Wegen 131 Metern: Bünder Eltern müssen um teure Schülerfahrkarte streiten

Bünde. Seit Jahren pendelt die mittlerweile 16-jährige Kim Bergmeyer mit dem Bus zwischen ihrem Elternhaus in Hiddenhausen und ihrer Schule, dem Gymnasium am Markt in Bünde. Mehr als fünf Kilometer liegen dazwischen, wenn auch nur knapp. Aber die Distanz reichte, um eine kostenlose Schülerfahrkarte zu erhalten. Nicht so in diesem Jahr. Denn plötzlich wohnen die Bergmeyers zu nah an der Schule.

&bdquo;Es ist ein Witz“, sagt Mutter Nadine Bergmeyer. &bdquo;Ich bin fast vom Glauben abgefallen, als wir die Ablehnung der Stadt bekamen. In der gesamten Unter- und Mittelstufe haben wir das kostenlose Ticket doch auch erhalten.“

Grundsätzlich werden in NRW immer dann Fahrtkosten für Schüler von Schulträgern übernommen, wenn der Schulweg bestimmte Entfernungen beträgt: für Grundschüler mehr als zwei Kilometer, in der Sekundarstufe I mehr als 3,5 Kilometer und in der Oberstufe mehr als fünf Kilometer. Nadine Bergmeyer gab also alle möglichen Strecken zur Schule ihrer Tochter nochmal bei Google Maps ein und kam auf 5,2 und 5,3 Kilometer Entfernung. Das teilte sie der Stadt auch mit und bat erneut um Übernahme der Kosten.

Stadt Bünde empfiehlt Schülerin Verzicht auf Bus Doch die Stadt Bünde verwendet ein eigenes Messsystem für Entfernungen. So teilte ein Bearbeiter mit, dass in der Angelegenheit auf das GIS-Kartensystem, erstellt aus ALKIS, dem Amtlichen Liegenschaftskataster-Informationssystem des kommunalen Rechenzentrums zurückgegriffen worden sei. Demnach liegen der Wohnort der Familie Bergmeyer und die Schule 4,87 Kilometer auseinander. Das sind also genau 131 Meter zu wenig für eine Kostenübernahme.

Doch nicht nur die Ablehnung ärgert die Bergmeyers, sondern auch ein zusätzlicher Hinweis des Bearbeiters, wonach Kosten auch übernommen werden können, wenn ein Schulweg besonders gefährlich oder ungeeignet für ein Kind sei. &bdquo;Der Info folgte gleich auch eine Wertung“, sagt Nadine Bergmeyer und zitiert aus dem Schreiben der Stadt: &bdquo;Angesichts des Alters Ihrer Tochter dürfte der Weg auch nicht als besonders gefährlich angesehen werden, weil Schüler/innen, die 16 Jahre alt sind, grundsätzlich als verkehrstüchtig anzusehensind, zumal sie in diesem Alter bereits eine Fahrerlaubnis erwerben können.“

Nadine Bergmeyer findet die Annahme frech – und auch nicht zeitgemäß. &bdquo;Ich denke, wir wollen eine Verkehrswende und weniger Autos oder andere Verkehrsmittel in den Innenstädten. Und dann wird man geradezu dazu aufgerufen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu vermeiden.“

Fast 100 Euro für eine Schülerfahrkarte in Bünde Die Bergmeyers haben ihrer Tochter jetzt ein Deutschlandticket für 49 Euro gekauft – und sind fast froh über die günstige Alternative. Denn ein Monatsticket für Schüler kostet in Bünde 94,50 Euro. &bdquo;Günstigere Angebote haben wir nicht bekommen.“ Auch vielen Bekannten der Familie geht es so. &bdquo;Die waren aber schlauer als wir und haben beim Antrag für die Übernahme der Kosten eine Haltestelle angegeben, die weiter entfernt ist. Die kriegen das Gratis-Ticket jetzt.“

Doch warum ist Schülerbeförderung in Bünde so teuer? Denn es gibt durchaus attraktive, günstige Tarife und Modelle, die für ganz OWL gelten – wenn Politik und Träger einer Kommune sich dafür entscheiden, teilt eine Sprecherin der OWL Verkehr GmbH auf Anfrage mit. Maximal bei 38,50 Euro liegt eine der am häufigsten gewählten Varianten, das Schülerticket Westfalen – also deutlich unter den fast 100 Euro für ein Schülerticket in Bünde. Der Renner wäre das Deutschlandticket Schule, das für Selbstzahler bei 29 Euro liegt.

Eine entsprechende Anfrage dieser Redaktion an die Stadt Bünde blieb innerhalb der gesetzten Frist bis zum Erscheinen des Artikels unbeantwortet. Nadine Bergmeyer wundert das nicht. &bdquo;Es geht hier schließlich ums Prinzip. In anderen Ländern werden die Schulkinder sogar kostenlos vor der Haustür abgeholt und zur Schule gebracht.“

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