NRW-Schulplattform Logineo: Dem Millionen-Projekt droht das Aus

Düsseldorf/Detmold. Um das digitale Chaos an Schulen zu beenden, haben sich die Landesregierung und die Kommunen in NRW dazu entschlossen, Schulen eine digitale Infrastruktur bereitzustellen. Dafür greift die Landesregierung 2015 allerdings nicht auf Produkte markterprobter Anbieter zurück, sondern entwickelt mit der Schulplattform Logineo NRW einen eigenen geschützten Zugang zu Kommunikation, Lernmitteln und Dateimanagement. Doch seit dem Start gibt es immer wieder Ärger mit der Plattform. Nun droht dem Millionen-Projekt sogar das Aus.

Seit zehn Jahren steht Logineo NRW immer wieder in der Kritik. Vor dem Beginn der Corona-Pandemie sind die Probleme so groß, dass das NRW-Schulministerium die Reißleine zieht und 2023 das Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme mit einer Prüfung der Zukunftsfähigkeit beauftragt. Das Ergebnis: Die Plattform hat eine Zukunft, um das Lernen, die Kommunikation und die Organisation von Schule zu erleichtern, aber nur mit erheblichen Weiterentwicklungen und Folgekosten.

Die Landesregierung beauftragt dafür das Unternehmen &bdquo;T-Systems International“ mit der Übernahme, der Reparatur und dem Betrieb von Logineo NRW. Das Unternehmen ist ein international operierender Dienstleister für Kommunikationstechnologie und eine Tochter der Deutschen Telekom. Das Unternehmen hat die Zusammenarbeit jedoch im Mai beendet und den Vertrag mit der Landesregierung gekündigt, weil die Dokumentation der Programmierung Lücken aufweist.

Kritiker: Logineo NRW seit Start ein Sanierungsfall In den Schulen in NRW sorgt die Nachricht für große Verunsicherung, denn nach Angaben des Schulministeriums läuft Logineo NRW nun wieder beim kommunalen Rechenzentrum Niederrhein. Dort wurde die Plattform auf Grundlage eines vorhandenen Systems, Logineo Orange, weiterentwickelt, konnte nach Angaben von Kritikern jedoch nie vollständig ausgerollt werden, sodass Logineo NRW seit dem Start ein Sanierungsfall ist. Das bestätigt auch der Detmolder Bildungsexperte Klaus Keßler: &bdquo;Die handwerklichen Fehler müssen schon gewaltig sein, wenn ein großes und erfolgreiches Unternehmen wie T-Systems die Zusammenarbeit beendet. Das zeigt, dass kaum lösbare Probleme vorliegen.“

Keßler kritisiert zudem, dass die Verantwortung für die Weiterentwicklung von Logineo NRW nun wieder ausschließlich beim kommunalen Rechenzentrum Niederrhein liegt. &bdquo;Dort fehlt es offensichtlich an fachkundigem Personal und Serverkapazitäten, um die Plattform so weiterzuentwickeln, dass sie eine Zukunft hat.“ Die Pandemie habe ja gezeigt, dass Logineo NRW überfordert ist, wenn es darum geht, große Datenmengen unter Volllast zu verarbeiten. &bdquo;Viele Schulen haben deshalb Alternativen anderer Anbieter wie IServ oder Microsoft genutzt, weil Distanzunterricht mit Logineo NRW nicht verlässlich umzusetzen war.“

Allerdings gibt es datenschutzrechtliche Bedenken der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW, insbesondere wegen der mangelnden Transparenz bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Microsoft. Das Schulministerium verbietet den Einsatz von Microsoft jedoch nicht.

Logineo NRW kostet in fünf Jahren 207,8 Millionen Euro Nach Angaben des Schulministeriums können die Schulen Logineo NRW trotz der Kündigung von &bdquo;T-Sytems International“ weiter nutzen. Aktuell haben laut Ministerium 3.019 Schulen im Land einen oder mehrere Zugänge zu den Logineo-Anwendungen Schulplattform, Lernmanagementsystem und Messenger mit Videokonferenzoption. Die Frage danach, wie viele Schulen, Lehrer und Schüler Logineo NRW auch tatsächlich nutzen, lässt das Ministerium unbeantwortet.

Ob und wie lange der Betrieb von Logineo NRW durch das kommunale Rechenzentrum Niederrhein ohne einen Partner wie &bdquo;T-Systems International“ aufrechterhalten werden kann, weiß das Schulministerium aktuell nicht. &bdquo;Die rechtlichen Konsequenzen werden derzeit geprüft. Der Betrieb wird bis auf Weiteres durch die bestehenden Dienstleister fortgeführt“, erklärt ein Sprecher. Die Kosten für den Betrieb, die Weiterentwicklung, den Support und Entlastungsstunden für die Administration der Schulplattform Logineo NRW sind gewaltig. Nach Angaben eines Sprechers wurde der Bedarf allein für den Zeitraum 2020 bis 2025 auf 207,8 Millionen Euro prognostiziert.

Opposition fordert Klarheit für Schulen in NRW Die FDP-Fraktion im Landtag fordert von der Landesregierung Klarheit darüber, wie es mit Logineo NRW weitergehen wird. &bdquo;Schulen und Schulträger müssen kurzfristig entscheiden können, ob das Landesprogramm noch eine Zukunft hat oder ob sie besser auf marktgängige Lösungen umsteigen. Die Verbesserung der digitalen Infrastruktur an unseren Schulen duldet keinen Aufschub“, erklärt die schulpolitische Sprecherin der Fraktion, Franziska Müller-Rech. &bdquo;Viele Schulen haben Zeit und Ressourcen investiert, um Logineo NRW bestmöglich an ihrer Schule einzusetzen. Dass sich T-Systems nun unerwartet zurückziehen will, ist frustrierend und wirft ein Schlaglicht auf die mangelnde Planbarkeit der digitalen Schulpolitik im Land.“

Das langfristige Signal dieser Entwicklung ist nach Angaben Müller-Rechs, dass die dringend notwendige Weiterentwicklung von Logineo NRW nun auf der Kippe steht. &bdquo;Schulen und Schulträger, die auf klare Zuständigkeiten und Verlässlichkeit angewiesen sind, werden erneut mit Unsicherheit konfrontiert.“

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