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Schwarz-Grün in NRW eignet sich nicht als Vorbild für den Bund

Ingo Kalischek

Mona Neubaur und Hendrik Wüst haben im Sommer 2022 den schwarz-grünen Koalitionsvertrag in NRW unterschrieben. - © dpa
Mona Neubaur und Hendrik Wüst haben im Sommer 2022 den schwarz-grünen Koalitionsvertrag in NRW unterschrieben. (© dpa)

So schnell dreht sich der Wind. Noch vor eineinhalb Jahren galt Hendrik Wüst als größter parteiinterner Widersacher von Friedrich Merz. Und als Herausforderer im Rennen um die K-Frage. Jetzt, wo Merz kurz davor ist, Kanzler zu werden, sitzt Wüst zu bester Sendezeit in den Talkshows – und erklärt die Politik seines Parteichefs. Es ist schon auffällig und bemerkenswert, wie oft Wüst Merz aktuell den Rücken stärkt.

Schließlich unterscheiden sich beide Politiker nicht nur in ihren Persönlichkeiten. Während die Union auf Bundesebene seit Monaten eifrig Grünen-Bashing betreibt, regiert Wüst mit der Partei seit zweieinhalb Jahren in NRW. Und beteuert seitdem, wie gut und vertrauensvoll er mit ihnen zusammenarbeitet. Das könnte Wüst in der CDU mittelfristig ein Stück weit isolieren, obwohl er den mächtigen NRW-Landesverband führt.

Denn aktuell spricht eher wenig dafür, dass es auch auf Bundesebene zu einer schwarz-grünen Koalition kommen wird – vor allem aus zwei Gründen. Unionsgrößen wie CSU-Chef Söder oder CDU-Generalsekretär Linnemann machen keinen Hehl daraus, wie weit sie sich von den Grünen entfernt sehen. Auch Spitzen-Grüne in Berlin bekunden hinter vorgehaltener Hand regelmäßig ihre Abneigung gegenüber Teilen der Union, und das übrigens nicht nur in Wahlkampfzeiten.

CDU und Grüne sind auf Bundesebene zu verschieden

Während in NRW vor allem deshalb nur wenig Streit zwischen CDU und Grünen nach außen dringt, weil sich die Spitzen der Parteien vertrauen und respektieren, kann man das von beiden Parteien auf Bundesebene nun wirklich nicht sagen. Die Akteure sind zu verschieden. Es mangelt ihnen schlicht an Glaubwürdigkeit, wie sie nach der Wahl erklären wollen, dass all die Scharmützel gar nicht so gemeint waren – und sie nun doch vertrauensvoll zusammen regieren wollen.

Die zweite große Differenz wird in diesen Tagen in der Migrations- und Asylpolitik deutlich. Die hat Merz mit seinen jüngsten Aussagen zum entscheidenden Wahlkampfthema gemacht – ob gewollt oder nicht. Die Grünen werden die von der CDU geforderten Verschärfungen aber nicht mittragen können, wenn sie nicht ihre politische DNA verleugnen wollen. NRW taugt auch an dieser Stelle nicht als Vergleich, weil der Migrationskurs der CDU im Bund noch eine Spur schärfer und weitreichender ist als der am Rhein.

In der Union trifft Wüsts schwarz-grünes Experiment derzeit also auf wenig Gegenliebe. Es eignet sich nicht als Vorbild für den Bund. Dafür ist die schwarz-grüne Entfremdung in Berlin zu groß. Wenn Wüst die Richtung der CDU künftig dennoch mitbestimmen will, wird er seinem Parteichef wohl zwangsläufig wieder Paroli bieten müssen. Talkshow-Auftritte werden dann nicht mehr reichen.

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