So profitieren Bürger und Kommunen ab jetzt von der Windkraft in OWL

Düsseldorf/Detmold. Wenn in einer Stadt oder Gemeinde in OWL künftig ein Windrad gebaut wird, dann sollen die Bürgerinnen und Bürger davon finanziell profitieren. Das schreibt ein neues Landesgesetz vor. Ein erstes Beispiel gibt es jetzt in der Region.

Bislang hatten Investoren von Windkraftanlagen quasi freie Wahl, ob sie die Kommune, in der die Anlage errichtet wird, finanziell beteiligen – oder nicht. Seit Ende 2023 müssen sie das aber – das verlangt das sogenannte Bürgerenergiegesetz in NRW. Das ist so gestaltet, dass Kommune und Betreiber die Details selbst aushandeln können, sich aber spätestens ein Jahr nach Genehmigung der Anlage geeinigt haben müssen. Die schwarz-grüne Landesregierung will so die Akzeptanz für den Ausbau der Windkraft in der Bevölkerung erhöhen.

Zahlen des NRW-Wirtschaftsministeriums zeigen, dass es in den rund 18 Monaten seit Inkrafttretens des Gesetzes bis Mitte Juli 124 Fälle gab, in denen Betreiber und Kommunen verhandeln. In vier Fällen wurde bereits eine Einigung erzielt. In OWL gibt es derzeit sieben Vorhaben und auch eine erste Einigung, wie diese Redaktion erfuhr.

In Paderborn erwartet man Einnahmen von rund 24.000 Euro In Paderborn wurde jetzt ein erstes Projekt im Zuge des Bürgerenergiegesetzes abgeschlossen, wie Kämmerer Markus Tempelmann im Gespräch mit dieser Redaktion berichtet. Das sieht vor, dass der Betreiber künftig 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde an die Stadt zahlt. In Paderborn rechnet man dadurch mit Einnahmen von rund 24.000 Euro pro Windrad pro Jahr.

Hinzu kommen Einnahmen in Höhe von rund 12.000 Euro (0,1 Cent pro KWh), die direkt in den Stadtteil Marienloh fließen sollen, in dem die Anlage errichtet wird. &bdquo;Wir haben eine Stiftungslösung ausverhandelt, damit möglichst viele Menschen von den Einnahmen aus der Windkraft profitieren werden und nicht nur einige wenige“, sagt Tempelmann. &bdquo;Wir sind sehr zufrieden.“ Vor Ort soll das Geld zum Beispiel gemeinnützigen Vereinen und Projekten zugutekommen.

Normalerweise schreibt das Gesetz auch ein Nachrang-Darlehen vor, was Vorteile für Anwohner bringen soll. In Paderborn versuche man aber bewusst, möglichst viele Menschen zu beteiligen. Weitere Verhandlungen zwischen Betreibern und Kommunen gibt es in OWL laut Ministerium aktuell in Lügde, Warburg, Willebadessen und Bad Lippspringe.

Da das Gesetz vorsieht, dass auch die Gemeinden beteiligt werden sollen, die sich in einem 2,5-Kilometer-Umkreis des Windrads befinden, werden in OWL weitere Kommunen profitieren – laut Ministerium sind aktuell knapp 30 weitere Vorhaben in der Region gemeldet, die aber noch verhandelt werden müssen.

Lügde will ein eigenes Windrad betreiben In Lügde im Kreis Lippe gibt es aktuell 16 Anlagen, die bereits gebaut wurden, beziehungsweise bald errichtet werden sollen. Zwei Anlagen fallen unter die neuen Gesetzesregeln. Die Stadt Lügde hat auch hier mit den Betreibern eine Beteiligung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde ausgehandelt. Zwar hält er das Gesetz grundsätzlich für wichtig, um die Akzeptanz für Windkraft zu erhöhen, allerdings wünsche er sich langfristig bessere Konditionen als 0,2 Cent, sagt Bürgermeister Torben Blome.

Insgesamt generiere Lügde aktuell bis zu 250.000 Euro jährlich durch die Windkraft. &bdquo;Wir wollen dieses Geld in die Ortsteile geben, in denen die Anlagen stehen“, sagt Blome. Außergewöhnlich sei, dass die Stadt eine Anlage nun selbst erwerben und betreiben wolle. Blome wünscht sich aber mehr Klarheit vom Gesetzgeber. Vor allem für kleinere Kommunen mit wenig Fachpersonal sei der bürokratische Aufwand hoch.

