Weniger Automaten-Sprengungen in OWL – suchen die Banden neue Ziele?

Bielefeld. Haben die Sicherheitsbehörden den Kampf gegen Geldautomatensprenger gewonnen? Immerhin sind die Zahlen der erfassten Attacken auf die Banken in diesem Jahr extrem gesunken – und immer wieder kommt es zu Festnahmen. Sicherheitsexperten sehen jedoch keinen Sieg über die kriminellen Banden, die hinter den Attacken stecken. Vielmehr könnten sie sich gar neue Ziele suchen.

39 Angriffe auf Geldautomaten erfasste das Landeskriminalamt NRW (LKA) im laufenden Jahr (Stand: 16. Dezember). So wenige wie seit vielen Jahren nicht. Wie viele dieser Fälle erfolgreich waren und bei wie vielen es nur beim Versuch blieb, ist nicht klar.

Und auch in OWL hat es 2024 kaum Zwischenfälle gegeben: Vier Geldautomatensprengungen wurden bisher erfasst, nämlich in Barntrup, Lügde (beide Kreis Lippe), Versmold im Kreis Gütersloh sowie in Gütersloh selbst. Dabei traf es zweimal einen Automaten der Volksbank, und je einmal eine Filiale der Sparkasse und der Santander-Bank.

Verglichen mit den Jahren zuvor sind die Zahlen sowohl in NRW als auch in OWL deutlich rückläufig. Zum Vergleich: 2023 erfasste das LKA etwa 150 Sprengungen, davon zehn in Bielefeld sowie den sechs weiteren Kreisen. 2022 waren es sogar mehr als 180 Attacken – Rekord. Davon wurden ganze 20 in OWL verortet.

Reul warnt: &bdquo;Kampf noch lange nicht gewonnen“ Doch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) warnt vor zu schnellen Rückschlüssen: &bdquo;Der Kampf gegen Geldautomatensprenger ist noch lange nicht gewonnen.“ Dennoch sei klar bemerkbar, dass die Sprengungen zurückgehen. Reul sieht dafür einen &bdquo;einfachen“ Grund: &bdquo;Die Banden fühlen sich in Nordrhein-Westfalen offenbar immer weniger wohl. Durch länderübergreifende Kooperation, mehr Prävention und Ermittlungserfolge, die zu Festnahmen von Sprengern und Hintermännern geführt haben, haben wir es geschafft, diesen kriminellen Banden immer näher auf die Pelle zu rücken.“

Die meisten Sprengungen von Geldautomaten gehen auf das Konto von Banden aus den Niederlanden. Vor allem in den Regionen Utrecht und Amsterdam haben sich laut Sicherheitsexperten mehrere Hundert Personen, viele davon mit marokkanischen Wurzeln, auf die Sprengung von Geldautomaten spezialisiert. Teilweise haben Ermittler bereits regelrechte Trainingsanlagen hochgenommen, in denen dem Nachwuchs die Handhabe mit Sprengstoff beigebracht wird.

Sprengstoff und riskante Fahrten beunruhigen Ermittler Denn statt eines Gasgemischs nutzen die Kriminellen mittlerweile immer häufiger Sprengstoff wie Semtex. Für die Sicherheitsbehörden ein Umstand, der die Taten noch gefährlicher macht, als sie es ohnehin schon sind.

Und auch das Verhalten nach den Taten bereitet den Behörden große Sorgen. Denn die Kriminellen reisen in vielen Fällen mit hochmotorisierten und teilweise sogar extra umgebauten Autos an, gerne der Marke Audi. Nach der Tat rasen sie über die Autobahnen in Richtung Grenze davon, bringen dabei sowohl Unbeteiligte als auch die Polizei selbst in große Gefahr. Oft werden die Verfolgungsjagden seitens der Beamten abgebrochen.

Experte warnt: Banden könnten sich neue kriminelle Bereiche suchen Minister Reul betont nun allerdings mit Blick auf die Sprengergruppen: &bdquo;Wir stören ihre routinierten Pläne und Abläufe.“ Immerhin haben die NRW-Behörden in diesem Jahr 27 Festnahmen in der Sprenger-Szene verbucht. Seit 2015 sind es insgesamt nun ganze 238 Festnahmen. Reul weiter: &bdquo;Auch die Banken haben ihre Geräte umgerüstet und besser gesichert. Diese Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden und Geldinstituten braucht es auch weiterhin, um Nordrhein-Westfalen für Automatensprenger noch unattraktiver zu machen.“

Doch auch Erich Rettinghaus, NRW-Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, warnt vor trügerischen Rückschlüssen trotz sinkender Sprengungen. &bdquo;Die Täter dahinter werden sicher nicht aufhören, kriminell zu sein, nur weil Geldautomatensprengungen nicht mehr so lukrativ sind.“ Er befürchtet, dass die Banden sich andere Felder suchen, in denen sie zuschlagen. &bdquo;Zum Beispiel Juweliere“, warnt er.

Erste entsprechende Fälle soll es bereits gegeben haben. &bdquo;Zudem mischen die Banden auch in anderen Feldern mit, sogar in NRW – etwa dem Drogenhandel“, sagt Rettinghaus. Den Sprengerbanden wird immer wieder nachgesagt, Teil der berüchtigten Mocro-Mafia in den Niederlanden zu sein.

Um das Problem mit Kriminellen in den Griff zu bekommen, sieht Rettinghaus ausgerechnet in dem Nachbarland selbst vorbildliche Maßnahmen. &bdquo;Die Behörden in den Niederlanden setzen bereits jetzt Kameras mit Kennzeichenerfassung an den Grenzen ein.“

So sei es bereits vorgekommen, dass die Behörden aus den Niederlanden frühzeitig die deutschen Behörden vor einreisenden Verdächtigen gewarnt haben sollen. &bdquo;Das sind Maßnahmen, über die sollten auch wir in NRW nachdenken, um frühzeitig zu erkennen, wer hier überhaupt unterwegs ist – denn Kriminelle führen nicht unbedingt Gutes im Schilde.“

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