Behinderte müssen für Behindertenparkplätze der Stadtwerke Bad Oeynhausen bezahlen

Bad Oeynhausen. Vor den Parkhäusern der Kurstadt sind die Schranken gefallen. Seit August muss niemand mehr die Fensterscheibe im Auto herunterkurbeln, den Wagen vor die Absperrung zirkeln und sich dann darüber ärgern, dass der Automat zu weit weg ist. Das schrankenlose Parken ist auch für Menschen mit Behinderungen eine Erleichterung. Allerdings sind die Behindertenparkplätze im Parkhaus gebührenpflichtig. An öffentlichen Straßen parken Behinderte dagegen kostenlos.

Ein gehbehinderter NW-Leser, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, findet das ungerecht. Er besitzt einen blauen Parkausweis, der ihn zum Parken auf Behindertenparkplätzen berechtigt. Doch sobald der gehbehinderte Mann sein Auto im Sültebusch-Parkhaus auf einem der extra für Behinderte reservierten Parkflächen parkt, muss er dafür auch bezahlen. Er parkt deshalb lieber auf den Behindertenparkflächen am Straßenrand. Die sind nämlich kostenlos.

Die Stadtwerke Bad Oeynhausen bestätigen diese Parkraum-Praxis. Im Sültebusch werden sogar neun Behindertenplätze freigehalten, auf der Parkpalette Wear Valley Platz sind es sieben, im Parkhaus Herforder Straße drei und in der Tiefgarage &bdquo;Salzhof“ unter dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) sind es sieben Behindertenplätze.

Parkhäuser sind kein öffentlicher Verkehrsraum Die Parkhäuser der Stadtwerke seien &bdquo;als privatwirtschaftlich betriebene Einrichtungen einzuordnen und daher nicht dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen“, erklärt Pressesprecherin Julia Hinkelmann. Die Stadtwerke verweisen auf die Expertise des &bdquo;Bundesverbands Parken“, dem die Stadtwerke angehören. Dieser Verband bewerte das &bdquo;in derselben Weise“.

Allerdings stehen vor den Parkhäusern Schilder mit der Aufschrift &bdquo;Hier gilt die StVO“, also die Straßenverkehrsordnung. Und dieselbe Verkehrsordnung ist auch Grundlage der Behörden, um Behinderten einen blauen Behindertenparkausweis auszustellen. Mit diesem Ausweis dürfen die Besitzer kostenlos am Straßenrand parken. Nicht jedoch im öffentlichen Parkhaus der Stadtwerke, wo die gleiche StVO gilt.

Die Stadtwerke schließen in ihren Allgemeinen Nutzungsbedingung das kostenlose Parken auf Behindertenparkplätzen ausdrücklich aus. Jeder Autofahrer, der in einem Parkhaus der Stadtwerke parkt, lässt sich automatisch auf diese Nutzungsbedingungen ein. Ist diese Rosinenpickerei in Ordnung?

Nutzungsbedingungen schließen Gratis-Parken für Schwerbehinderte aus Die Stadtwerke finden ja. &bdquo;Die Allgemeinen Nutzungsbedingungen in unseren Parkhäusern dienen keinesfalls der selektiven Auslegung der StVO“, so Stadtwerke-Pressesprecherin Hinkelmann: &bdquo;Im Gegenteil, wir streben danach, unseren Gästen ein umfassendes und faires Parkangebot zu bieten, das sowohl den Bedürfnissen von Inhabern eines Sonderparkausweises, als auch allen anderen Gästen gerecht wird.“

Die weitere Argumentation der Stadtwerke läuft darauf hinaus, dass auch Autofahrern mit Behinderungen etwas für ihr Geld geboten werde: &bdquo;Nicht nur einen gesicherten Raum für das Fahrzeug, sondern auch zusätzliche Annehmlichkeiten wie überdachtes Parken mit Videoüberwachung, Beleuchtung der Park- und Wegeflächen, ein komfortables und schrankenloses Ein- und Ausfahren sowie persönliche Ansprechpersonen.“

Die Mitarbeiter der Stadtwerke stünden von 7 bis 21 Uhr bereit, um Hilfestellung und Unterstützung zu leisten. Und das bei einem Tageshöchstsatz fürs Parken von sechs Euro. Die Stadtwerke lägen damit &bdquo;im unteren Bereich urbaner Parkgebühren“, so die Stadtwerke-Sprecherin.

Sozialverband wünscht Erleichterungen für Bedürftige Der NRW-Landesverband des Sozialverbands Deutschlands (SoVD) hat auf NW-Anfrage die rechtliche Situation geprüft - und bestätigt die merkwürdige Doppelpraxis. Demnach gebe es derzeit &bdquo;kein Anrecht darauf, auf einem Behindertenparkplatz im Parkhaus auch kostenfrei zu parken“, so Pressesprecher Matthias Veit. Aus Sicht des SoVD wäre es aber &bdquo;wünschenswert, dass Menschen mit Behinderungen mehr Unterstützung bekommen“.

Letztlich sei die Gebühr für Behindertenparkplätze aber auch bloß ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Kommunen kein Geld haben. Nach und nach seien immer mehr Vergünstigungen für Familien oder Rentner gestrichen worden. Veit verweist auf die Großdemonstration gegen Sparmaßnahmen der NRW-Landesregierung und regt an, Erleichterungen wie das kostenlose Parken in Bad Oeynhausen gegen den Trend einzuführen. Veit: &bdquo;Das wäre ein starkes Signal.“

Der NW-Leser aus Bad Oeynhausen hätte für den Fall der Fälle sogar eine Idee, wie das einfach umzusetzen wäre: Die Kameras, die bislang Nummernschilder filmen, könnten doch auch bei Ein- und Ausfahrt die Schwerbehindertenausweise erfassen. Dann wäre automatisch überprüfbar, ob ein berechtigter Ausweisinhaber im Parkhaus parkt.

Doch so einfach das klingt, so schwierig ist womöglich die Umsetzung. Die Stadtwerke sehen technische Hürden und halten eine solche Erfassung auch datenschutzrechtlich nicht für zulässig. Und wenn sich die Ausweisinhaber bei den Stadtwerken mit ihren Autonummernschildern freiwillig im Ticketsystem registrieren ließen? &bdquo;Die technische Möglichkeit besteht“, bestätigt Hinkelmann: &bdquo;Allerdings besteht keine Veranlassung, aus der sich ein Vorteil für die genannten Personen ergeben würde, weshalb wir von der Umsetzung absehen.“

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