Hilfe am OP-Tisch: Paderborner Oberarzt lässt Sohn in Klinik mitoperieren

Paderborn. Es ist ein ungewöhnlicher Fall, der viele Menschen auch im Kreis Paderborn fassungslos machen dürfte. Ein Oberarzt am Paderborner Brüderkrankenhaus soll seinen minderjährigen Sohn zu einer Operation in den OP-Saal mitgenommen haben. Von seinem damals 16-jährigen Filius hat sich der Arzt sogar ein wenig helfen lassen. Als der Fall bekannt geworden ist, hat die Klinikleitung die Konsequenzen aus dem Fehlverhalten gezogen und dem Mediziner gekündigt.

Den Sachverhalt bestätigt Corinna Bösing, Direktorin des Arbeitsgerichtes Paderborn. Demnach habe sich der Vorfall im OP im Januar 2024 zugetragen, wie der entsprechenden Akte zu entnehmen ist. Denn gegen seine Kündigung durch das Brüderkrankenhaus zum 30. September 2024 hat der Oberarzt, Jahrgang 1977, vor dem Arbeitsgericht Paderborn geklagt. Über den Fall hat &bdquo;Radio Hochstift“ zuerst berichtet.

Der Arzt soll seinen Sohn aber nicht nur mit in den OP genommen haben. Auf dem OP-Tisch soll eine 76-jährige Patientin gelegen haben. Dem 16-Jährigen soll der Vater auch sogenannte Haken in die Hände gegeben haben, um die OP-Stelle zu öffnen. Auch beim späteren Schließen der Wunde soll der Sohn mit einem Tacker geholfen haben. Laut Bösing soll der Sohn zweimal diesen Tacker benutzt haben.

Zweite Kündigung: Paderborner Klinikum wollte Arzt fristlos entlassen Das Arbeitsgericht Paderborn ist im erstinstanzlichen Verfahren zu dem Schluss gekommen, dass das Brüderkrankenhaus die Kündigung ordentlich ausgesprochen hat. Dagegen hat der Oberarzt Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Hamm eingelegt. Dort habe es laut Bösing dann am 20. März 2025 einen Vergleich gegeben. Letztlich hat der Arzt die ordentliche Kündigung akzeptiert. Somit ist der Oberarzt seit Oktober nicht mehr am Brüderkrankenhaus tätig.

Unterdessen soll es eine zweite Kündigung durch das Brüderkrankenhaus gegen den Oberarzt gegeben haben. Hierbei soll es sich laut Bösing um eine fristlose Kündigung zum 27. August 2024 gehandelt haben.

Zum Fall äußert sich auf Nachfrage der Redaktion die Pressestelle des Christlichen Klinikums Paderborn. Nach der Fusion mit dem Evangelischen Krankenhaus St. Johannisstift im April 2025 gehört das Brüderkrankenhaus St. Josef dem neuen Klinikverbund der BBT-Gruppe, Region Paderborn/Marsberg, mit zwei Betriebsstätten an.

BBT-Gruppe nimmt Vorfall in Paderborn &bdquo; sehr ernst“ Die BBT-Gruppe n ehme &bdquo;den Vorfall sehr ernst“. Die Leitprinzipien basierten &bdquo;auf einer bestmöglichen Versorgung unserer Patientinnen und Patienten sowie dem respektvollen und professionellen Umgang im Operationssaal – wie in jedem anderen Bereich unserer Häuser“. Und: &bdquo;Der betroffene Arzt wurde nach sorgfältiger Abwägung aus seinem Arbeitsverhältnis entlassen. Dieses Vorgehen wurde durch das Landesarbeitsgericht bestätigt.“

Zudem betont die BBT-Gruppe, dass die Patientin &bdquo;zu keiner Zeit gefährdet gewesen“ und die Operation &bdquo;ordnungsgemäß durchgeführt“ worden sei. &bdquo;Die Würde und Sicherheit des Patienten steht im Mittelpunkt unseres Handelns. Wir haben den Vorgang dazu genutzt, um intern für das Thema zu sensibilisieren und sämtliche internen Abläufe einer weiteren regelhaften Überprüfung zu unterziehen“, so die BBT-Gruppe.

Außerdem gehe das Unternehmen jedem Hinweis konsequent nach, der das Einhalten der Leitlinien infrage stelle. Bei Unregelmäßigkeiten würden umgehend notwendige Konsequenzen gezogen. &bdquo;Unsere oberste Priorität bleibt das Wohl und die Sicherheit unserer Patientinnen und Patienten“, teilt die BBT-Gruppe mit.

Ärztekammer könnte Verhalten des Arztes sanktionieren Auf konkrete Fragen der NW hat das Unternehmen jedoch nicht geantwortet. Auch nicht zu jener Frage, ob es möglicherweise bereits zuvor ähnliche Fälle im Brüderkrankenhaus gegeben hat. Zu den Fragen der NW verweist die BBT-Gruppe darauf, &bdquo;dass wir uns zu dem Vorgang zum Schutz der Beteiligten nicht weitergehend äußern können“.

Unterdessen ist der beschriebene Fall der Ärztekammer Westfalen-Lippe zum Zeitpunkt der NW-Anfrage nicht bekannt gewesen. Das teilt Sprecher Volker Heiliger mit. Bei der Ärztekammer sind alle im Zuständigkeitsbereich zugelassenen Ärzte Mitglieder. Die Ärztekammer vertritt die beruflichen Belange der Ärzte, überwacht aber auch die ärztliche Berufsausübung.

Mit Blick auf mögliche standesrechtliche Konsequenzen für den Oberarzt verweist Heiliger darauf, dass die Ärztekammer grundsätzlich erst dann tätig werde, wenn ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Generell könne ein Verhalten, wie im beschriebenen Fall, berufsrechtlich relevant werden. Dementsprechend könnten Verfehlungen sanktioniert werden.

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