Nahe Sparrenburg: Café Sesam eröffnet in Bielefeld mit prämierter mediterraner Küche

Bielefeld. Auf den ersten Blick kommt einem vieles bekannt vor – nach dem ersten Biss aber zünden auf der Zunge sofort die kleinen wie feinen Unterschiede. Ein Beispiel: der beliebte Bulgur-Salat. Während der Weizen üblicherweise im Wasser quillt, wählt Stephanie Dikilitas ein gröberes Korn und kocht es über Stunden zusammen mit Zwiebeln und Tomaten, bis alle Aromen absorbiert sind.

Mit derselben Akribie widmet sie sich den Kichererbsen, die meist püriert als Hummus auf die Teller kommen. Nicht so im &bdquo;Café Sesam“, das seit am Montag an der Kreuzstraße seine Speisen anbietet: Die Selfmade-Köchin mit dem Faible für Frische kocht die proteinreichen Kügelchen über Stunden und röstet sie anschließend in einer Paprikapaste. Natürlich ebenfalls selbst gemacht. Nach Möglichkeit alles in Bio-Qualität, frei von Zusatzstoffen. &bdquo;Wir möchten die Speisen so anbieten, wie wir sie selbst essen.“ Die so präparierten Kichererbsen landen dann in einer Teigrolle für den gleichnamigen Klassiker aus der von der Unesco prämierten Küche der türkischen Kulinarik-Region Gaziantep.

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Dort lebt die Familie ihres Ehemannes Mehmet Dikilitas und dorthin sei die Familie vor zehn Jahren gezogen. Während er in der Gastronomie arbeitete, der größte Arbeitgeber rund um die Millionenstadt, unterrichtete die Grundschullehrerin Deutsch und Englisch, besuchte Kochkurse und lernte im Kreise der Familie die Rezepte für die traditionellen Speisen.

Rezepte stehen unter dem Schutz der Unesco

2015 nahmen die Wächter des vielfältigen Welterbes die Region Gaziantep an der Grenze zu Syrien auf in den Kreis der kreativen Städte mit dem Schwerpunkt Kulinarik. Seitdem stehen Dikilitas’ Rezepte sowie die von tausend anderen Familien unter dem Schutz der Unesco.

Im Februar 2023 jedoch zertrümmerte das verheerende Erdbeben über Nacht viele Pläne und die Familie habe sich neu orientieren müssen. Als die jüngste Tochter dann ihren Wunsch geäußert habe, ihr Abi in Deutschland zu machen, sei die Rückkehr beschlossene Sache gewesen, erzählt das Paar zwischen Dönerspieß und Saucen-Theke.

Wobei bei den Dikilitas klassischerweise nur Kalbfleisch ins Brot kommt, oder in die Bowl oder in die Box, und das sei auch der einzige Import, und zwar aus Berlin. Zum Beispiel für den &bdquo;Döner Istanbul“, eine Kreation mit salzigen Gurken und Pommes, wie er vorzugsweise in der Metropole am Bosporus genossen werde. Ab jetzt vielleicht auch in Bielefeld. Die sehr aufgeräumte Karte bietet noch Hühnchen im Fladenbrot und für Freunde von Fisch sogar die zarte Scholle. Das Angebot umfasst zudem viele vegetarische und vegane Speisen, wobei die fünf selbst gemachten Saucen einen ganz eigenen Aroma-Status genießen.

So bestehe die Avocado-Sauce nur aus dem Mus der Frucht, verfeinert mit Zitrone und Sesam, erklärt die Köchin aus Leidenschaft, der ideale Dip für die selbst gemachten Falafels. Jede Woche werde es neben den Standards wechselnde Gerichte geben, erzählen die beiden und bieten als Kostprobe ein Stück Kürbis zum Dessert. Das Geschmacksphänomen ist dabei von einzigartiger Konsistenz: außen fest, fast kross und innen ganz weich, dezent gesüßt. Auf die Frage, wie sie den Kürbis zubereitet haben, lächelt Mehmet Dikilitas und sagt: &bdquo;Familienrezept“. Fast genauso wie die besondere Gewürzmischung für den Sesam-Keks, schließlich gehöre zu einem &bdquo;Café Sesam“ auch passendes Gebäck.

Renovierung in Rekordzeit für Unesco-Küche

Stephanie Dikilitas organisierte das magische Pulver über die ehemalige Lehrerin ihres Sohnes, weil es nur in dem anatolischen Städtchen Mardin diese spezielle Kombi gibt aus Zimt, Kardamon und Nelken – und einer Prise Salz. Seit vier Monaten lebt die fünfköpfige Familie Dikilitas jetzt in Bielefeld, renovierte in Rekordzeit das Ladenlokal einer ehemaligen Pizzabude und bietet vom Mittagstisch bis zum Abendbrot die Unesco-Küche als kulinarischer Gewinn für das Quartier zwischen Landgericht, Sparrenburg und Neustädter Marienkirche.

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