb und Verschwörung für beendet. Ein Gedenkstein im Grünzug am Leineweberdenkmal erinnert an die Aktion. Wochenlang stand er versteckt hinter einem großen Toilettenwagen. Der wurde nun weggefahren.

6 Uralte Baumriesen mitten in der Stadt Wer hätte vermutet, dass es Bielefeld neben dem bekannten Exemplar im Botanischen Garten (rund 35 Meter hoch) noch jede Menge weiterer Mammutbäume (Metasequoia glyptostroboides) gibt? Der zentralste ist wohl der am Leineweberdenkmal (22 Meter). Aber auch im Grünstreifen gegenüber dem Landgericht recken sich einige gen Himmel. Eine richtige Baumrarität wächst auf dem Johannisberg: ein über 100 Jahre alter Geschlitztblättriger Spitzahorn (Acer platanoides), von dem es, so informiert ein Schild, "weltweit nur noch wenige Exemplare" in dieser Größe und und in diesem Alter gibt. In der Hauptstraße wurden sie gefällt, im Skulpturenpark an der Stadthalle gibt es noch einen (sehr großen): Der urzeitliche Ginkgo (Ginkgo biloba) dort trägt zur Zeit gerade runde grüne Früchte. Die Art gilt als "das älteste Fossil der Pflanzenwelt".

7 Ein junges Kamel liegt hier verbuddelt Eine skurrile Kunstinstallation liegt im Skulpturenpark der Kunsthalle in der Erde: Der Schweizer Künstler Not Vital hat hier 2005 unterhalb der Caféterrasse unter dem Titel “Junges Kamel, der Erde übergeben” ein drei Monate altes, von Touareg geschlachtetes Kamel verbuddelt. Eine Bodenplatte verrät Details. Die Touareg sollen für das Huftier und ihre Hilfe eine Tonne Spaghetti bekommen haben.

8 Segelschiffe im historischen Treppenhaus Ein bisschen bekannter, aber trotz eher versteckt sind die hübschen Delfter Kacheln im Treppenhaus des Crüwellhauses (1530 errichtet), am Alten Markt: eine stattliche Sammlung holländischer Fliesen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Beeindruckend ist die Vielfalt der (meist blauen) Motive: Windmühlen, bäuerliche Szenen, Segelschiffe und allerlei Tierisches.

9 Der "wandernde" Reichskanzler Auch "wandernde Kunst" im öffentlichen Raum gibt's in der Stadt. Das Bronzedenkmal des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck etwa, 1903 geschaffen von R. Siemering, hat schon öfter seinen Platz gewechselt. Erst stand es vor dem Rathaus, seit 1957 vor dem Ratsgymnasium und nun, unter dichtem Blätterdach, im Oberntorwall-Grünzug (wo es übrigens auch einen "Hieroglyphen-Findling" gibt). Der "Eiserne Kanzler" musste 2008 der Neugestaltung des Skulpturenparks weichen. Ein ähnliches Schicksal traf den Merkur-Brunnen des Bildhauers Herbert Volwahsen. Er wurde 2005 vom Alten Markt auf den Bunnemannplatz versetzt und verdeckt nun ein wenig die Brandbaustelle des Tulip-Hotels. An seinem alten Platz sprudelt heute der runde "Spielbrunnen", eine Spende der Lampe-Bank.

10 Bunker sind mal versteckt, mal ein Hingucker Einst lebensrettend waren die städtischen Schutzbunker. Den im Keller des Ratsgymnasiums, hinter einer Stahltür verborgen, kannte einst jeder Schüler und jeder Lehrer. Der lange buchstäblich in der Versenkung verschwundene Tiefbunker unter dem Bahnhofsvorplatz (1941 gebaut) wird jetzt sogar "überplant": Er soll zum Fahrradparkhaus und sogar deutlich vergrößert werden. Als Veranstaltungsort wird der Tiefbunker am Landgericht, der "Bunker Ulmenwall", bis heute genutzt. Der mächtige Hochbunker an der Neustädter Straße dagegen, 1943 fertiggestellt, wurde 2011 für rund 3,5 Millionen Euro komplett zum auffälligen Wohnhaus umgebaut. Zum Abschied von der öffentlichen Nutzung wurde darin mit Musik, Lesungen und Installationen noch einmal groß gefeiert.

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