Das bestätigt auch Steffen Lackmann. Der Geschäftsführer des Unternehmens Hellwegwind baut mit seinem Vater Johannes Lackmann seit Jahren Windparks in der Region. Aktuell realisiert das Unternehmen zum Beispiel Windkraftprojekte im Kreis Höxter in Brakel und Willebadessen. &bdquo;Für uns ändert sich durch das Gesetz nicht viel, aber die Kommunen haben nun eine Handhabe gegenüber den Betreibern“, sagt Lackmann.

Schon vor Jahren habe man damit begonnen, Kommunen finanziell an den Windkrafterlösen zu beteiligen, sagt Lackmann. Viele Modelle setze man bereits seit den 1990er-Jahren um. So zahle man zum Beispiel jährlich fixe Beträge in Stiftungen, wodurch Projekte in einer Kommune unterstützt werden – zum Beispiel im Vereinswesen. Auch günstigere Strompreise für Bürger, die in der Nähe von Anlagen wohnen, sowie Formen von Genossenschaften und Bürgerbeteiligungen sind möglich.

Durch das neue Bürgerenergiegesetz werden künftig bei modernen Windenergieanlagen und abhängig von der Wirtschaftlichkeit rund 35.000 Euro pro Anlage im Jahr in die kommunale Kasse fließen, sagt Lackmann mit Blick auf die Mindest-Ersatzbeteiligung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Einen Großteil davon bekommen Betreiber von den Netzbetreibern rückerstattet. &bdquo;Das belastet uns also nicht groß.“

Betreiber sprechen von lästiger Bürokratie Für richtig hält Lackmann, dass es darüber hinaus verpflichtende Maßnahmen gibt, von denen gezielt Bürgerinnen und Bürger profitieren können, wie zum Beispiel Nachrangdarlehen in Höhe von 90.000 Euro je Megawattstunde installierter Leistung. &bdquo;Das bedeutet, dass wir den Bürgern einen Teil der Finanzierung zu einem festgeschriebenen Zinssatz anbieten müssen.“ Unterm Strich bewertet Lackmann das Gesetz als wichtig und sinnvoll; es sei aber auch aus Betreibersicht mit lästiger Bürokratie verbunden.

Zusätzlich zum Bürgerenergiegesetz spült auch die Gewerbesteuer durch die Windkraft Geld in die kommunale Kasse. Sie macht oft einen mittleren fünfstelligen Betrag pro Jahr pro Windenergieanlage aus. Diese Summe bleibt aber im Gegensatz zum Geld aus dem neuen Landesgesetz oft nicht in Gänze in der Kommune. Paderborn hat beispielsweise in den Jahren 2023 bis 2025 Gewerbesteuer aus der Windenergie zwischen 3,6 und 5,5 Millionen Euro pro Jahr von den Betreibern erhalten. &bdquo;Leider“ unterliege die Gewerbesteuer in NRW einer &bdquo;erheblichen“ Umverteilung, sodass davon letztlich nur rund sechs Prozent in Paderborn verbleiben würden, sagt Kämmerer Tempelmann.

Stellt sich noch die Frage, was mit bereits bestehenden Anlagen passiert, die nicht unter das neue Gesetz fallen – und wovon es in OWL bereits Hunderte gibt. Investoren dieser Anlagen müssen keine Abgaben zahlen, können das nach einer Bundesregelung aber freiwillig tun. Das handhaben Investoren zum Beispiel im Gebiet der Stadt Paderborn bislang unterschiedlich, sagt Tempelmann. Einige zahlen; andere nicht. Die Stadt werde nochmals jeden Betreiber kontaktieren.

Tempelmann schlägt vor, dass künftig auch bei bereits bestehenden Windkraft-Projekten ein Drittel der Einnahmen an die betreffenden Ortsteile weitergegeben werden – entscheiden müsse das aber der nächste Stadtrat mit dem Haushaltsplan 2026. Die bisherigen Verhandlungen mit Betreibern haben in Paderborn im Rahmen des neuen Gesetzes im ersten Fall ein paar Monate gedauert, berichtet der Kämmerer. In weiteren Fällen werde das schneller gehen.

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