Westfalenwind schmeißt Windkraft-Pionier Lackmann raus – und der startet durch

Kreis Paderborn. Wenn es um seine Überzeugungen geht, macht er keine Kompromisse. Johannes Lackmann geht anderen auf den Wecker, bis er zum Ziel kommt. Oder er wird rausgeschmissen. So wie jetzt bei Westfalenwind. Die von ihm 2009 maßgeblich aus der Taufe gehobene Windkraftfirma hat ihn im Frühjahr vor die Tür gesetzt, weil Lackmann zu viel meckerte.

Jetzt spricht er erstmals über die Gründe: Den &bdquo;Luxus-Anbau“ der Firma und zu viel Gier in der Strompreispolitik wirft er Westfalenwind vor. Er spricht von &bdquo;spätrömischer Dekadenz“.

Lackmann, sein Sohn Jan und der langjährige Partner Michael Flocke wurden nach Monaten des Gegeneinander im März aus der Westfalenwind-Geschäftsführung entlassen. Die anderen Geschäftsführer um Friedbert Agethen und Ralf Hecker hatten eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung - und beschlossen das Aus ihres langjährigen Zugpferds.

Familie Lackmann arbeitet in der Nähe von Westfalenwind Die Lackmann-Familie samt Sohn Steffen, Flocke und auch Marcel Welsing sind wenig später aber schon wieder durchgestartet. Sie residieren seit einigen Wochen 100 Meter entfernt von Westfalenwind, auch in der Paderborner Vattmannstraße. Ihr neues Unternehmen im erworbenen dreistöckigen Gebäude heißt Hellwegwind und will ebenso Windkraftprojekte umsetzen und Partner für Stromanbieter sein. 40 Mitarbeiter seien aktuell beschäftigt.

Johannes Lackmann ist 73. Ruhestand ist sowieso nicht sein Ding, aber mit einem Rauswurf will er schon gar nicht aufhören: &bdquo;Alt werden kann ich später noch. Es gibt doch nichts Schöneres, als neue Projekte voranzutreiben.“ Von Rachegelüsten lässt er sich nichts anmerken. Aber den anderen zeigen, was er aus dem Stand noch aufbauen kann, das gefällt Lackmann.

Lackmann stört Gier in der Sparte für Stromverkauf &bdquo;Es gibt genug Projekte für alle, da nehmen wir uns nichts weg“, sagt er mit Blick auf Westfalenwind und dessen 150 Mitarbeiter. Neben dem teuren Neubau habe ihn dort auch die Gier in der Sparte für Stromverkauf gestört.

&bdquo;Den Bereich haben wir mal gegründet, um bei Verbrauchern Akzeptanz für Windkraft durch geringe Strompreise zu schaffen. Aber so sind die Preise nicht mehr“, meint er.

Das Sponsoring auf Werbebanden im Stadion des SC Paderborn habe die Strom-Geschäftsführung gar ohne sein Wissen eingestielt, &bdquo;weil sie wussten, dass ich dagegen bin“.

Büroteppich bei Westfalenwind wird zum Ärgernis Im Neustart gilt nun vor allem eines: Den jungen Laden will Johannes Lackmann wieder nach seinem Geschmack führen. Die Trennung sei unvermeidlich gewesen, sagt der Windkraft-Pionier – und gibt sich trotz manchen Ärgers befreit: &bdquo;Es geht darum, ein Unternehmen effizient zu führen. Ich bin dafür, dass man bescheiden bleibt. Der Anbau bei Westfalenwind für zwölf Millionen Euro ist nicht mein Stil.“

Er selbst fahre mit dem Rad zu Arbeit, ein teurer Büroteppich aus Ziegenhaar und Lampen mit Biorhythmuslichtern ärgern ihn: &bdquo;Es geht darum, wie man mit Geld umgeht und nach Außen auftritt.“ Zudem war er nicht zufrieden mit der Arbeitsmoral der Führungsriege.

Die Chefetage habe zu oft mit Abwesenheit geglänzt. Einem Kollegen habe er mal einen Zettel an die Bürotür geklebt, auf dem zu lesen war &bdquo;Büro zu vermieten“. Lackmanns Erklärung: &bdquo;Er war eben zu selten da.“

Lackmann war schon Gast bei Markus Lanz Mit seiner eloquenten und direkten Art ist Lackmann gern gesehener Talkshowgast, der auch einem Millionenpublikum bei &bdquo;Markus Lanz“ die Notwendigkeit der Energiewende erklärt. Im Unternehmen kommt sein Auftritt auf Führungsebene nicht immer gut an.

Schon im Frühjahr hieß es von Westfalenwind, es habe &bdquo;unterschiedliche Ansichten zur Unternehmenskultur, zum Führungsstil und zur organisatorischen Ausrichtung“ gegeben. Das wiederholt Sprecherin Sonya Harrison nun auf eine erneute &bdquo;NW“-Anfrage. Das Unternehmen hält sich ansonsten bewusst zurück. Die flotten Sprüche überlässt es Lackmann.

In der Westfalenwind-Geschäftsführung seien nun Friedbert Agethen und Michael Obst verantwortlich. Agethen wird zitiert: &bdquo;Wir bedauern die Trennung, aber wie in so mancher Ehe, lebt man sich auseinander. (...) Das Ausscheiden von Johannes Lackmann hinterlässt eine Lücke, dennoch sehen wir uns für die Zukunft bestens aufgestellt.“

Lackmann will Wärmeleitungen für Industrie bauen Bestens aufgestellt sehen sich auch Johannes Lackmann und Sohn Steffen mit Hellwegwind. Sie wollen sich neben neuen Windparks (besonders im Kreis Höxter) auch der Anbindung von Industriebetrieben an Wärmenetze widmen. Den Strom dafür könne die Windkraft liefern, das Problem sei jedoch der viel zu träge Netzausbau, beklagen die Lackmänner. Sie planen, selbst Netze zu bauen – unter anderem ins Paderborner Gewerbegebiet Mönkeloh.

Und auch auf Stromfirmen wollen sie zugehen, um örtlich Tarife durch Windkrafteinnahmen zu subventionieren. &bdquo;Zum Beispiel in Lichtenau haben wir das vor“, verspricht Lackmann Senior. Auch politisch wollen sie sich weiter für erneuerbare Energien einsetzen. Im neuen Gebäude sei schließlich erst eine halbe von drei Etagen belegt, meint Steffen Lackmann und setzt auf Wachstum.

Erfolg können sie auch ohne den Namen Westfalenwind haben, sind die Neustarter überzeugt. Johannes Lackmann: &bdquo;Ich habe zuletzt immer wieder erlebt, dass es vor allem der Name Lackmann ist, der zählt.“

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