Bielefelder ist Deutscher Meister – jetzt droht ihm die Abschiebung

Bielefeld. Der 22. März 2024 war für Joseph Giscard Fokoua Tensso ein ganz besonderer Tag. Im brandenburgischen Lauchhammer schafft er es bei der Deutschen Meisterschaft im Kraftdreikampf ganz oben aufs Treppchen, holt sich bei den Masters den Titelgewinn in seiner Gewichtsklasse, darf sich Deutscher Meister nennen. Der Kraftdreikampf, international Powerlifting genannt, ist eine Wettkampfsportart der Schwerathletik und setzt sich aus den drei Disziplinen Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben zusammen. Vergleichbar ist der Kraftdreikampf am ehesten mit dem Gewichtheben.

Der 40-Jährige ist stark, hat Kraft. Kraft benötigt er auch im übertragenen Sinne. Denn aus dem Land, in dem er die Meisterschaft geholt hat, soll er Ende Juli ausreisen. Verfangen hat sich der gebürtige Kameruner in den Fallstricken des Ausländerrechts. Seit mehr als acht Jahren lebt er jetzt in Deutschland. Er hat hier Freunde und zuletzt auch einen festen Job gefunden. Aber nun soll damit Schluss sein.

Zum Masterstudium nach Deutschland Seine Geschichte beginnt in Douala, der Hafenstadt an der afrikanischen Westküste. Hier geht Giscard, wie ihn die meisten nennen, zur Schule, macht Abitur, beginnt ein Studium. 2008 bekommt er ein Visum für Belgien, kann dort an einer Hochschule in Lüttich weiter studieren, schafft den Bachelor in Elektromechanik. &bdquo;In Deutschland wollte ich ein Master-Studium anschließen“, erzählt er. Deutschland – das sei schließlich das Land der Ingenieure.

Doch während in Lüttich in Französisch, eine der Amtssprachen in Kamerun, gelehrt wird, muss Giscard in Deutschland zunächst ein Deutsch-Zertifikat erwerben. &bdquo;Den Kurs in Dortmund musste ich selbst finanzieren. Eine Arbeitserlaubnis hatte ich nicht.“ Jobs annehmen kann er erst, nachdem er sich an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo eingeschrieben hat. Er jobbt als Küchenhilfe, wird von einer Leiharbeitsfirma als Lagerist vermittelt. Mit dem Master-Studium kommt er nicht recht voran. 2022 bricht er es ab.

Weil er aber einen Bachelorabschluss in der Tasche hat, zudem noch in einem Fach, das auch in Deutschland nachgefragt ist, will er sich auf Jobsuche begeben. Die nächste Hürde steht an. Obwohl er seinen Abschluss in einem EU-Land gemacht hat, wird dieser von der Ausländerbehörde im Bielefelder Rathaus zunächst nicht anerkannt. Er findet sich nicht auf der Liste der anerkannten Studiengänge. Wäre der Abschluss jedoch nicht in Ordnung, hätte er sich an einer deutschen Hochschule gar nicht für einen Master-Studiengang einschreiben können. Einen Monat später ist auch dieses Problem ausgeräumt.

Aufenthaltsstatus wird für Fokoua zum Problem Bleiben die befristeten Aufenthaltserlaubnisse. Giscard Fokoua schreibt Bewerbung über Bewerbung. Immer wieder wird er auch zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Er arbeitet zur Probe. Am Ende scheitert er immer wieder am Aufenthaltsstatus.

Zum 1. Juni hat der Kameruner nun einen festen Job angetreten. Wenn schon nicht in seinem Fachgebiet, so doch in einem Bereich, in dem er helfen kann. Die DRK-Flüchtlingshilfe Westfalen-Lippe übernimmt die Betreuung und Versorgung von geflüchteten Menschen in der Gemeinschaftseinrichtung Paderborn. Dort arbeitet der 40-Jährige jetzt als Sozialbetreuer und hilft Geflüchteten, sich in Deutschland zurechtzufinden.

Schon im Januar hatte ihm das Ausländeramt jedoch angekündigt, dass er mit seiner Ausreise rechnen müsse. Im April folgte dann der Abschiebungsbescheid. &bdquo;Ich war verzweifelt“, sagt Giscard. Wegen der neuen, geregelten Tätigkeit gibt es nun zunächst einen Aufschub bis zum 31. Juli.

Kameruner klagt beim Verwaltungsgericht Aber inzwischen hat der Kameruner Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht, will seinen Status endgültig juristisch klären lassen. &bdquo;Wegen des laufenden Verfahrens können wir zu diesem Fall nicht Stellung nehmen“, sagt deshalb auch Stadtsprecher Daniel Steinmeier.

Aber Giscard gibt die Hoffnung auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung nicht auf. Jeden Tag fährt er mit dem Zug zur Arbeit nach Paderborn. Und er trainiert. Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben für den nächsten Meistertitel.

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