Wieso diese neue Bielefelder Grundschule auf Hausaufgaben verzichtet

Bielefeld. &bdquo;Man ist nie zu klein, um genial zu sein“: Der Spruch von Pippi Langstrumpf, der im Schulleitungsbüro und auf den Fluren prangt, ist Programm an der neuen Grundschule Sieker, die im Sommer an den Start gegangen ist. Statt über das Einzugsgebiet oder den Übergangsstandort in der ehemaligen Pestalozzischule an der Otto-Brenner-Straße zu lamentieren, richten Rektorin Julia Klein und OGS-Leiterin Christina Niehaus ihren Blick auf das, was da ist: überdurchschnittlich viel Platz und hoch motiviertes Personal zum Beispiel. &bdquo;Und vor allem tolle Kinder, die alle etwas können“, sagen die beiden. Außerdem die Vorteile, die ein kompletter Neustart mit sich bringt.

&bdquo;Wir können hier das umzusetzen, was man inzwischen über das Lernen und einen guten Ganztag weiß und müssen nicht mit veralteten Strukturen kämpfen“, sagen die beiden Pädagoginnen. Beispielsweise, dass Kinder ihr individuelles Lernpensum benötigen, auch wenn es um die Überprüfung der Unterrichtsinhalte geht.

Deshalb gibt es an der Grundschule Sieker auch keine klassischen, von vielen Experten mittlerweile auch mit Blick auf die Bildungsgerechtigkeit kritisch gesehenen Hausaufgaben mehr. &bdquo;Individuelle Übungs- und Vertiefungsphasen sind bei uns in den Lernzeiten mit eingebaut“, berichtet Klein, die mehrere Jahre lang an der Bielefelder Laborschule gearbeitet hat.

Alternative Tagesstruktur an der Grundschule Sieker

Auch die Tagesstruktur ist anders: Es gibt zwei längere Lernzeiten mit Deutsch, Mathematik und Sachunterricht, mit einer langen, 45-minütigen Frühstückspause. &bdquo;Auch am Vormittag sind da dann schon die OGS-Mitarbeiter mit in den Klassen, jede hat eine Bezugsperson“, berichtet Niehaus.

Personell sei die inklusive Grundschule mit insgesamt 13 Kolleginnen und Kollegen bei aktuell zwei Klassen mit insgesamt 49 Kindern überdurchschnittlich gut ausgestattet: &bdquo;In jedem Klassenteam gibt neben Lehr- und OGS-Kraft noch einen Schulsozialarbeiter und eine sozialpädagogische Fachkraft“, sagt Klein, selbst Mutter zweier Kinder (2 und 6).

Moderne und gemütliche Schulmöbel an der Grundschule Sieker

Und auch ordentlich Platz haben die Schüler: Neben großen Klassenräumen gibt es zusätzliche Bereiche zum Toben, Bauen, Kochen, Essen, Lesen und Entspannen. Eine Schule, in die alle gern kommen und einen Ort zum Wohlfühlen zu schaffen, sei das Ziel.

Entsprechend einladend sind Räume und Flure gestaltet: Moderne, höhenverstellbare Schultische und -stühle, helle Sitzbänke und Regale werden mit individuellen Secondhand-Möbeln, wie ein nostalgisches Sofa mit Gemütlichkeitsfaktor, Stehlampen oder von Eltern und Kollegium gespendeten Topfpflanzen kombiniert. Erste Kunstwerke der Kinder an den Wänden zeigen, dass Niehaus, nicht nur Sonderschulpädagogin, sondern auch Diplomgrafikdesignerin und Schneiderin ist.

Schach, Stopp-Motion-Filme, Märchen, Kochen und gesunde Ernährung, Fitness oder Experimente: Nach dem Mittagessen können die Kinder, die bis auf drei alle die OGS besuchen, bei verschiedenen Angeboten mitmachen. Neben dem Thema Demokratie, das schon im Kleinen beginne und gerade auch in der aktuellen Zeit ganz wichtig sei, legt die Schule großen Wert darauf, dass auch Eltern sich dort wohl- und willkommen fühlen.

&bdquo;Deshalb haben wir in der Halle immer Kaffee, Wasser und Tee zur Selbstbedienung stehen“, berichtet Klein. Dass die Kinder aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen kommen, sehe das Schulteam als Bereicherung an.

Stadtteil an der Elpke ist Bielefelder Brennpunkt

Aufgrund des neu definierten Schuleinzugsbereichs gab es seitens der Schulpolitik Sorge, dass sich die neue Grundschule zur Brennpunktschule werden könnte. Der überwiegende Teil der Kinder komme aus der Siedlung rund um die Greifswalder Straße und zu Teilen aus den Quartieren an der Elpke.

Dort würden überdurchschnittlich viele Familien Bürgergeld beziehen. Die f ür eine Schule wichtige Heterogenität, also die soziale Durchmischung, werde es dort nicht geben, so die Kritik.

Das sieht Klein anders: &bdquo;Unsere Schülerschaft ist gut durchmischt“, betont die 39-Jährige. Jedes Kind bringe Potenzial und Stärken mit, die es bestmöglich zu fördern gelte, statt auf mögliche Defizite zu schauen. Deshalb gebe es beispielsweise auch einmal im Monat eine besondere Stunde, &bdquo;in der jedes Kind zeigen kann, was es kann“.

Aber es sei auch wirklich viel Verantwortung und Arbeit, so eine Schule aufzubauen, räumen Julia Klein und Christine Niehaus ein. Für sie gehe damit in Traum in Erfüllung. Es gebe natürlich auch immer wieder Herausforderungen. Dass sich die Lieferung der Kletterspinne für den Schulhof jetzt schon mehrfach verzögert hat, lasse die Kinder kreativ werden, zusammen Ideen zu entwickeln, stärke das Gemeinschaftsgefühl. &bdquo;Sie bauen sich im Gebüsch zwischen Schulhofzaum coole Tunnel und Buden“, berichtet Niehaus.

&bdquo;Grandioser“ Neubau an der Oldentruper Straße geplant

Auch mit der Nachbarschaft und dem Quartier will sich die neue Grundschule Sieker, die im Sommer 2028 in den &bdquo;wirklich grandiosen“, geplanten Neubau an der Oldentruper Straße umziehen soll, noch mehr verzahnen. &bdquo;Der Kleingartenverein hat uns ein kleines Grundstück angeboten, die wir beackern dürfen, mit dem Kanal 21 gab’s einen Videoworkshop, ein Opa macht Brettspiele mit den Kindern“, berichtet Klein.

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