Neue Grundsteuer macht Herforder Hühnerwiese zu Luxusimmobilie

Herford. Die Grundsteuerbescheide der Stadt Herford sind raus - und sorgen offenbar bei vielen Haus- und Grundstückseigentümern in der Innenstadt für massiven Ärger. Doch nicht nur dort.

&bdquo;Wir haben derzeit eine hohe Zahl von Anrufen“, erklärt Stadtsprecherin Susanne Körner. Sie schränkt aber ein: Das sei immer so, wenn die Bescheide rausgegangen sind. Das Spektrum der Anrufer reicht von der Information, dass ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat, über Kritik an einzelnen Punkten bis hin zu den Beschwerden über die aktuellen Grundsteuerbescheide. Denn kurzfristig nachvollziehbar erscheinen einige der Beträge nicht wirklich.

Klaus Dieter Wortmann steht auf der rund 1.400 Quadratmeter messenden Hühnerwiese hinter seinem Haus am Altensenner Weg. Das Grundstück liegt im Überschwemmungsbereich der Aa. &bdquo;Früher habe ich hierfür rund 59 Euro pro Jahr gezahlt“, erklärt der 79-Jährige. Das Land war als Gartenland aufgeführt. Laut neuem Bescheid von der Stadt gilt es nun als unbebautes Grundstück. Durch den städtischen Hebesatz von 1.550 Prozent soll der Herforder &bdquo;jetzt auf einmal 901 Euro zahlen. Das ist Überschwemmungsgebiet, da hinten ist Naturschutzgebiet. Hier darf niemand bauen“. Außer seinen Hühnern, die täglich Eier liefern, gibt es de facto auch keine wirtschaftliche Nutzung der Fläche, betont der Pensionär. Er will sich jetzt anwaltlichen Rat holen.

Verfahren bei Finanzamt und Stadt Prinzipiell ist das Grundsteuer-Verfahren zweigeteilt: Während die Stadt Herford die Grundsteuerhebesätze festlegt, ist die grundsätzliche Bewertung eines Grundstücks - also etwa Lage, Alter eines Hauses, Ausstattung, energetischer Zustand - Sache des heimischen Finanzamts.

Der Herforder Stadtrat hatte die Hebesätze erst jüngst hochgesetzt. Er hat sich dabei für ein Modell entschieden, das unterschiedliche Höchstsätze für reine Wohngebäude und gemischt genutzte Immobilien – also Ladenfläche und Mietwohnungen, aber auch unbebaute Grundstücke – vorsieht.

Für reine Wohngebäude gilt der Grundsteuerhebesatz von 778 Prozent. Für Gewerbeimmobilien aus Wohn- und Geschäftsbereich wird der Hebesatz von 1.550 Prozent angewendet, was bei den meisten Eigentümern zu einer Verdoppelung des an die Stadt zu zahlenden Betrags führt, aber auch noch mehr ausmachen kann.

Steigerung von 460 Prozent Hauseigentümerin Jutta Kesting, die ein Haus Unter den Linden besitzt, gehört wohl zu dem Personenkreis, die eine der höchsten Steigerungen im Stadtgebiet hinnehmen sollen: &bdquo;Bei mir steigt die Grundsteuer um 460 Prozent des ursprünglichen Wertes“, erklärt sie. Statt wie in der Vergangenheit 270 Euro soll sie nun 1.242 Euro zahlen. Sie habe sich eigentlich immer bemüht, das Gebäude in seiner ursprünglichen Form aus Gewerbe im Erdgeschoss und den Wohnungen darüber zu erhalten. Ein Ladenbereich sei nicht vermietet, ein anderer schon. Die Gewerbemieten in diesem Bereich seien aber nicht so hoch, als dass sie einen derartigen Betrag rechtfertigen, sie lägen sogar unter den Mieten für Wohnungen.

Nahe dem Neuen Markt: Hier berichtet der Eigentümer eines Geschäfts- und Miethauses, der anonym bleiben möchte, von einer Verdoppelung der Grundsteuer auf umgerechnet rund 2,70 Euro je Quadratmeter Fläche. Da die Grundsteuer in der Regel auf die Mietnebenkosten umgelegt wird, werden wohl auch viele Mieter in der Innenstadt, aber auch in anderen gewerblich genutzten Gebäuden, mit Zeitverzug die Steigerungen zahlen müssen. Ähnliche Berichte gibt es auch von weiteren Immobilienbesitzern. Einer berichtet von einer Steigerung von 350 Prozent. Auch er fragt, wie er eine solche Steigerung seinen Mietern beibringen soll.

Die Frage des Widerspruchs Gleichzeitig wären - wenn die Stadt ihre Hebesätze nicht erhöht hätte - die Grundsteuern für die Wohngebäude in Herford teils gesunken oder nur sehr leicht gestiegen.

Das gemeinnützige Portal Finanztipp hat sich mit der Frage beschäftigt, ob sich ein Vorgehen gegen die aktuellen Bescheide lohnt. Tatsächlich sehen die Experten - sollte es nicht zu groben Fehlern in den Bescheiden gekommen sein - nur wenig Chancen für einen erfolgreichen Widerspruch.

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