Mindener gründet vier Start-Ups in sechs Jahren - und ist gerade mal 25 Jahre alt

Minden/Mainz. In jungen Jahren Deutscher Meister im Rudern, mit 14 Jahren arbeitete er an seiner ersten Firma und heute ist er Geschäftsführer von zwei Unternehmen. Wo andere aus seiner Generation gerade erst mit der Universität abgeschlossen haben oder ins Berufsleben starten, kann der 25-jährige Johannes Jäschke aus Minden bereits von viel Erfahrung im Geschäft sprechen - positive wie auch negative.

Er zeigt, dass sich die Vorurteile in der Arbeitswelt gegen die Generation Z nicht pauschalisieren lassen. Aus der Mittelschicht stammend, hat er seinen Ehrgeiz bereits in jungen zum Ausdruck gebracht. Jäschke ließ sich auch nicht unterkriegen, als er seine Ziele nicht erreichen konnte. Den ersten Strich durch die Rechnung machte ihm seine Gesundheit - was ihm dann aber eine neue Tür öffnete.

Seinen ersten größeren Erfolg erzielte Jäschke beim Rudern. Seine kurze Sportlerkarriere begann in der vierten Klasse. Vom Landessieger zum mehrfachen Bundessieger - also Deutscher Meister - war alles dabei. Er kam dann auf dem Besselgymnasium in die Sportklasse. Seine Jugendtage waren stets von morgens bis abends ausgefüllt: Training, Schule, Training.

&bdquo;Wie können wir damit auch Geld verdienen?“ Doch dann der Schock: Nach dem Jugendturnier für Olympia diagnostizierten Ärzte einen Bandscheibenvorfall. Eine Entscheidung musste getroffen werden: Eine Operation mit 14 Jahren oder das Rudern aufgeben und Physiotherapie. Er wählte Option B und wechselte ins Leichtathletik-Team. &bdquo;Es war plötzlich viel Zeit da, weil das intensive Training weggefallen war“, erinnert sich der Hahler, der jetzt in Mainz wohnt. Schule sei ihm auch immer sehr leicht gefallen, sodass er dort ebenso wenig Zeit investieren musste.

In einer Runde mit ein paar Freunden vom Bessel entstanden dann die ersten Geschäftsideen, sagt er. Sie fanden heraus, was sie konnten und worin sie gut waren. &bdquo;Was sich da bei mir in der Zeit entwickelt hat, ist eine gewisse Neugierde und eine extreme Eigeninitiative“, erklärt er sein jugendliches Interesse am Geschäft.

Er wollte schon damals etwas Sinnvolles mit seiner Zeit anfangen, nicht nur vor der Playstation sitzen. &bdquo;Aber vor allem stellten wir uns damals natürlich die Frage, wie können wir damit auch Geld verdienen“, so Jäschke.

Mit 14 Jahren Firmenanteile an einer Künstleragentur Also zog er los und suchte sich einen Job. Mit seinem Vorwissen zu Internetshops und wie man diese baut, befragte er Einzelhändler in der Mindener Innenstadt, ob sie ihn beauftragen wollten. &bdquo;Und weil ich so jung war, haben die Leute wahrscheinlich gedacht: Ja, der kennt sich mit Computern aus. Das wird der schon können.“

Tatsächlich durfte er den Online-Shop von &bdquo;My Body-Shop“ entwickeln. Vor Ort kam er ins Gespräch mit dem Geschäftsführer einer Künstleragentur, die Stripperinnen für Privatfeiern vermittelte. Der damals 14-Jährige stieg ins Geschäft mit ein und erweiterte die Firma - zunächst um eine Internetseite, dann um die Spannweite. &bdquo;Wir vermittelten dann sexy Tänzerinnen an Firmenkunden, Tänzer für Musikvideos von Sony Music oder auch Personen für zum Beispiel RTL-TV-Talkshows“, so Jäschke.

&bdquo;Das Geschäft lief gut, weil wir die Ersten waren, die das seriös für Firmen-Kunden aufgezogen hatten.“ Finanziell gelohnt hat es sich für ihn auch. Er war Angestellter und erhielt Firmenanteile, die er aber in seinem letzten Schuljahr, in dem er sich mehr auf das Abi konzentrieren wollte, an seinen Partner verkaufte.

Neben dem Abi eine Lern-App entwickelt Mit etwa 17 Jahren fragte er sich dann: Was will ich eigentlich mit meinem Leben anfangen? Inspiriert von der Autobiografie von Steve Jobs sollte es künftig in Richtung Start-up gehen. &bdquo;Ich wollte einen Einfluss auf die Welt haben“, sagt der Jungunternehmer. Später kamen dann noch die für ihn inspirierenden Biografien von Arnold Schwarzenegger und Elon Musk hinzu. &bdquo;Die hatten mich in genau der richtigen Phase erwischt.“

Gemeinsam mit drei weiteren Mitschülern gründete er darauf die Lern-App Brains Up. Mit einer Reihe von Quizfragen wurde darin getestet, wie viel von der letzten Unterrichtsstunde hängen geblieben ist. Mit dem Wissen sollte die Unterrichtsvorbereitung für die Lehrer optimiert werden. Mit dieser Handy-App landeten die Bessel-Abiturienten Johannes Jäschke, Christian Sowa, Tobias Budig und Marius Krebs sowohl beim Regionalwettbewerb von &bdquo;Jugend forscht“ als auch beim Wettbewerb &bdquo;Jugend gründet“ 2017 jeweils auf dem dritten Platz.

