Vorreiter in Deutschland: Exoskelett erleichtert Knochenjob am Airport Paderborn

Büren-Ahden. Auf der Hannover Messe trägt es Schauspieler Ralf Möller zur Schau, im echten Einsatz im Bauch eines Flugzeugs am Airport Paderborn/Lippstadt trägt es Markus Dransmann: ein Exoskelett. Der Flughafen hat diese am Körper tragbare Stützstruktur angeschafft, um den Rücken von Mitarbeitern beim Be- und Entladen der Jets zu schonen – und ist damit deutschlandweit Vorreiter. Dransmann nutzt es bei der Knochenarbeit seit wenigen Wochen und ist begeistert: &bdquo;Wenn man sich dran gewöhnt hat, ist es eine deutliche Entlastung für den Körper.“

Der Airport hat nach einer Testphase im Vorjahr nun eine Version des &bdquo;Suitx“ des Medizintechnikherstellers Ottobock aus Duderstadt gekauft. Vorab hatten Hersteller und Flughafen ausgetüftelt, welche Anpassungen des Geschirrs für kofferschleppende Frauen und Männer an Airports nötig sind. &bdquo;Im Oktober und November haben wir Sensormessungen bei der Arbeit gemacht und festgestellt, dass ein Exoskelett zu 75 Prozent weniger Rückenbelastung führt“, sagt Dransmann, als er im Schatten eines Eurowings-Airbus A320 steht, der gleich wieder nach Mallorca zurückfliegen soll.

Zuerst wird der Bauch des Flugzeugs leer geräumt. Rund 180 Gepäckstücke sind drin, verteilt auf zwei Laderäume an Heck und Bug, die Kofferräume des Fliegers. Dransmann aktiviert sein helfendes Skelett, das er sich mit wenigen Gurten bequem überwerfen kann. Es wiegt laut Hersteller etwa drei Kilogramm und lässt sich in unter 20 Sekunden an- und ablegen.

Exoskelett: Platte vor der Brust bringt die Entlastung &bdquo;Das Geheimnis sind die Druckfedern“, sagt der 51-jährige Dransmann. Sie sind seitlich an den Beinen zu erkennen. Der Hersteller erklärt, dass beide Federn die Energie des Benutzers während der Arbeitsaufgaben erfassen, speichern und wieder abgeben. Die entscheidende Unterstützung erfährt der Nutzer dann durch eine Platte vor der Brust, die beim Bücken einen Gegendruck erzeugt.

Wie nötig das ist, erkennt der Laie erst so richtig, wenn er Dransmann im Flugzeug schuften sieht. Ein durchschnittlich großer Mann muss seinen Oberkörper im hinteren Laderaum zu etwa 90 Grad beugen, um sich beim Einsortieren der Gepäckstücke bewegen zu können. Und dann muss er jeden Koffer – alle um die 20 Kilo – anfassen und an seinen Platz wuchten: Vollstress für den Rücken. Per Transportband kommt immer neues Gepäck hoch ins Flugzeug. Dort sind die Tetris-Fähigkeiten Dransmanns gefragt, um alles platzsparend und sicher unterzubringen.

&bdquo;Wenn im Sommer nachts acht bis zehn Flieger abgefertigt werden müssen, sind pro Flugzeug zweimal 180 Koffer zu bewegen. Das geht nicht spurlos am Rücken vorbei“, sagt der Mann, der schon 13 Flughafen-Jahre erlebt hat und mittlerweile zum Betriebsleiter bei der Airport-Tochter Westphalian Ground Services aufgestiegen ist. Er ist froh über die Entlastung des Körpers und legt sie auch den Kollegen ans Herz: &bdquo;Aber wenn man 25 ist, dann sind die Sorgen um Rückenschäden vielleicht nicht ganz so groß. In meinem Alter macht man sich da eher Gedanken.“

Flughafen Paderborn führt erste Gespräche auf der Hannover Messe Das Exoskelett ist für alle anpassbar und soll weiter ausprobiert werden, sagt der Airport. Dann wäre auch die Anschaffung weiterer Exemplare drin. &bdquo;Wir möchten die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen schützen, daher sind wir das Projekt angegangen“, sagt Flughafen-Sprecher Matthias Hack. &bdquo; Gate“, der Verband der Flughafenausrüster, hatte den Impuls für die sechswöchige Pilotphase im Vorjahr gegeben. Angelaufen seien die Gespräche mit Ottobock auf der Hannover Messe 2024.

Der Hersteller verspricht sich von den Erfahrungen in Paderborn den Einstieg in die Abfertigungsbranche der Luftfahrt. In Paderborn verbuchen die Verantwortlichen um Flughafen-Geschäftsführer Roland Hüser das Exoskelett-Projekt als ein Aspekt in ihrer Sparte Innovationsflughafen. Darunter sind etwa Vorhaben wie autonom bewegliche Fluggastbrücken und selbst fahrende Zugfahrzeuge für Passagierjets gefasst.

Das Exoskelett ist deutlich günstiger als diese Innovationen. Wie teuer genau ein Exemplar ist, will der Airport nicht verraten, der Hersteller war dazu noch nicht erreichbar. Nur so viel verrät Sprecher Hack: Die Paderborner haben Sonderkonditionen verhandelt, da Ottobock für weitere Verkäufe von der Testphase profitiere. Und die wichtigsten Profiteure könnten dann Kollegen von Markus Dransfeld an anderen Airports in der ganzen Welt sein.

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