Meinung: Schöne Bescherung - Wohnen in Bielefeld wird jetzt noch teurer

Bielefeld. Diese schöne Bescherung kommt erst nach dem Fest. Im Januar wird die Stadt Bielefeld die neuen Grundsteuerbescheide verschicken. Für die meisten Wohngrundstücke dürfte eine teils deutlich höhere Abgabe fällig werden. Im Februar wird der neue Betrag erstmals abgebucht.

Fast zwei Drittel der Bielefelderinnen und Bielefelder wohnen zur Miete. Auch sie werden von der höheren Grundsteuer betroffen sein, denn ihr Vermieter darf die Kosten umlegen. Das Fazit der Grundsteuerreform ist, dass Wohnen in Bielefeld noch teurer wird. Und das auf einem ohnehin schon angespannten Wohnungs- und Grundstücksmarkt.

Olaf Scholz (SPD), seinerzeit Bundesfinanzminister, hat die neue Grundsteuer auf den Weg gebracht. Nicht freiwillig. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zwang ihn dazu. Doch das Versprechen von damals, dass es insgesamt für die Bürgerinnen und Bürger nicht teurer wird, konnte nicht eingehalten werden.

Eigentlich soll die neue Grundsteuer Ungerechtigkeiten ausgleichen. Bislang profitierte, wer einen Altbau besitzt. Der Nachbar im Neubau musste mehr zahlen. Auch Immobilien in Top-Lagen kamen im Verhältnis besser weg als solche am Stadtrand. Doch der Verweis darauf, dass es jetzt gerechter zugehen soll, wird den Groll bei dem, der mehr zahlen muss, kaum mindern.

Wichtige Einnahmequelle der Stadt Für die Stadt Bielefeld ist die Grundsteuer eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen. 82 Millionen Euro nimmt sie jährlich aus dieser Steuer ein. Erhoben wird sie für 104.000 bebaute und unbebaute Flächen in der Stadt. Angesichts klammer Kassen blieb der Stadt nichts anderes übrig, als ihren Hebesatz für die Grundsteuer zu erhöhen, um wenigstens auf die Summe zu kommen, die sie bislang einnimmt.

Bielefeld wurde wie alle anderen Kommunen im Land mit den Konsequenzen aus der Reform ziemlich allein gelassen. Es war am Ende ein süßes, aber vielleicht auch ein vergiftetes Angebot des Landes, dass die Stadt sich statt für einen einheitlichen auch für einen differenzierten Hebesatz hätte entscheiden können. Dann wäre es für Wohngrundstücke etwas günstiger geworden, für Nichtwohngrundstücke teurer.Der Rat hat am Donnerstag für das einheitliche Modell gestimmt, obwohl es in der rot-grün-roten Koalition wie auch in der CDU ursprünglich viele Befürworter der differenzierten Lösung gab. Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) und Stadtkämmerer Rainer Kaschel (CDU) stimmten sie um. Zu groß scheint das Risiko, dass bei zu erwartenden Klagen gegen das differenzierte Modell die Stadt auf einmal ganz ohne Grundsteuer dastehen könnte.

Das Votum des Rates war am Ende das richtige, obwohl es, böse gesagt, eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera war. Sie gilt jetzt für zwei Jahre. Sollte dann Rechtssicherheit bestehen, könnte auf die differenzierte Variante umgeschwenkt werden.

Privathaushalte immer mehr belastet So sehr kurz vorm Fest alle auf Eintracht und Harmonie aus sein mögen: Zur Wahrheit gehört, dass zwar eine um vielleicht 200 oder 300 Euro höhere Grundsteuer den Einfamilienhausbesitzer nicht in den Ruin treiben wird. Doch sie reiht sich ein in eine ganze Reihe von Mehrbelastungen: Strom und Gas deutlich teurer, erneuter CO2-Aufschlag für Benzin und Diesel zum Jahreswechsel, drastisch steigende Krankenkassenbeiträge, höhere Müllgebühren und im Supermarkt liegt für 50 Euro immer weniger im Einkaufswagen. Selbst wenn es mal ein Lohn-Plus gab, geraten inzwischen auch immer mehr Mittelschicht-Haushalte an ihre Belastungsgrenzen.

Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Meinung unter michael.schlaeger@nw.de

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