Neben dem Studium die nächste Firma gegründet Nach dem Abitur gingen Sowa und Jäschke an die WHU – Otto Beisheim School of Management, eine privat finanzierte deutsche Wirtschaftshochschule. &bdquo;Wir vier sind alle immer noch befreundet und treffen uns regelmäßig“, so Jäschke, aber für die Pflege der kostenlosen App war keine Zeit mehr. Aber auch hier konnte sich der gebürtige Mindener nicht allein auf das Studium konzentrieren. Dann gab es schon die Idee für die nächste: Die Sqorl GmbH, die er gemeinsam mit Sowa und ihren Ersparnissen gründete.

Bei dem Start-up sollte ein Algorithmus, den die beiden entwickelt hatten, den Verkaufstrend in den USA vorhersagen. Und drei Monate, bevor die Trends laut Algorithmus nach Deutschland herüberkommen sollten, ließen die beiden Gründer die Produkte in China selbst herstellen, importierten sie und platzierten sie auf den Marktplätzen, wie zum Beispiel Amazon.

Start-up in den Sand gesetzt, aber nicht verschuldet &bdquo;Das hat im ersten Jahr exzellent funktioniert“, sagt er. In den ersten vier Monaten generierten sie bereits fünfstellige Umsätze. Im zweiten Jahr kam ein Team von elf Leuten hinzu. Dann waren es mehr als 2000 Produkte - &bdquo;und das hat uns dann das Genick gebrochen.“ Die Firma sei viel zu schnell gewachsen und sie hätten damals einfach den Liquiditätsbedarf vom E-Commercegeschäft völlig überschätzt. Das heißt: Ware musste dauernd nachgekauft werden und dafür war zu wenig Geld da. Sie mussten die Firma schließen, Mitarbeiter entlassen und gingen mit einem Minus raus. Das Stammkapital für eine neue GmbH liegt bei 25.000 Euro, das sei auch in etwa die Summe gewesen, die sie als Verlust hinnehmen mussten.

Dennoch blickt Jäschke heute, fast fünf Jahre später, positiv auf die Geschäftsidee zurück: &bdquo;Es war eine wunderbare Erfahrung.“ Es habe ihm im Endeffekt mehr Türen geöffnet, als er zunächst angenommen hatte. Weil andere Unternehmen ähnliche Probleme hatten und aus seinen Fehlen lernen wollten, erhielt Jäschke nach der Firmenschließung relativ viele Anfragen für Beratungsmandate. Diese hätten den Verlust wiederum mehr als ausgeglichen, betont er. Verschuldet hätte er sich deshalb nicht.

Zudem sieht Jäschke den daraus gewonnenen Erfolg: &bdquo;Wir konnten die Saletrends voraussagen!“ Er würde es heute vielleicht sogar noch einmal machen, lediglich anders angehen. Andere Produkte auswählen, die Zahlen besser im Blick haben und die Liquidität viel mehr im Blick behalten, resümiert der Stratege.

Auch sein Partner Sowa profitierte letztendlich davon. Für ihn öffneten sich Türen zu verschiedenen Firmen. Diese unternehmerische Erfahrung habe ihm dann auch geholfen, nach der Uni eine sehr attraktive erste Stelle in einem Softwareunternehmen zu bekommen.

Hypno-App soll verkauft werden Nach dem Bachelor-Abschluss in internationaler Betriebswirtschaftlehre folgte dann das vierte Start-up des damals 22-Jährigen: die Hypno GmbH. Das Thema Einschlafprobleme und Angststörungen im Freundeskreis fiel auf - und das war noch vor Corona. Er informierte sich und stieß dabei auf das Thema Hypno-Therapie, die wirksam und ohne Nebenwirkungen sein sollte.

&bdquo;Nur weil das Thema einen schlechten Ruf hat, ist das in der breiten Masse noch nicht angekommen“, erklärt Jäschke. Etwas wissenschaftlich fundierter und seriöser aufgezogen, könnte die klassische Hypno-Therapie bekannter gemacht und gleichzeitig digitalisiert werden, so seine These. Hypnose funktioniert über das Ohr und das lasse sich gut über eine App abbilden - ähnlich wie es die großen Meditations-Apps machen, erklärt der Unternehmer. Ein großes Team an qualifizierten Hypno-Therapeuten sei für die App gescoutet worden.

Erfolge waren wieder schnell sichtbar: Die größten Märkte sind die USA und Deutschland. Nach etwa drei Jahren verbucht die Hypno-App etwa 100.000 Downloads - für den ehrgeizigen Jäschke nicht genug. Er hat sich mehr erhofft, gesteht er. &bdquo;Wenn ich ein Start-up gründe, dann muss es schon ein Unicorn (Einhorn) sein.“ Jedoch: Die App sei sehr profitabel.

Zu dem Jahresumsatz in 2023 möchte sich Jäschke derzeit nicht äußern. Er stecke gerade in Verhandlungen zum Verkauf. Den Grund, warum er verkaufen will, kann er nicht klar definieren. Nur: &bdquo;Ich glaube, die App wird bei dem Nachfolger in noch besseren Händen sein.“

Kommt jetzt das nächste Start-up? Und was kommt danach? Um die App zu finanzieren, gründete Jäschke parallel eine eigene Unternehmensberatung. &bdquo;Diese jetzt weiter auszubauen, wäre eine Option“, sagt er. Ein weiteres Start-up wäre ebenso denkbar. Zudem hätte er noch die Möglichkeit, in einem anderen Unternehmen auf Vorstandsebene einzusteigen, zählt er auf.

Zurück nach Minden zu kommen, sei für ihn derzeit keine Option. Der Liebe wegen bleibt er in Mainz. Aber er freut sich immer wieder, wenn er seine Eltern, Verwandte und Freunde in Minden besuchen kann. &bdquo;Minden ist meine Heimat“, so der 25-Jährige.

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